Neuer Auftakt beim Philosophischen Salon in Bad Godesberg Gespräche, die den Kopf drehen

Der Philosophische Salon mit Markus Melchers startet ins neue Jahr. Optimistisch – denn darum ging es thematisch. Was reizt an diesen Gesprächen, die einem den Kopf verdrehen.

Was ist Optimismus und wann darf man optimistisch sein? Markus Melchers (l.) lotet das Thema mit den Besuchern des Philosophischen Salons bei Isobel Frost-Ohm (r.) aus.

Was ist Optimismus und wann darf man optimistisch sein? Markus Melchers (l.) lotet das Thema mit den Besuchern des Philosophischen Salons bei Isobel Frost-Ohm (r.) aus.

Inmitten von Krieg, Klimakrise und Inflation stellt sich einer hin und verkündet, dass die nachfolgenden Generationen mehr Wohlstand haben werden als wir. Kann man so eine Aussage treffen, wenn man nicht ein Optimist ist? Eine schwierige Frage. Wenn einer eine Antwort finden könnte, dann doch wohl ein Philosoph, oder? Auch der würde das für eine schwierige Frage halten, was mit Aussicht auf eine gescheite Antwort nicht eben optimistisch stimmt.

Gerade deshalb passt das Thema „Optimismus“ wohl gut in eine Gesprächsrunde, wie es sie der Philosophische Salon bietet. „Es kommt nicht darauf an, dass am Ende irgendwer Recht hat“, sagt Hans Roeder, der schon seit sehr vielen Jahren dorthin kommt und mit dem sogenannten mobilen Philosophen Markus Melchers über alles sinniert, was die Welt im Innersten zusammenhält. Er möchte keine Vorträge. „Das allerwichtigste ist das Gespräch.“ Jetzt geht die Reihe für Denker wieder los.

Mitmachen kann, wer immer sich interessiert, „auch wenn man nicht Philosophie studiert hat“, meint Eva Maria Keuchel. Sie und Rolf Grathwohl sind schon seit fünf oder sechs Jahren regelmäßig dabei, zum einen, „weil Melchers ein unglaublich guter Wissensvermittler ist“, sagen sie. Aber zum anderen auch, weil die Gespräche den Horizont erweitern. „Wenn man sich über verschiedene Themen unterhält, merkt man, dass sich der Kopf in eine andere Richtung drehen kann“, so Grathwohl.

Den Auftakt im Wohnzimmer von Isobel Frost-Ohm in Muffendorf, wo der Salon seit einigen Jahren eine Heimat gefunden hat, machte also das Thema „Wann darf ich optimistisch sein?“ Auch die gewohnten drei Auftaktzitate, eins von Jean-Jacques Rousseau, eins von Arthur Schopenhauer und eins von Emmanuel Kant, flossen ins Gespräch ein.

Die Frage eines Teilnehmers betraf allerdings direkt die Gegenwart: Lässt die derzeitige Situation Optimismus zu? Gerade Corona, meinte Melchers, sei ein „gutes Beispiel, wie man Optimismus noch rechtfertigen kann“. Die Wissenschaft habe Wege aus der Bedrohung gefunden, die positives Denken zulasse. Eine Frau brachte ein, bei allen Krisen um sie herum könne sie sagen: „Mir geht es gut.“ Aber ist das Optimismus? Grathwohl warf ein, der Optimismus sei zur Mode verkommen. „Darf man sich heute überhaupt erlauben, Pessimist zu sein?“ Hmmm.

Fließende Grenzen

Die Gruppe stellte fest, dass die Grenze zwischen Optimismus und Zuversicht fließend ist, dass Hoffnung den Optimismus braucht und dass die Einstellung „Ich erwarte das Schlechte und freue mich, wenn es nicht eintrifft“ nicht Pessimismus, sondern Selbsttäuschung ist. Es ging darum, ob Optimismus eine Haltung ist, ob er durch das soziale Umfeld geprägt oder genetisch verankert ist.

Die Runde war sich mit einer Teilnehmerin einig: „Jemand, der optimistisch ist, muss nicht gleich naiv sein.“ Der Optimist, meinte Melchers, müsse eine bestimmte Vorstellung vom Sein haben. „Er geht davon aus, dass sich Zustände ändern können.“ Dabei könne er auch enttäuscht werden. Pessimismus wiederum sei nicht mit Fatalismus oder Zynismus gleichzusetzen. Ohne Ergebnis, aber mit vielen Gedanken im Kopf, macht man sich nach einem solchen Abend auf den Heimweg. Und fühlt sich irgendwie gut.

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