Freie Grabflächen Bestattungen auf Burgfriedhof für andere Stadtbezirke möglich

Bad Godesberg · Grabstätten auf dem Burgfriedhof in Bad Godesberg erhalten nun auch Bürger anderer Bonner Stadtbezirke. Imposant wirkt die gesamte Anlage wegen Grabsteinen, die zum Teil im Jugendstil und Klassizismus gehalten sind.

Die älteste große Anlage des Burgfriedhofs ist das Grabensemble der Familie Blinzler gegenüber der Michaelskapelle.

Die älteste große Anlage des Burgfriedhofs ist das Grabensemble der Familie Blinzler gegenüber der Michaelskapelle.

Foto: Ebba Hagenberg-Miliu

Ein paar Sonnenstrahlen stehlen sich durch den wolkigen Himmel über dem Burgfriedhof. „Als meine Mutter vor vielen Jahren starb, konnte sie hier leider nicht beerdigt werden“, sagt Martin Ammermülller, Vorsitzender des Godesberger Heimat- und Geschichtsvereins. Über Jahrzehnte durften sich nur Alteingesessene Hoffnung machen, auf dem seit 1807 bestehenden Gottesacker unterhalb der Godesburg eine Erdbestattung zu erhalten. Das hat sich nun geändert. Auch Bonner aus anderen Stadtbezirken können sich hier bestatten lassen, teilt die Stadt auf GA-Anfrage mit.

Heute sind kostengünstigere Urnenbestattungen und weitere Beisetzungsformen immer mehr gefragt. So sind aktuell auf dem Burgfriedhof von den 2395 Gräbern 1050 frei, wie von der Stadt zu erfahren ist. „Es haben sich in den letzten Jahren wie auf allen Friedhöfen viele Lücken aufgetan“, bestätigt auch Ammermüller. In einer hat er sich selbst den Platz für seine letzte Ruhestätte reserviert.

Drüben von der mit einem Kunstschmiedegitter begrenzten Grabanlage der Familie Blinzler leuchtet im kurzen Sonnenlicht die Figur einer Trauernden in antikem Gewand herüber. Gedankenverloren lehnt sie an einer abgebrochenen Säule, Sinnbild des Bruchs zwischen Leben und Tod. In der Hand hält die klassizistische Statue einen Kranz aus Mohnkapseln. „Mohn mit seiner narkotisierenden Wirkung stand und steht für den Schlaf, der nach antiken Vorstellungen der Bruder des Todes war“, beschreibt Stadtarchivar Norbert Schloßmacher die Hauptfigur dieses ältesten Ensembles gegenüber der Michaelskapelle. Der Kranz sei aber auch Zeichen des Sieges über den Tod.

Im Hintergrund knien zwei anmutige Engelsfiguren vor einem Kreuz, an dem der Corpus Christi hängt. Es ist ein Jesus ohne blutende Wundmale, ein Beistand für alle Sterbenden, wie Ammermüller erklärt. Und nebenan gemahnt in einem mit goldenen Sternen verzierten Tempelchen eine symbolische Urne an den Tod – und mit dem Kreuz an die christliche Auferstehung. Auch heute, gut 200 Jahre nach dem Tod des 1810 verstorbenen Sebastian Blinzler, fällt das Grabensemble jedem, der den Burgfriedhof von dessen ältester Seite her betritt, ins Auge. Er wurde 1807 nämlich genau von der Michaelskapelle aus begonnen und dann Parzelle für Parzelle weitergeführt. Ammermüller: „Der Mensch dachte damals: Je näher ich an der Kirche liege, umso heilsamer wird mein Übergang ins Paradies.“.

Die Blinzlers lagen also gleich vornedran, obwohl Ahnherr Sebastian dann wohl doch nicht selbst hier beerdigt ist. Im Tempelchen erinnert nur eine Gedenkschrift an ihn. Sebastian war Kurier und Vertrauter des letzten Kurfürsten Max Franz. Der hatte ihm zwei Logierhäuser an der Redoute geschenkt, damit dort weilende Gäste standesgemäß untergebracht werden konnten. Blinzler machte aus dem einen, dem heutigen Rathaus, ein Hotel.

Seinen zahlreichen Kindern wie etwa Sohn Maximilian, einem Gastwirt, war wiederum daran gelegen, die Erinnerung an die Familie aufrecht zu erhalten: eben mit dem eindrucksvollen ältesten Grabensemble des Burgfriedhofs, das auf engstem Raum ein ganzes Jahrhundert Bildhauerkunst vereint.

Ein Spaziergang über den Burgfriedhof sei einst wie jetzt zu jeder Jahreszeit eine Freude, sagt Ammermüller. Seit Jahren veranstaltet er Führungen über diesen seinen liebsten Gottesacker.

 Dieses namenlose Grabmal im Jugendstil zeigt eine Trauernde. 

Dieses namenlose Grabmal im Jugendstil zeigt eine Trauernde. 

Foto: Ebba Hagenberg-Miliu

Neben den Blinzler-Gräbern zeigt er dabei natürlich die imposante „Mutter Erde“, eine monumentale Sandsteinfigur von 1912 mit ausgestreckten Armen. Er führt zu kunstvollen Steinen wie der zarten Jugendstilgestalt einer trauernden jungen Frau auf einem unbenannten Grab oder zur Frauenfigur mit dem Blumenkranz auf der Ruhestätte Dederichs von 1910. Und zu den Gräbern des SPD-Politikers Herbert Wehner und des Journalisten Ernst-Dieter Lueg.

Einst schmähte Wehner den kritischen Politikreporter als „Herrn Lüg“. „Und jetzt liegen sie hier zusammen auf dem Burgfriedhof“, sagt Ammermüller und schmunzelt darüber.

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