Geschichten am Grab Er holte das Hakenkreuz von der Godesburg

Bad Godesberg · Im Februar 1933 eskalierte die Auseinandersetzung des damaligen Godesberger Bürgermeisters Josef Zander mit den Nazis. Wie erinnern an ihn auf dem Burgfriedhof.

Josef Zander, Godesberger Bürgermeister, im März 1958.

Josef Zander, Godesberger Bürgermeister, im März 1958.

Foto: Ebba Hagenberg-Miliu

Den 23. Februar 1933 sollte Godesbergs damaliger Bürgermeister Josef Zander (1878-1951) zeit seines Lebens nicht vergessen. Da meldete ihm die Polizei doch am Nachmittag, eben hätte, und das kurz vor den Reichstags- und Kommunalwahlen, eine Anzahl Nationalsozialisten auf der Godesburg eine riesige Hakenkreuz-Fahne gehisst. Sie hatten vorher einfach Biletts zur Turmbesteigung gelöst. Zander kochte vor Wut. Erst am Morgen hatte er dem Nazi-Ortsgruppenleiter ausdrücklich verboten, auf dem Eigentum der Gemeinde eine Parteifahne zu installieren. Und das, obwohl ein druckfrischer Nazi-Erlass die Kommunen anwies, „die nationale Propaganda mit allen Kräften zu unterstützen“. Doch der geradlinige Zander ließ die Flagge wieder herunterholen – und lief damit den neuen Machthabern direkt ins Messer.

Denn die Nazis sollten, obwohl Zanders Partei, das Zentrum, gut zwei Wochen danach bei den Kommunalwahlen weiterhin als stärkste Kraft abschnitt, Zander und seinen gesamten Stab in den vorzeitigen Ruhestand zwingen. Der Bürgermeister, der die Godesberger seit 1915 mit viel Fortune durch Kriegs-, Nachkriegs- und Inflationszeiten gesteuert hatte, musste sich beugen: Sein Arzt hatte ihn nach mehreren Anfällen von Herzschwäche beschworen, nicht mit dem Tod zu spielen. Zander hatte eine Familie mit sieben Kindern zu versorgen. „So folgte ich diesem Rat“, schrieb er 1949 in seinem Rückblick „Godesberger Kommunalpolitik in schwerer Zeit“. Nach dem 23. Februar 1933 hatte ohnehin längst wieder die Hakenkreuz-Fahne von der Godesburg geweht.

Von Krankheit stark geschwächt

Bernd Birkholz steht am Grab Zanders auf dem Burgfriedhof. Für den Heimatverein hat er sich intensiv mit dem Wirken des Mannes beschäftigt, der nach den Bürgermeisterjahren von 1915 bis 1933 als Mitglied der neuen Partei CDU nach 1945 noch einmal die Genugtuung hatte, neu zu starten: Erst von den Besatzern und dann von den Bürgern wurde Zander erneut ins höchste Stadtamt Godesbergs berufen. Da war er jedoch von Krankheit stark geschwächt. 1948 sollte ihm der 20 Jahre jüngere Heinrich Hopmann folgen.

Birkholz rekapituliert Zanders Lebensleistung. Schon in der ersten Amtsdekade habe der im Kreis Aachen geborene Politiker in Godesberg als Krisenmanager vor riesigen Herausforderungen gestanden und doch beharrlich sein Ziel verfolgt, Godesberg als Kur- und Gartenstadt mit hoher Aufenthaltsqualität zu entwickeln. „Dabei hatte er klare Wertvorstellungen: Er vertrieb 1923 die machthungrigen Separatisten aus dem Rathaus, und später ließ er sich nicht von den Nationalsozialisten vereinnahmen“, sagt Birkholz bewundernd. Zanders Fähigkeiten hätten dafür gesorgt, dass seine Spuren bis heute sichtbar seien.

Beachtliche soziale Projekte

Bernd Birkholz vom Heimatverein am Grb von Josef Zander  auf dem Burgfriedhof.

Bernd Birkholz vom Heimatverein am Grb von Josef Zander auf dem Burgfriedhof.

Foto: Axel Vogel

Im Überblick sind die vom nachmaligen Ehrenbürger Godesbergs angegangenen gerade sozialen Projekte auf jeden Fall beachtlich. Zander ging schon nach dem Ersten Weltkrieg lokal eine Neuordnung der Wohlfahrtspflege mit Einbeziehung ehrenamtlicher Kräfte an. Er ließ Mütterberatungsstellen, Kinderkrippen und Kindergärten entstehen und richtete 1918 gegen die Wohnungsnot auch der kommenden Jahrzehnte den ersten städtischen Gemeinnützigen Bauverein ein. Der sollte zahlreiche Siedlungen mit Sozialwohnungen, etwa an der Pionier- und der Wörthstraße, anlegen. Zander sorgte für eine Kleinrentnerfürsorge und erreichte, dass Godesberg schließlich den für den Tourismus wichtigen Titel „Bad“ erhielt.

Durch den Ankauf etwa der Redoute, des Redoutenparks, des Bahnhofvorplatzes und des Stadtwaldes schaffte Godesberg in Zanders Ägide, sich für die Bürger nutzbare wichtige Immobilien und Gelände anzueignen. 1925 erwarb die Gemeinde die Immobilie des heutigen Kleinen Theaters, um dort die Dienstwohnung ihres Stadtoberhaupts einzurichten. So wohnte Josef Zander von 1926 bis zum Ende seiner Amtszeit 1933 in dem Haus. Oberhalb der Bastei wurde der Panoramaplatz für die Allgemeinheit als Erholungsort angelegt sowie in Mehlem der Drachensteinpark. 1930 konnte die Stadt das Rüngsdorfer Freischwimmbad eröffnen.

Zander sei Zeit seines Lebens ein rastlos tätiger Mann gewesen, steht 1951 in den Zeitungen im Nachruf „zum christlichen Andenken“ an den überzeugten Katholiken. Als die Nazis ihn 1933 für zwölf Jahre aus jedem Amt drängten, habe ihn dieser Schlag schwer getroffen, formuliert der Nachruf. „Aber er blieb unbeirrt und aufrecht.“ Doch er dürfte immer mit Grauen an den schwarzen Februartag 1933 zurückgedacht haben, als sein Fahnenstreit mit den Nazis eskalierte. Und der hatte zur Folge, dass am 13. März 1933 im Rahmen der „nationalen Revolution in Godesberg“, so die Nazi-Schulchronik der Burgschule, eine SA-Mannschaft das Godesberger Rathaus besetzte und Zander sowie andere Beamte aus den Ämtern vertrieb.

Schade, dass es Josef Zander nicht mehr miterlebt hat, dass im Oktober 1951 kurz nach seinem Tod im Neubaugebiet Pennenfeld eine Straße nach ihm benannt wurde.

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