Giftliste von Joachim Nimptsch und Ludger Sander "Godesberg wird totgespart"

BAD GODESBERG · Auf der "Giftliste" von Kämmerer und Oberbürgermeister stehen Kammerspiele und Kleines Theater, Kurfürstenbad und Freibad Friesdorf, Deutsches Museum und Bürgeramt: Sollten alle Sparvorschläge umgesetzt werden, wäre Bad Godesberg von den Bonner Stadtbezirken am stärksten betroffen.

Godesberg werde "totgespart", fürchtet Bezirksbürgermeisterin Simone Stein-Lücke. Sie hatte vor der Haushaltsklausur lediglich die Bezirksbibliothek zur Disposition gestellt. Die möchte die Verwaltung aber ebenso wie das Freibad Rüngsdorf erhalten.

Als "ersten Akt im Drama um den Ausverkauf von Bad Godesberg" bezeichnete Ulrich Hauschild (FDP) die Sparliste. Sie treffe in Sachen Kultur, Sport und Bildung Bad Godesberg bis ins Mark. So werde zum Beispiel das Deutsche Museum als "spannende, kreative und hochkarätige Bildungsstätte völlig unterschätzt". Die Kammerspiele und das Kleine Theater symbolisieren laut Hauschild die kulturelle Identität des Stadtbezirks.

Die beiden Godesberger SPD-Ortsvereinsvorsitzenden Martin Schulz (Süd) und Beatrix Buttler (Nord) betonten in einer Pressemitteilung noch einmal den Wert der Bezirksbibliothek als "unverzichtbarer Bestandteil des Bildungs- und Kulturangebots" im Stadtbezirk. "Eine öffentliche Bibliothek kann von Schulbüchereien oder kirchlichen Büchereien nicht ersetzt werden, sie ist vielmehr wichtiger Partner der Schulen", so die SPD-Politiker. Sie lehnen den Vorschlag der Bezirksbürgermeisterin ab, die Bücherbestände auf Pfarrbüchereien zu verteilen.

Juppi Schaefer, einziger Bezirksverordneter der Wählergruppe "Wir Godesberger", formulierte seinen persönlichen Sparvorschlag kurz und knapp: "Oper Bonn schließen, und alles andere bleibt wie's ist."

Auch unter Bürgern und Geschäftsleuten wird die "Giftliste", die Grundlage der Haushaltsberatungen der nächsten Monate ist, diskutiert. Sparen ja, aber anders: Diese Bilanz zieht Benjamin Knüpling. Dem Godesberger Immobilienmakler sind die Schwimmbäder als Freizeiteinrichtungen wichtiger als das Theater oder Festspielhaus - "der hohe Genuss", wie er sagt. Er selbst habe mal bei den Kammerspielen gearbeitet. "Da wird viel Geld verschwendet", findet er, etwa durch ein verschwenderisches Bühnenbild oder immer wieder neue Logos.

Er fände es auch "hochgradig schlimm", das Bürgeramt in Bad Godesberg zu schließen oder den Sand auf Spielplätzen nicht mehr regelmäßig auszutauschen. So appelliert er an die Politiker, die Giftliste noch einmal durchzuschütteln und die einzelnen Posten zu bewerten.

"Es wird ein bisschen am verkehrten Ende gespart", sagt Geschäftsfrau Rosemarie Schrottka und wünscht sich den Erhalt von Freibad "Friesi" und Kürfürstenbad. Die Kinder müssten schwimmen lernen, die Senioren bräuchten Bewegung, so die frühere Sportschwimmerin. Auch das Kleine Theater sei eine kulturelle Freizeiteinrichtung. "Man kann den Leuten nicht alles nehmen."

Norfried Baum (Musik Baum) versteht es nicht, wie es überhaupt zur desolaten Finanzlage kommen konnte. Denn eigentlich müssten Weltkonzerne wie Post und Telekom doch eine Menge Steuern zahlen. Aber: "Wenn die Kassen leer sind, kann ich auch nichts kaufen", sagt Baum, da werde es dann auch für die Bürger unbequem. Allerdings dürfe das Geld auch nicht in Projekten wie dem Kongresszentrum WCCB versickern.

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