Friesdorfer Gemeinde installiert 160 Solarmodule Pauluskirche nutzt Himmelsenergie

Friesdorf · Auf dem Dach der Pauluskirche erzeugt künftig eine Solaranlage bis zu 60 000 Kilowattstunden Strom. Damit könnten ein Jahr lang 20 Haushalte versorgt werden. Eine gemeindeeigene Klimagruppe hat das 72 000 Euro-Projekt geplant. Für die Friesdorfer ein praktischer Ansatz, die Schöpfung zu bewahren.

 160 dieser Solarmodule haben Annette Unkelbach, Reinhard Loch (M.) und Manuel Esser für das Dach der Pauluskirche in Friesdorf vorgesehen.

160 dieser Solarmodule haben Annette Unkelbach, Reinhard Loch (M.) und Manuel Esser für das Dach der Pauluskirche in Friesdorf vorgesehen.

Foto: Axel Vogel

Es braucht noch etwas Fantasie, sich alle 160 Solarmodule vorzustellen, die in den nächsten Tagen das Dach der Pauluskirche füllen werden. Aktuell glättet der Dachdecker letzte Dellen in den Bitumenbahnen, verteilen die Fachleute der Solarfirma ihr Material auf der knapp 400 Quadratmeter großen Fläche. Alles Vorarbeiten, damit das Projekt „Himmelsenergie für Paulus“ starten kann.

Auf dem kleinen Vorplatz schaut sich Annette Unkelbach das Treiben an und kann kaum glauben, dass aus der Idee vor zwei Jahren nun Realität wird. „Wobei es mein Ziel war, als ich ins Presbyterium kam, das Dach zuzupflastern“, sagt die Umweltbeauftragte der evangelischen Kirche in Friesdorf und lacht. Im Februar 2020 hatte sich die Initiative „Paulus For Future“ gegründet, in Anlehnung an die Klimaschutzgruppe „Fridays For Future“. Die Anliegen sind die gleichen, nur dass man sie in der Gemeinde umsetzen will.

Die Statik des 62 Jahre alten Daches trägt die Anlage

Mit Manuel Esser und Reinhard Loch fand Unkelbach Mitstreiter, die in die gleiche Richtung dachten – nämlich gen Himmel. „Erst hatten wir den Anbau im Blick, weil wir nicht wussten, ob die Statik des Hauptdachs ausreichen würde“, erzählt Unkelbach. Nachdem die Gemeindesekretärin im Keller die entsprechenden Akten gefunden hatte, ging es an die Sichtung, und schnell war klar: Das 62 Jahre alte Dach kann das packen. Mehr noch: „Beim ersten Ortstermin mit Experten stellte sich heraus, dass es mit zwölf Grad die optimale Neigung und die bestmögliche Ausrichtung hat“, erinnert sich Mitplaner Esser.

Zwei Anlagen untersuchte die Projektgruppe näher, eine mit 30 Kilowatt-Peak (kWp) und eine mit 60. Die erzeugte Leistung pro Jahr reicht für zehn beziehungsweise 20 Haushalte aus. „Wir haben lange das kleinere Projekt favorisiert, das hätte sich nämlich wirtschaftlich schnell gerechnet“, sagt Esser. Aber dann sei die Erkenntnis gewachsen: Wenn die Gemeinde nur das tue, was sich schnell rechne, reiche das nicht. „Denn unser Ziel ist ja, die Schöpfung zu bewahren“, meint Unkelbach. Da darf man schon mal größer denken.

Die Preise für Solaranlagen sind laut Experte 2021 um 25 Prozent gestiegen

Im August legte das insgesamt fünfköpfige Gremium dem Presbyterium das Angebot für die 60 kWp-Anlage vor, damals noch für 62 000 Euro. Mittlerweile sind sie bei 72 000 Euro angelangt. „Die Preise sind im letzten Jahr in diesem Sektor um 25 Prozent nach oben gegangen, das fängt schon bei den Rohstoffen wie Aluminium an“, erläutert Loch, den viele Bonner noch aus der Energieberatung der Verbraucherzentrale kennen dürften. Das Presbyterium gab grünes Licht. Dieser Rückenwind, wie Unkelbach es nennt, war wichtig; die Gruppe hatte zunächst „nur“ eine Anschubfinanzierung der evangelischen Thomasstiftung über 24 000 Euro.

Erklärtes Ziel von Anfang an waren jedoch Spenden der Gemeindeglieder. Ein großes Spendenbarometer im Kirchenvorraum mit 160 symbolischen Solarmodulen zeigt, dass das Team um Unkelbach zu überzeugen weiß. Viele Kacheln sind schon gefüllt. Dabei müssen die Spender kein ganzes Modul für 400 Euro finanzieren, sondern können sich auch ein Achtel für 50 Euro sichern. Erwähnt werden alle. „33 000 Euro haben wir so zusammenbekommen, weitere 5000 Euro gibt es über ein Förderprogramm der Stadt Bonn“, sagt Unkelbach, die die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung als sehr unkompliziert beschreibt. Den Rest, da ist das Trio hoffnungsfroh gestimmt, werde man ebenfalls stemmen. Falls nicht, springt die Gemeinde ein. Nach voraussichtlich 20 Jahren soll sich die Anlage amortisiert haben.

Jedes Modul wiegt 19,8 Kilo

Alexander Krieg von der Firma Ce Solar aus Metternich wuchtet mit seinen Kollegen die ersten der 1,75 mal 1,03 Meter großen und 19,8 Kilo schweren Module aufs Dach. Jedes einzelne erzeugt später 370 Watt, insgesamt wollen die Friesdorfer 58 000 bis 60 000 Kilowattstunden (kWh) pro Jahr produzieren. 15 000 Kilowattstunden verbraucht die Pauluskirche pro Jahr, trotzdem wird man nur 5000 kWh der Sonnenenergie selbst nutzen und den Rest ins öffentliche Stromnetz einspeisen. Warum, wo doch gerade die Preise für die Einspeisung aktuell nicht wahnsinnig hoch liegen? „Wir haben einen antizyklischen Verbrauch, nutzen die Energie also vor allem, wenn die Sonne nicht scheint, zum Beispiel für Licht“, erklärt Loch. Ein Speichersystem jedoch hätte weitere 20 000 Euro gekostet. Zumal das ökologisch nicht nur positiv sei, ergänzt Unkelbach und spielt auf den Rohstoffabbau, die Produktion und den Transport für die Lithium-Ionen-Speicher an.

Die Solarfirma ist übrigens nicht von der Thomas-Kirchengemeinde beauftragt worden, sondern vom Generalunternehmer, den Stadtwerken Bonn. „Wir kaufen die Anlage dort, weil man uns als Ökostrom-Kunde noch einmal Rabatt gewährt hat“, erklärt Unkelbach. Sehr angetan vom Engagement der Gruppe ist Lars Klitzke, Berater der Bonner Energie Agentur. „Es ist toll, dass die Kirche sich mit diesem Thema beschäftigt“, lobt er. Gerade bei öffentlichen Gebäuden vermisse die Verbraucherzentrale es manchmal, dass bei der Photovoltaik mit gutem Beispiel vorangegangen werde. „Aber wir müssen mehr Eigenstrom erzeugen, um die Klimawende voranzubringen“, appelliert Klitzke. Leider aber kranke es daran, dass man sich immer erst um die Kosten kümmere.

Schon jetzt werden drei Kühlschränke mit einer Steckersolaranlage betrieben

Das haben die Friesdorfer zwar auch getan, dann aber Mut bewiesen. Dass der sich lohnt, zeigt ihnen die 600-W-Steckersolaranlage an der Rückseite des Paulus-Gemeindezentrums. Die zwei Module haben in einem Jahr 398 kWh kostenlosen Strom geliefert – und so die drei Kühlschränke betrieben. Wenn es die Materialengpässe erlauben, soll die neue Anlage für Himmelsenergie Ende Mai ans Netz gehen.

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