"Godesberg liest" Erfolgreicher Startschuss zum ersten lokalen Literaturfestival
BAD GODESBERG · Mächtig stieß der Schlosserhammer von Günther Gottmann auf den glühenden Stahl. Und im Rhythmus der Schläge hat Marcus Schinkel ein Robotermärchen des polnischen Science-Fiction-Autors Stanislaw Lem gelesen.
Dieser Jules Vernes unserer Zeit habe heutige Entwicklungen der Technikvisionär vorausgedacht, hatte der Vorleser am Funken sprühenden Schlosserfeuer zuvor von seinem Lieblingsautoren erzählt.
In der Geschichte ging es wie auf dem Amboss Schlag auf Schlag: Die Menschen wurden bei Lem zwinkernden Auges zu komischen Figuren. Kunstschlosser Gottmann ließ derweil den Stahl im zischenden Feuer wieder erglühen.
Und dann legte der Vorleser am Klavier mit Marcel Mahler am Schlagzeug launig nach: mit einem TV-Jingle, der eine der technikverliebten TV-Serien der 1960er Jahre wieder aufleben ließ. Unter dem Schmunzeln des Publikums ließen Schinkel und Mahler die legendäre "Raumpatrouille Enterprise" ins Rüngsdorfer All starten.
Einen stimmigeren Auftakt hätte sich "Godesberg liest", das erste Literaturfestival des südlichsten Stadtteils, kaum wünschen können. Bis zum 12. Mai schaffen die Veranstalter Stephanie Malmendier und Andreas Lüderitz auf originellen Godesberger Lesebühnen attraktive Treffpunkte für das geschriebene Wort, für Live-Musik, Performances und Kunstausstellungen.
Bislang seien beide immer mit Wehmut zu auswärtigen Leseereignissen gepilgert, bis sie sich irgendwann gesagt hätten: "Nicht jammern, sondern selbst machen", berichtete Lüderitz in der bis zum letzten Platz besetzten Schmiede.
"Wir haben kein dickes Budget, aber offene Herzen", habe das Motto geheißen. Und so stelle man bekannte Godesberger wie zu Beginn den Jazzmusiker Marcus Schinkel vor große Herausforderungen: in für Kunst völlig ungewöhnliches lokales Interieur, Texte und die eigene Improvisationsgabe mitzubringen - und einfach loslegen.
"Ich nehme hier am Lesen als Amateur teil, Klavier spiele ich schon etwas länger", kommentierte das Marcus Schinkel und blätterte dann weiter in den Büchern, die er fürs Festival mitgebracht hatte. Das Publikum genoss Wort wie Ton, während es den Blick über Gottmanns gesammeltes Schlosserwerkzeug streifen lassen konnte. Von oben schaute es ein kleiner eiserner Feuerdrache freundlich an.
"Was brauchen wir die LitCologne, wenn wir doch Käpt'n Book und jetzt Godesberg liest hier haben", freute sich Bezirksbürgermeisterin Annette Schwolen-Flümann. Zu der ungewöhnlichen Lesung waren auch die Bewerberinnen um ihre Nachfolge, Simone Stein-Lücke und Hillevi Burmester, gekommen. Schwolen-Flümann dankte den Veranstaltern, dass Bad Godesberg jetzt mit einem eigenen Leseevent von sich reden mache. "Wir sind zwar noch klein, wir wollen aber durchaus noch in den Bonner Raum hineinwachsen", versprach ihr Andreas Lüderitz.
Weitere Termine
Montag, 5. Mai: "Köpfe, Haare & Gerüchte: Petra Kalkutschke liest in "Carlos Hair", Rheinallee 2.
Dienstag, 6. Mai: "Titel, Tresen, Tagliatelle": Andreas Kunz liest im "Klassenzimmer", Paul-Kemp-Straße 7. Der Eintritt kostet jeweils zehn, ermäßigt 7,50 Euro.
Mittwoch, 7. Mai: "Schatten, Lyrik und ein Cello": Erzählungen von Edgar A. Poe in der Parkbuchhandlung, Koblenzer Straße 57, Eintritt frei.
Beginn jeweils 19.30 Uhr.
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