Meckenheimer Straße in Mehlem Gebetsraum verwaist - Erleichterung, aber keine Entwarnung

Bad Godesberg · Groß war die Aufregung in Mehlem, als sich vor einem Dreivierteljahr die Nachricht verbreitete, in einer ehemaligen Pizzeria an der Meckenheimer Straße habe sich eine salafistische Moschee eingerichtet. Seit einigen Wochen nun sind die Räume verwaist. In der Bevölkerung wird jedoch weiterhin über das Thema gesprochen.

 Verlassen: Die frühere Pizzeria an der Meckenheimer Straße.

Verlassen: Die frühere Pizzeria an der Meckenheimer Straße.

Foto: GA

"Laden zu vermieten" steht auf dem Schild im Schaufenster an der Meckenheimer Straße 26. Die bisherigen Mieter hatten Verbindungen zur Salafistenszene stets vehement bestritten und sich zur Unterstützung dieser Darstellung auch Rechtsbeistand geholt. Man sei ein arabischer Kulturverein und treffe sich zum Kickern und Teetrinken, hieß es. Und nebenbei nutze man die Räume eben auch zum Gebet. Zugleich war indes auf einschlägigen Internetseiten den "Geschwistern in Bonn" unmittelbar nach dem Einzug euphorisch zur Gründung der "Salafi Al-Hudda-Moschee" gratuliert worden.

Nicht zuletzt die Besuche namhafter Prediger aus der Salafistenszene wie Pierre Vogel, die von Mehlemern mehrfach beobachtet wurden, sorgten dafür, dass auch die Polizei die Situation unweit des Mehlemer Ortskerns kontinuierlich im Blick behielt. Ebenso sahen sich die Fachleute der Stadtverwaltung intensiv von der Situation beschäftigt.

Sie hatten die Frage zu klären, ob die Nutzung der Räume durch die Gruppe mit den geltenden Bestimmungen für Lärm- und Brandschutz, Fluchtwege und Stellplätze zu vereinbaren ist. An Letzterem ist es dem Vernehmen nach schließlich gescheitert. Die Gesinnung hingegen spielt bei derlei Fragen der Nutzungsänderung keine Rolle. Das heißt: Auch als Kirche oder buddhistischer Tempel wäre die frühere Pizzeria nicht geeignet gewesen.

In der Kommunalpolitik hat der Fall insofern für Sensibilität gesorgt, als beispielsweise im Unterausschuss Bauplanung die Gesamtproblematik mehrmals angesprochen wurde. "Es ist ja durchaus nicht unwahrscheinlich, dass es in absehbarer Zeit wieder Versuche solcher Gruppen geben werden wird, in Mehlem oder andernorts Fuß zu fassen", sagt ein Stadtratsmitglied dem GA. Insofern sei weiterhin Wachsamkeit geboten, zumal die islamistische Klientel offenbar weiterhin im südlichen Bad Godesberg stark vertreten sei.

Dazu passt, dass noch im Oktober Gerüchte in Mehlem die Runde machten, die Salafisten wollten zwei andere Immobilien an der Meckenheimer Straße erwerben. Auch das wurde an die Sicherheitsbehörden und das Bauamt weitergeleitet.

Nachdem zwischenzeitlich eine Bürgerinitiative im Aufbau begriffen war, die sich den salafistischen Betätigungen entgegenzustellen gedachte, ist weiterhin Verunsicherung spürbar. So sprechen zwar viele Menschen über das Thema; seinen Namen möchte in diesem Zusammenhang jedoch niemand in der Zeitung lesen. Ein offenes und angstfreies Gesprächsklima sieht anders aus. Das bestätigen auch Gespräche des General-Anzeigers mit örtlichen Lehrern oder Medizinern.

Neben äußeren Erscheinungsformen des fundamentalistischen Islam wie Vollverschleierung von Frauen oder langen Bärten und Gewändern der Männer, die inzwischen Teil des Straßenbildes sind, weiß ein niedergelassener Arzt in Lannesdorf von Schwierigkeiten zu berichten, welche die Rolle der Frau in der streng islamischen Welt für eigentlich alltägliche medizinische Behandlungen mit sich bringt.

Nicht unbedingt einfacher gestalten sich beispielsweise administrative Belange, etwa in Versicherungsfragen, wenn Frauen in polygamischer Ehe leben oder ihnen unter Berufung auf den Islam verboten wird, bestimmte ärztliche Behandlungen durchführen zu lassen.

Aufmerksam blicken viele Mehlemer auch auf die Domhofschule: Die Hälfte ihrer knapp 350 Schüler stammt aus Zuwandererfamilien, weshalb sie zum Modellprojekt für interreligiöse Bildung umgebaut wurde. 2011 erhielt die katholische Schule den Integrationspreis der Stadt Bonn. Unmittelbar nach den Straßenschlachten vom 5. Mai jedoch waren weniger harmonische Töne zu vernehmen. Muslimische Kinder, so verlautete aus den Reihen des Lehrerkollegiums, brüsteten sich damit, dass Geschwister oder Cousins gegen die Polizei "mitgekämpft" hätten, oder dass von außerhalb angereiste Demonstranten in ihren Familien beherbergt worden seien.

Und auch mit Diskussionen, was "Halal", also aus islamischer Sicht erlaubt, sei, sehen sich Grundschullehrer in Mehlem immer wieder konfrontiert. Die Integrationsbemühungen von Stadt und privaten Initiativen sind zahlreich. Die "Impfung" gegen Extremismus, so lautet ihr Credo, muss in früher Kindheit erfolgen.

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