Schmuckstücke für den Heimatverein Erinnerungen an den geliebten Patenonkel

WACHTBERG-NIEDERBACHEM · Die größten Schätze bestehen oft nicht aus Gold, Silber oder Edelsteinen. Es ist vielmehr die persönliche Erinnerung, die man mit ihnen verknüpft und aus alltäglichen Gegenständen kleine Kostbarkeiten werden lässt.

 Ein Ring und ein Anhänger, der aus dem Glas einer Fliegerkanzel gefertigt wurde - diese Erinnerungsstücke aus der Kriegs- und Nachkriegszeit übergab Marlene Hebenstrick dem Heimatverein.

Ein Ring und ein Anhänger, der aus dem Glas einer Fliegerkanzel gefertigt wurde - diese Erinnerungsstücke aus der Kriegs- und Nachkriegszeit übergab Marlene Hebenstrick dem Heimatverein.

Foto: Axel Vogel

So verbirgt sich hinter dem Glasanhänger in Herzform und dem kleinen Metallring eine besondere Geschichte. Die beiden Schmuckstücke erhielt Marlene Hebenstrick von ihrem Patenonkel Nikolaus ?Klaus? Bous (1916-1993) nach dem Zweiten Weltkrieg, der den Schmuck in französischer Gefangenschaft herstellte. Am vergangenen Mittwochmorgen übergab die Wachtbergerin die beiden Erbstücke an Walter Töpner, der als zweiter Vorsitzender die beiden Exponate stellvertretend für den Heimatverein Niederbachem entgegennahm. "Den Ring habe ich nie getragen, der war zu wertvoll für mich", beschreibt Hebenstrick den persönlichen Wert der beiden Stücke.

Neben dem Anhänger und dem Ring sind außerdem Tagebuchaufzeichnungen aus der Zeit als Kriegsgefangener von Klaus Bous erhalten, die einen - aus historischer Sicht - einmaligen Einblick in den Lageralltag bieten. Am 17. März wurde Klaus Bous in seiner Heimat Niederzissen als ehemaliger Wehrmachtssoldat von amerikanischen Soldaten gefangengenommen. Innerhalb weniger Wochen brachte man ihn zusammen mit weiteren Häftlingen über Neuenahr, Remagen und Monschau nach Frankreich. Auf winzigen Papierstücken schrieb Bous seine Erlebnisse, Schamgefühle, Ängste und Hoffnungen während der knapp einjährigen Gefangenschaft nieder. Nur so konnte er seine Einträge vor den Lageraufsehern verstecken. Erst Jahre später ließ er die Zettel zu einem kleinen Büchlein binden.

Der Großteil seiner Gedanken dreht sich um den nagenden Hunger. Das Büchlein liefert eine detaillierte Auflistung der Mahlzeiten. "Heute Abend gab es ½ ltr. Griessuppe und ¼ Brot. Ich bin nicht satt geworden. Richtigen steifen, süßen Milchgries möchte ich nochmal essen.", beschreibt Bous das Abendessen am 10. Juli 1945. Etwas später bekommt er eine größere Ration: "Bin heute Mittag noch mal richtig satt geworden, 1 Brot mit Spiegelei, 1 Brot mit Butter, 4-5 Scheiben Schinken, 4-5 Scheiben Brot, 1 Vi ltr.dicke Nudelsuppe. Das hat hingehauen."

Immer wieder widmet der damals 29-Jährige Einträge der Familie in der Heimat und setzt sich Ziele für seine Heimkehr. So fertigt er neben dem Schmuck für sein Patenkind auch einen Bauplan für einen Fahrradanhänger sowie eine Besorgungsliste an: "Fahrrad für meine Frau und mich mit Anhänger für den Kleinen u. Gepäck. Holzschuhe machen für meine Frau und den Kleinen. Zuhause in Niedermendig Haus in Ordnung bringen", steht auf einer der ersten Seiten geschrieben. "Ich finde es beeindruckend, wie Klaus Bous über die Gefangenschaft hinaus gedacht hat", erklärt Töpner.

Marlene Hebenstrick hat ihren Onkel noch in sehr guter Erinnerung, "Er war einfach ein Menschenfreund, musikbegeistert und leitete einen Chor." Nach seiner Rückkehr 1946 arbeitete Bous als Elektriker am Mendiger Flugplatz unter französischer Besatzung.

Vorstandsmitglied Töpner kümmert sich nun um die Verwahrung des Schmucks und die historische Aufbereitung für eine Weitergabe an das Haus der Geschichte in Bonn. "Mit persönlichen Dingen ein Stück Geschichte näherbringen", fasst Walter Töpner abschließend die Bedeutung der beiden Schmuckstücke für die Arbeit des Heimatvereins zusammen.

Bei den beiden Schmuckstücken handelt sich um einen Anhänger aus Glas, der in Herzform geschliffen worden ist. Das Glas stammt von einer zerbrochenen Flugzeugkanzel. Der kleine Ring wurde aus einer Franc-Münze hergestellt, die zunächst geschnitten und später verlötet worden ist. Klaus Bous stellte die beiden Stücke als Geschenk für sein Patenkind in französischer Gefangenschaft zwischen 1945 und 1946 her. Durch seine Arbeit als Elektriker im Gefangenenlager hatte er Zugang zu feinen Feilen, Schneidwerkzeug und Lötkolben, um die filigranen Kostbarkeiten kunstfertig anfertigen zu können.

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