Städtische Angebote Hier erhalten Geflüchtete aus der Ukraine in Bonn eine warme Mahlzeit
Bad Godesberg · Mit seinen Eltern ist der zwölfjährige Daniil vor dem Krieg aus der Ukraine geflohen. Seit zwei Monaten leben sie in Bonn-Castell, in einer Unterkunft ohne Küche. Damit sie trotzdem etwas Warmes essen können, hat die Stadt Bonn acht Angebote in verschiedenen Stadtteilen eingerichtet.
Es ist 12.30 Uhr. Pünktlich zur Mittagszeit wird es voll im Gemeindeheim der katholischen Kirche St. Augustinus in Bad Godesberg. Alexander Schön arbeitet für das Robi Catering der Arbeiterwohlfahrt (AWO) und gibt Essen an Geflüchtete aus der Ukraine aus. An diesem Tag gibt es Gnocchi mit Tomatensoße und Salat. Für Schön ein ganz normaler Arbeitstag, für viele Geflüchtete bedeutet es aber viel, dass er vor Ort ist.
Die Essensausgabe im Gemeindeheim der Kirchengemeinde ist eines von acht städtischen Angeboten in Bonn, an denen Geflüchtete aus der Ukraine etwas zu essen bekommen können. Das Angebot richte sich an die Ukrainerinnen und Ukrainer, „die im Hotel ohne Versorgung mit warmen Mahlzeiten untergebracht sind“, wie der stellvertretende Pressesprecher der Stadt Bonn, Marc Hoffmann erklärt.
75 Personen nehmen das Angebot in Bad Godesberg wahr
350 Geflüchtete aus der Ukraine bekommen derzeit laut Stadt einen Berechtigungsschein für die warmen Mahlzeiten. Im Gemeindeheim St. Augustinus nehmen laut Gemeinde 75 Personen das Angebot wahr. Dort verteilen jeden Tag, auch am Wochenende und Feiertagen, ein Mitarbeiter des Caterings und ehrenamtliche Helfer das Essen.
Alice von Spee ist Ehrenamtskoordinatorin der Flüchtlingshilfe in Bad Godesberg. Sie ist dankbar, für jeden, der mithilft: „Ohne das ehrenamtliche Engagement könnten wir das alles nicht in diesem Umfang leisten“. 25 Personen engagieren sich laut von Spee in der Essensausgabe, damit diese jeden Tag öffnen kann.
Der Caterer wird zum Übersetzer
Daniil kommt aus Melitopol in der Ukraine und lebt mit seinen Eltern Natalia und Serghii seit zwei Monaten in Bonn-Castell. Zum Essen kommt die Familie nach Bad Godesberg, weil es in ihrer Unterkunft keine Möglichkeit zum Kochen gibt. Der Zwölfjährige spricht Englisch und übersetzt für seine Eltern. Sein Lieblingsessen ist Borschtsch, traditionelle ukrainische Suppe, erzählt Daniil. Kartoffeln esse er auch gerne. „Und Salat“, fügt seine Mutter mit einem Augenzwinkern hinzu.
Aber auch das Essen vom Caterer schmeckt Daniil. Ein bisschen Deutsch kann er schon aus der Schule. Trotzdem ist die Familie froh, mit Alexander Schön einen Ansprechpartner vor Ort zu haben. Schön spricht Russisch und kann für die Gäste übersetzen. Anfangs sei ihm nicht bewusst gewesen, wie hilfreich das in seinem Job sein würde, sagt Schön.
Ehrenamtliche folgten Aufruf der Stadt
„Irgendwann habe ich die Gäste gefragt: Sprechen sie russisch? Und dann leuchteten die Augen“, berichtet der Mitarbeiter des Catering. Mit seinen Sprachkenntnissen kann er erklären, was genau auf den Teller kommt und auch auf Wünsche der Gäste eingehen. Wenn genug Zeit ist, sei auch mal Zeit für ein persönliches Gespräch, so Schön.
Mit Schön zusammen arbeitet auch Dagmar Kaldrack-Pollow ehrenamtlich bei der Essensausgabe. Sie hat sich auf einen Aufruf der Stadt Bonn gemeldet, mit dem diese Ehrenamtler für das Angebot suchte. Ab 11.30 Uhr packen die Ehrenamtlichen im Gemeindeheim Papiertüten mit einem Abendessen für die Gäste. Darauf ist mit einer Nummer vermerkt, für wie viele Personen das Essen reicht. Jeder nimmt sich das mit, was er braucht.
Essen auch in den Mensen des Studierendenwerks
Wenn um 12.30 die ersten Gäste zum Essen kommen, füllen Schön, Kaldrack-Pollow und ihre Kollegen die Teller. Manche Gäste kommen mit Dosen und nehmen die Mahlzeit für die Familie mit zur Unterkunft. Andere nehmen im Saal des Gemeindeheims Platz. Dort können sie nach dem Essen bis 14 Uhr verweilen, so Alice von Spee. Das Abendessen nehmen die Gäste mit in die Unterkunft. Für den Sommer plant die Ehrenamtskoordinatorin eine Erweiterung des Angebots. Sie möchte nach dem Essen einen Nähkreis für Frauen aus der Ukraine anbieten.
Zum städtischen Angebot gehören auch die Essensausgaben in der Beueler Brotfabrik und den Mensen des Studierendenwerks Bonn. Anlaufstelle für nicht versorgte ukrainische Geflüchtete ist nicht nur die Mensa am Hofgarten, sondern auch fünf weitere Standorte, wie die Campo-Mensa in Poppelsdorf oder die Mensa auf dem Venusberg.
Jede Person, die für das Angebot berechtigt ist, erhält beim Studierendenwerk an der Lennéstraße nach Vorlage des Essensgutscheins von der Stadt eine Mensa-Karte, die jeden Tag mit zehn Euro aufgeladen wird, erklärt Robert Anders vom Studierendenwerk Bonn. Der Betrag auf der Karte müsse bei einem Besuch in der Mensa ausgegeben werden, mehrere Besuche am Tag seien damit nicht möglich.
Essen nur mit Gutschein von der Stadt
Geflüchtete aus der Ukraine essen in den Mensen zum Gastpreis und bezahlen so etwas mehr als die Studierenden mit ihrer Mensakarte, so Anders. Es sei auch möglich, sich Essen mitzunehmen. Das Personal in der Mensa habe sich erst an die neue Situation gewöhnen müssen. Hin und wieder gebe es noch Kommunikationsprobleme, dann könnten die Angestellten sich aber mit Übersetzer-Apps oder den englischen Varianten des Menüs weiterhelfen. Ukrainer ohne Essensgutschein müsse das Personal wieder wegschicken.
„Grundsätzlich geht die Verwaltung davon aus, dass Beherbergungsangebote auch eine Kochgelegenheit oder deren Mitnutzung beinhalten“, erläutert Marc Hoffmann für die Stadt Bonn. Die Angebote sollen sicherstellen, dass die Versorgung von Geflüchteten gewährgeleistet ist, die in Hotels untergebracht sind. Nur diese erhalten einen Essensgutschein. Für Einzelfälle, in denen es in privaten Unterkünften keine Küche für die Geflüchteten geben sollte, „können hier sicher Lösungen gefunden werden“, so Hoffmann auf Nachfrage unserer Redaktion.