Hilfe aus Bad Godesberg und Wachtberg Hundert Liter Suppe für das Katastrophengebiet

Bad Neuenahr/Bad Godesberg · Der von der Hochwasserkatastrophe stark betroffene Kreis Ahrweiler grenzt direkt an Bad Godesberg und Wachtberg. Auch dort ist die Hilfsbereitschaft riesig: Der Mehlemer Fabio Lauria hat geholfen eine Versorgungsstation aufzubauen, ein Restaurant kocht literweise Suppe.

 Fabio Lauria (rechts) bringt die Suppe aus Bad Godesberg gemeinsam mit einem Helfer zu einer Verpflegungsstation am Ahrstadion in Bad Neuenahr.

Fabio Lauria (rechts) bringt die Suppe aus Bad Godesberg gemeinsam mit einem Helfer zu einer Verpflegungsstation am Ahrstadion in Bad Neuenahr.

Foto: Maximilian Mühlens

Als nach 50 Minuten Fahrt Fabio Lauria seinen Kombi am Ahrstadion in Bad Neuenahr parken kann, kann er durchatmen: Wieder eine Tour ins Katastrophengebiet geschafft. Seine Fahrt hatte zuvor an der Godesburg in Bad Godesberg begonnen, führte ihn über Meckenheim, über die A 61 bis nach Bad Neuenahr. Während auf der Gegenspur sich ein Lastwagen nach dem anderen reihte, kam er gut durch. Um sein Ziel zu erreichen, musste er die Ahr überqueren. Im Katastrophengebiet keine leichte Aufgabe, schließlich sind zahlreiche Brücken zerstört worden. „Wir probieren es über die Pius-Brücke, die ist befahrbar. Gestern musste sie allerdings gesperrt werden, weil ein Gastank angeschwemmt wurde“, sagte der 30-Jährige vor Beginn der Fahrt. Tatsächlich: Die Pius-Brücke ist befahrbar, das Geländer wurde allerdings weggerissen, Holz-Latten müssen als Ersatz dienen. In Bad Neuenahr selber geht es für die  Autofahrer nur langsam voran, immer wieder kommen Feuerwehr-Konvois.

Straßen sind in Bad Neuenahr kaum zu erkennen

So kommt es auch vor, dass eine Motorradstaffel der Feuerwehr Potsdam die einzelnen Autofahrer abfährt und darum bittet, auf die Seite zu fahren, da ein Konvoi folge. Auch Lauria musste warten. Die Sicht ist oft schlecht, die vielen Autos wirbeln ordentlich Staub auf. Die Straßen sind durch den vielen Schlamm und die Trümmer kaum zu erkennen. Offizielle Straßenschilder wurden durch handgeschriebene Schilder ersetzt. Eine Situation, die der 30-Jährige nun aber schon kennt.

Fabio Lauria bringt 100 Liter Suppe von Bad Godesberg nach Bad Neuenahr

Als er aus seinem Wagen aussteigt, lässt er seinen Blick über eine große Verpflegungsstation schweifen, die auf dem Parkplatz des Stadions von Freiwilligen aufgebaut wurde. Lauria fackelt nicht lange, er besorgt sich einen kräftigen Helfer, der schnell gefunden ist. Der 30-Jährige hat 100 Liter Linsensuppe vom Restaurant der Godesburg geladen. Die Suppe befindet sich in Spezialbehältern der Malteser und in einem großen Kochtopf. Gemeinsam mit dem Helfer schleppt der Mehlemer Fabio Lauria die Suppe zu einer Gulaschkanone. Die warme Mahlzeit wird gleich in die entsprechenden Tanks gefüllt. Auf Bierbänken sitzen Anwohner, Rettungskräfte und Soldaten. Sie alle essen, trinken, unterhalten sich und lachen auch viel. In Anbetracht der immensen Zerstörung, der Schutt- und Müllberge im direkten Umfeld der Verpflegungsstation scheint die Gulaschkanone eine Oase der Ablenkung und Stärkung zu sein.

In kurzer Zeit ist ein Interims-Supermarkt entstanden

Ein Lächeln huscht auch Lauria über das Gesicht, wenn er über das Gelände schaut. „Das ist hier ein richtiger Supermarkt geworden“, so der 30-Jährige. In einem Wartehäuschen einer Bushaltestelle sind viele Hygiene-Artikel gesammelt, es gibt Kleiderspenden vor Ort, gekühlte Getränke, auf Schwerlastregalen sind Konserven gestapelt. Das THW sorgt für Licht und Strom. Dass Lauria und seine Familie an der Ahr helfen wollen, war schnell klar. „Mein Schwiegervater hat hier am Wochenende die Gulaschkanone hingestellt. Eigentlich wollten wir den Betroffenen diese nur zur Verfügung stellen, damit sie sich selbst versorgen können. Nun ist daraus eine richtige Betreuung geworden – mit einem offenen Ende“, so der Mehlemer. Für die Versorgung gibt es nun einen abwechslungsreichen Speiseplan, der sich aus vielen Spenden zusammensetzt.

Restaurant der Godesburg hat Suppe gekocht

 Godesburg-Küchenchef Björn Schloter kocht Linsensuppe für die Flutopfer und Hilfskräfte in Bad Neuenahr.

Godesburg-Küchenchef Björn Schloter kocht Linsensuppe für die Flutopfer und Hilfskräfte in Bad Neuenahr.

Foto: Maximilian Mühlens

Im Restaurant auf der Godesburg hat Lauria Koch gelernt, nun unterstützt ihn sein ehemaliger Chef. Lauria selber arbeitet nun als Elektriker. „Dreimal die Woche kochen wir nun je 100 Liter Suppe. Alles, was deftig ist und satt macht: Linsen-, Gulasch- und Erbsensuppe“, so Küchenchef Björn Schloter, der die Aktion als „Herzensangelegenheit“ bezeichnet und auch selber vor Ort hilft und Suppe verteilt. Über die Social-Media-Kanäle wirbt das Restaurant für Spenden, unter anderem werden kleine Wasserflaschen benötigt. „Wir haben zahlreiche Spenden bislang erhalten. Am Wochenende wird sich sogar ein 7,5-Tonner aus Frankfurt auf den Weg machen und Hilfsgüter bringen, die wir direkt ins Ahrtal transportieren“, so Schloter. Unterstützt wird die Aktion auch von der Friesdorfer Bäckerei Markmann, die Brot und Brötchen beisteuert. Die Suppen werden neben dem normalen Tagesgeschäft gekocht. Für Schloter sind es zwei Welten: Auf der einen Seite gibt es Feiern auf der Godesburg, auf der anderen Seite wird für ein Katastrophengebiet gekocht.

Godesberger Bergfunken reinigen Werkstatt-Inventar in Muffendorf

Nicht weit weg von der Godesburg, auf dem Schulhof der Alten Schule Muffendorf, kümmern sich Mitglieder der Bergfunken Bad Godesberg um verschmutztes Inventar einer Bad Neuenahrer Werkstatt. Mühselig wird jedes Teil einzeln angefasst und von Schlamm und Dreck befreit. Christoph Orts, Erster Vorsitzender der Bergfunken, kümmert sich gerade um eine Kabeltrommel. Zentimeterweise entrollt er das Kabel und reinigt es. Für die Hilfe habe er und seine Familie extra den Urlaub abgebrochen, andere Mitglieder des Vereins helfen ebenfalls. „Wir wollten nicht alle in das Katastrophengebiet schicken, sondern helfen von hier aus“, so Orts. So holt er morgens Inventar ab, reinigt es gemeinsam mit den Helfern, dann lassen sie alles trocknen, ehe Orts es am Abend wieder zurückfährt. „Auf jede Hilfe kommt es vor Ort an“, so Orts.

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