Gestaltungssatzung in Bad Godesberg Godesberger Einzelhändler fürchten um Existenz

Bad Godesberg · Einzelhändler in der Bad Godesberger Innenstadt fürchten durch die Gestaltungssatzung um ihre Existenz. Gegen eine Apotheke wurde bereits ein Bußgeldverfahren eingeleitet.

 Die Werbung muss jetzt verschwinden. Das ärgert: (v.l.) Inhaberin Nadine Gruber, Kundin Luisa Cortese und Mitarbeiterin Ursula Schmitt.

Die Werbung muss jetzt verschwinden. Das ärgert: (v.l.) Inhaberin Nadine Gruber, Kundin Luisa Cortese und Mitarbeiterin Ursula Schmitt.

Foto: Richard Bongartz

Nadine Gruber bangt um ihre Existenz: Sie betreibt seit Februar das Kinderschuhgeschäft Dr. Gruber am Michaelshof 4a. Das liegt ein wenig ab vom Schuss und ist wegen einer tief hängenden Leuchtreklame unter dem Vordach schwer zu entdecken. Um besser auf sich aufmerksam zu machen, hat sie einen Ständer mit einem ausgeschnittenen Schuh anfertigen lassen, der vor der Eingangstür stand. „Der ist aber verboten worden“, sagt sie.

Vor gut zwei Monaten erreichte sie die Post von der Stadt, die auf die Gestaltungs- und Werbesatzung aufmerksam machte (siehe „Auf einen Blick“). Die solle dazu dienen, „das charakteristische Stadtbild des Stadtbezirkszen-trums Bad Godesberg mit seiner gewachsenen Baustruktur mit historischer Bedeutung für den Stadtbezirk Bad Godesberg zu wahren, das Stadtbild im Zentrumsbereich zu verbessern“, heißt es in dem Brief. Außerdem gehe es um Chancengleichheit für alle Händler. In dem Schreiben vom 28. August wurde Gruber die Verwendung des Gehwegaufstellers untersagt.

„Für uns ist es ganz schlecht“, sagt Gruber. Das Michaelshofschild samt Apothekenwerbung versperre die Sicht auf ihr Geschäft. Man könne wegen des Lieferverkehrs auch nichts darunter hängen. „Es ist schwierig, sich als Einzelhändler zu etablieren“, sagt Gruber, die bei der Stadt um eine Ortsbegehung gebeten hat, die aber abgelehnt worden sei.

„Ich weiß um den Krieg gegen die kleinen Geschäfte. Die haben hier im Grunde gar keine Überlebenschance“, sagt Kundin Luisa Cortese, die selbst lange in Bad Godesberg selbstständig war und den Laden „Luisa“ mit Schmuck und Wohnaccessoires betrieb. Das Angebot in der Innenstadt habe extrem nachgelassen, das sei zum Teil auch Schuld der Bonner Politik. Ohne die Aufsteller am Michaelshof hätten die Kunden gar keine Ahnung, dass es dort überhaupt Läden gebe.

Kundenstopper in der Innenstadt

Gegen die „easy Apotheke an der Godesburg“ nebenan wurde bereits ein Bußgeldverfahren eingeleitet, wie Filialleiter Christoph Schneider berichtet. Näheres habe er dazu noch nicht gehört, auch keine Summe. So hat er nun seine Körbe mit Produkten und Aufsteller in die benachbarte Passage gestellt. „Ich bin auch bereit, eine Gebühr zu zahlen“, sagt er. Die Situation sei unterm Strich völlig unbefriedigend und geschäftsschädigend.

„Die Stadt setzt die Gestaltungs- und Werbesatzung in Bad Godesberg, die schon seit Februar in Kraft ist, sanft um“, sagt Isabel Klotz vom Presseamt. Nach Bestandsaufnahmen seien Händler schriftlich und mündlich aufgeklärt worden. Wo es dann für die Sondernutzung keine Erlaubnis gab, seien „Ordnungsverfügungen und Sondernutzungsgebührenbescheide ergangen und zum Teil Bußgeldverfahren eingeleitet worden“. Wer sich genau umschaut, entdeckt mitten in der Fußgängerzone und auf dem Theaterplatz noch jede Menge Kundenstopper – auch vor Filialisten und Imbissketten.

Die Stadt spricht von vereinzelten Stellen: „Das liegt dort und immer in vergleichbaren Fällen daran, dass bei Weitem nicht alle Gewerbetreibenden die unzulässigen Gegenstände bereits aufgrund der rechtlichen Information entfernen“, sagt Klotz. Auch nach der Ordnungsverfügung würden sie manchmal nicht weggeräumt, was bis hin zu verwaltungsgerichtlichen Klagen führen könne. So könne es dauern, bis die Aufsteller wegkämen.

Befristung bis 2018

Grundsätzlich wird es für Stopper im Satzungsbereich künftig keine Erlaubnis mehr geben, teilt die Verwaltung mit – ohne Ausnahme. Stadtplanungsamt, Bauordnungsamt oder Bürgerdienste würden die Gewerbetreibenden aber bei Bedarf über satzungskonforme Alternativen beraten, die helfen, stärker auf die Geschäfte aufmerksam zu machen.

Händler Gert Schugt ist von der Stadt aufgefordert worden, die Warenauslage vor seinem Lederwarengeschäft, für die er eine Genehmigung hat, zu reduzieren. „Das ist für uns schon ein Einschnitt“, sagt er und findet, dass die Gestaltungssatzung, „die wir schon mittragen und gut finden“, nicht zu Ende gedacht sei. In Bad Godesberg seien die Bedingungen anders als beispielsweise in der Bonner Sternstraße: Man habe eine sehr weitläufige Fußgängerzone und breite Straßen, wo Kunden die Auslagen anschauten. Schugt kritisiert auch, dass Unternehmen in oberen Etagen nun ins Hintertreffen kämen, da sie nicht mehr auf sich aufmerksam machen könnten. Er selbst hat keine Klappständer vor der Tür.

Schugt denkt, dass man die Satzung modifizieren muss. Auch Jürgen Bruder, Vorsitzender des Vereins Bad Godesberg Stadtmarketing, ist mit der Regelung nicht so ganz glücklich. Der Verein könne nur mahnen und bei der Stadt um Einzelfallentscheidungen bitten, wenn Werbeschilder nicht stören würden – etwa bei nach innen versetzten Schaufenstern. „Ansonsten haben wir keine Handhabe“, sagt Bruder. Aber: „Die Satzung ist noch nicht in Stein gemeißelt. Sie gilt erst mal für ein Jahr.“ Die Politik hatte eine Befristung bis 2018 beschlossen. Dann soll die Verwaltung einen Erfahrungsbericht vorlegen und eventuell nachjustieren.

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