Freiwilliges Soziales Jahr im Ausland Godesberger Abiturient für ein Jahr in Nicaragua

Bad Godesberg/Matagalpa · Zwei Monate ist es her, da machte sich Vincent Poller auf nach Nicaragua. In Matagalpa leistet er nun Dienst in dem Jugendprojekt Las Hormiguitas (zu Deutsch: „Die kleinen Ameisen“).

 Der FSJler Vincent Poller in Nicaragua.

Der FSJler Vincent Poller in Nicaragua.

Foto: privat

Wie sieht Ihr Leben in Nicaragua seit Ihrer Ankunft aus?

Vincent Poller: Nach einer Woche der Eingewöhnung mit vielen Ausflügen in die Region wurde ich für zwei weitere Wochen in einer Gastfamilie untergebracht, der ich bei ihrer täglichen Arbeit unter anderem in einem Kiosk half. Danach habe ich kurzzeitig bei einer Mitarbeiterin von Las Hormiguitas gewohnt, bevor es weiter in eine Wohngemeinschaft mit einer anderen FSJ-Freiwilligen ging. Von dort aus gehe ich jetzt jeden Tag zu meiner Arbeitsstelle in dem Jugendprojekt.

Wofür steht Las Hormiguitas? Was genau sind Ihre Aufgaben in dem Projekt?

Poller: Zu uns kommen Kinder im Alter zwischen acht und 15 Jahren, die aus einem sozial schwachen Umfeld stammen, und dort nach der Schule ihre Hausaufgaben machen können. Danach gibt es zahlreiche gemeinsame Aktivitäten, wie zum Beispiel einen Englischkurs, Tanzen, Basteln oder Backen. Ich bringe mich neben der Hausaufgabenbetreuung hauptsächlich als Fußballtrainer und Englischlehrer ein, aber auch in einem Computerkurs.

Was ist der Unterschied zu einem Hort oder einer Kita in Deutschland?

Poller: Oft kommt mir das Projekt vor wie eine ganz normale Kindertagesstätte – das ändert sich jedoch schlagartig, wenn ich beim Stadtbummel am Wochenende die von uns betreuten Kinder an ihrer Arbeitsstelle sehe. Die meisten von ihnen können nicht regelmäßig in die Schule gehen. Das für uns in dem Alter normale Maß an Freizeit und die für Deutschland selbstverständlich wirkende Möglichkeit, jeden Tag in die Schule zu gehen, gilt hier nicht. Deshalb organisiert das Projekt noch eine Art mobile Schule, mit der wir bis zu viermal die Woche in arme Viertel fahren und mit den Kindern vor Ort lernen und dadurch ihr Selbstbewusstsein stärken wollen.

Warum haben Sie sich für einen Dienst in Nicaragua entschieden und nicht in Deutschland?

Poller: Während meiner Schulzeit war ich längere Zeit in Neuseeland. Für mich war danach klar, dass ich einen Freiwilligendienst im Ausland machen möchte. Ich wollte eine neue Kultur kennenlernen und mich mit den Menschen austauschen. Wichtig war mir die Mitarbeit in einem Sportprojekt.

Trotz der Unterstützung durch das Entwicklungsministerium, was kostet so ein Aufenthalt für FSJler?

Poller: Das staatliche Förderprogramm „Weltwärts“ deckt etwa 75 Prozent der Kosten ab. Den Rest muss der Träger übernehmen, zum Beispiel der Verein Weltweite Initiative, der meine Reise organisiert hat. Dieser Betrag von rund 3000 Euro muss dann von den Freiwilligen selbst erwirtschaftet werden, zum Beispiel mit Spendenaktionen. Daneben bekomme ich Unterstützung von meinen Eltern und habe mir vorab mit Jobs etwas dazuverdient. Aber auch Freiwillige, die den Eigenanteil nicht erbringen können, werden ausgesendet. Das ist schließlich kein Reisebüro.

Mit einem FSJ im Ausland macht man sich nicht nur Freunde. Kritiker beschreiben die Freiwilligen im Netz gerne als „Voluntourists“, also eine Mischung aus freiwilligen Helfern („volunteers“) und Touristen. Wie begegnen Sie dieser Kritik?

Poller: Es mag Einsätze geben, die unter „Voluntourism“ laufen, weil sie von der Dauer des Aufenthalts her zu kurz sind. Wir versuchen, durch eine kritische Selbstreflexion und eine 13-monatige Dienstzeit diesen Vorwürfen entgegenzuwirken. Wenn man lange in einem Land ist, kann man auch etwas an die Menschen zurückgeben. Von den Erfahrungen der FSJler profitiert im Anschluss im Übrigen auch die deutsche Gesellschaft. So könnte man sagen, dass über Bande gespielt wird.

Was haben Sie nach Ihrer Rückkehr vor? Möchten Sie studieren? Wenn ja, was?

Poller: Auch wenn ich mich noch nicht ganz festgelegt habe, so gehen meine Studienwünsche in die soziale oder internationale Richtung. Vielleicht Medizin, internationale Beziehungen oder internationales Recht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort