Deutscher Predigtpreis Eine Predigt, die Raum für eigene Gedanken lässt

PLITTERSDORF · Erstmals stimmt eine Jury aus Schülern mit darüber ab, wer den Predigtpreis erhalten soll. Ihr Favorit ist Pfarrer Ernst Jochum

 Die Schülerjury, auf dem Foto vertreten von Nicolai Maciol und Frederike Wagner, hat die Predigt von Pfarrer Ernst Jochum (Mitte) als beste auserkoren.

Die Schülerjury, auf dem Foto vertreten von Nicolai Maciol und Frederike Wagner, hat die Predigt von Pfarrer Ernst Jochum (Mitte) als beste auserkoren.

Foto: Ronald Friese

Religionsunterricht einmal anders; das Thema: Die Förderung und Analyse der religiösen Redekultur. Wie gut, dass es da den ökumenischen Deutschen Predigtpreis gibt, der von Bad Godesberg aus seit 14 Jahren vergeben wird. Erstmals wurde im Rahmen des Vorauswahlverfahrens eine Schülerjury beauftragt, "ihre" beste Predigt zu präsentieren.

Am Montag stellten Schüler der zwölften Klasse des Nicolaus-Cusanus-Gymnasiums ihre Arbeitsergebnisse vor - in Anwesenheit von Schulleiterin Nicole Auen und den drei Initiatoren Religionslehrer Frieder Mann, Sibylle Stehncken, Projektleiterin des Predigtpreises, sowie Wolfgang Thielmann, Pastor, Journalist und Vorsitzender der Jury des Deutschen Predigtpreises. Im Mittelpunkt der Schüleranalysen stand dabei die Frage: Was macht eine gute Predigt aus?

Insgesamt hatten die Schüler 27 Predigten analysiert und sich am Ende "einmütig" auf ihren Favoriten geeinigt: eine Predigt, die der Godesberger Pfarrer Ernst Jochum Ende vergangenen Jahres auf Einladung der Stadt Bonn in der Bonner Namen-Jesu-Kirche im Gedenken an Menschen gehalten hatte, die ohne Trauerfeier beerdigt wurden. Seine Predigt, so die Schüler, lasse Raum für eigene Gedanken, die Intention sei klar zu erkennen: Dem Tod nicht willkürlich ausgeliefert zu sein, oder anders formuliert, der Christ als Protestmensch.

Die Schüler Frederike Wagner und Nicolai Maciol trugen die Predigt, übrigens auch in Anwesenheit von Jochum selbst, noch einmal vor. Im Anschluss lobten die Schüler die "verständliche Sprache" und "die gut nachvollziehbaren Argumente" des Pfarrers. Das Hinterfragen und Analysieren einer Predigt war für die meisten Schüler etwas Neues, denn normalerweise, so ein Schüler, lasse man sich in der Kirche "eher berieseln."

"Wir wollen hier von Ihnen lernen", meinte Wolfgang Thielmann, der Jury-Vorsitzende, und bekannte, dass es an der Zeit sei, Menschen mit ins Auswahlverfahren zu holen, die jünger seien als er selbst.

Was die Schüler erarbeitet haben, soll nun in die Arbeit der Hauptjury einfließen, die sich im September zusammensetzt, um die beste Predigt im deutschen Sprachraum auszuzeichnen. Dabei werden rund 300 deutschsprachige Predigten unter die Lupe genommen - und am Ende wird, so will es das Verfahren, "einmütig, nicht einstimmig", ein Sieger ausgewählt. Ob es dann wieder jemandem aus Bad Godesberg gelingen wird, bleibt natürlich noch offen. Zumindest gestern aber, so Thielmann, ist etwas, "was national begonnen hat, als Lokalderby geendet".

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