Rücktritt von Simone Stein-Lücke Godesberger wünschen sich von Nachfolger mehr Volksnähe

Bad Godesberg · Nach dem Rücktritt von Bezirksbürgermeisterin Simone Stein-Lücke legen sich die Parteien noch nicht auf einen Nachfolger fest. In den Bad Godesberger Facebook-Gruppen schneidet die scheidende Amtsinhaberin schlecht ab.

Auch über den Maifeiertag hinweg ist der Rücktritt von Simone Stein-Lücke als Bezirksbürgermeisterin das Gesprächsthema in Bad Godesberg. Wie berichtet, hatte die 49-Jährige den Schritt mit ihrer immer größer werdenden Belastung als Unternehmerin begründet.

Verständnis für diesen Schritt hat Stein-Lückes Bonner Amtskollegin, Britta Poppe-Reiners (Grüne): „Es ist mehr als ein Ehrenamt und zeitlich sehr grenzwertig.“ Dennoch möchte sie die „schöne Aufgabe“ nicht missen. „Trotzdem wäre es schön, wenn der Einsatz zum Beispiel auf die Rente angerechnet würde“, meint Poppe-Reiners, die eine halbe Stelle als Landesbeamtin in Rheinland-Pfalz hat.

Er habe trotz vieler Aufgaben nie darüber nachgedacht, seine Funktion vor der nächsten Wahl abzugeben, sagt der Beueler Bezirksbürgermeister Guido Déus (CDU) auf GA-Anfrage. „Aber ich weiß um die Belastungen und bei Simone Stein-Lücke ist es als erfolgreiche Unternehmerin eine ganz andere Situation“, betont der Landtagsabgeordnete. Außerdem habe er, im Gegensatz zur Godesberger Kollegin, nie persönlich Anfeindungen erlitten und fühle sich als Bezirksbürgermeister „sauwohl“.

Man müsse Prioritäten setzen, sagt Hardtbergs Bezirksbürgermeisterin Petra Thorand. Es handle sich um ein Ehrenamt, das zusätzlich zum Beruf ausgeübt werde. „Wenn man beruflich mehr gefordert ist, muss man überlegen, wo man kürzen kann“, zeigte Thorand Verständnis und Respekt für Stein-Lückes Entscheidung.

Am 15. Mai wird ein neuer Amtsinhaber gewählt

Vor Ort geht es derweil um die Nachfolge. Zwar hat der Godesberger CDU-Chef Christoph Jansen seinen Hut in den Ring geworfen, ob er aber eine Mehrheit hinter sich versammeln kann, ist noch nicht klar. Zur Erinnerung: Schon Stein-Lücke setzte sich mit Stimmen der CDU, des Bürger Bunds (BBB) und einem Votum der FDP mit neun zu acht Stimmen nur knapp gegen Hillevi Burmester (SPD) durch. Ob Burmester erneut kandidiert, steht nach wie vor nicht fest: „Ich muss noch einige Dinge abwägen.“ Wie sie und ihre Partei sich positionieren, soll aber vor dem 15. Mai feststehen. Dann entscheidet die Bezirksvertretung über die Zukunft an der Bad Godesberger Spitze.

Monika Heinzel (Grüne) hat Stein-Lücke 2014 nicht gewählt, denn schon damals habe sich gezeigt, dass eine Diskrepanz zwischen Beruf und Ehrenamt bestehe. Das habe sich bestätigt. „Sie war zu selten vor Ort präsent“, so Heinzel. Wem die Grünen ihre Stimme geben wollen? Das stehe noch nicht fest. Nur soviel: „Hillevi Burmester hat so viele Termine übernommen, dass sie eigentlich Bezirksbürgermeisterin war.“ Würde sie das Amt bekleiden „wüsste man, dass es gut läuft“.

Das sieht Wolfgang Heedt (FDP) genauso. Weil die SPD-Politikerin das Amt „versiert, mit der gebotenen Neutralität und mit großem zeitlichen Engagement“ ausgeübt habe, sei keine Eile geboten. Eine Nachwahl sei auch in der übernächsten Sitzung der Bezirksvertretung ausreichend. Mit der Nachfolgefrage wollen sich die Liberalen am 6. Mai beschäftigen. Auch der BBB hat sich noch nicht positioniert. Man werde erst einmal das Gespräch mit Christoph Jansen abwarten, sagt Marcel Schmitt. „Danach werden wir entscheiden.“ „Der Rückzug ist konsequent“, meint Ralf Jochen Ehresmann (Linke). Dass dieser aus beruflichen Gründen vollzogen wurde, sei nachvollziehbar. Man hoffe, dass es dem Nachfolger leichter fallen werde, vor Ort präsent zu sein.

Ruf nach tatkräftiger Person an der Spitze

Das „Aktionsbündnis für ein lebenswertes Bad Godesberg“ hatte seit Herbst 2016 den Rücktritt der Bezirksbürgermeisterin gefordert (der GA berichtete). Entsprechend zufrieden zeigt sich die Gruppe jetzt. „Zuletzt wurde das mangelnde Engagement der Bezirksbürgermeisterin im Leitbildprozess deutlich, an dem sich Frau Stein-Lücke nicht aktiv beteiligt hat“, hieß es. Es sei viel Arbeit liegengeblieben. Dies, und die zahlreichen Herausforderungen bei der Gestaltung Bad Godesbergs verlangten nach einer tatkräftigen Person an der Spitze, „die nicht nur die Probleme anpackt, sondern auch die Bad Godesberger Interessen im Bonner Rat aktiv vertritt“.

Unter den Bürgern ist die Stimmung gemischt, mit leichter Tendenz froh darüber zu sein, einen neuen Bezirksbürgermeister zu bekommen. „Sie war nie volksnah, hat sich selten auf Volksfesten gezeigt“, kritisiert Rüdiger Brauer (50), der die „Heiße Hütte“ auf dem Theaterplatz betreibt. Als überfällig empfindet Roland Müller den Rücktritt. „Sie hat zu sehr eigene Interessen verfolgt, indem sie den Medizintourismus und das Private verquickt hat“, so der 65-Jährige, der nun auf „einen fähigen Mann“ im Amt hofft.

Christian Mai dagegen bedauert den Schritt. Er habe Reaktionen im Internet verfolgt und gesehen, dass die Bezirksbürgermeisterin viel Gegenwind bekommen habe. Das hält er für unfair: „Es ist schließlich ein Ehrenamt und sie hat auch viel Gutes gemacht.“ Für die Zukunft wünscht sich der 64-Jährige einen Blick fürs Positive: „Die Proportionalität, zum Beispiel, was die Sicherheit betrifft: Wir in Godesberg sind relativ sicher, wenn man das mit Duisburg-Marxloh vergleicht, wo es einen ähnlich hohen Zuwandereranteil gibt.“

In Facebook-Gruppe herrscht Sarkasmus vor

Eine wiederkehrende Aussage, die man meist nur anonym erhält, ist die von der „völligen Fehlbesetzung“. Thomas König und seine fünf Administratoren von der Facebookseite „Bad Godesberg online“ unterstützen das: „Viel zu lange war jemand im Amt, der diesen Posten niemals hätte erhalten dürfen“, haben sie gepostet. Der oder die Neue erkenne hoffentlich das Potenzial „unserer Heimat“ und fördere es.

Von Sarkasmus getrieben ist der Gesprächsverlauf bei „Du kommst aus Bad Godesberg, wenn...“. Er mündet in der Frage eines Nutzers, ob der Tag der Ankündigung des Rücktritts nun ein neuer Godesberger Feiertag werde. Die Nachfolgefrage, mit klarem Votum für Burmester, aber auch der positive Einsatz Stein-Lückes für das multikulturelle Bad Godesberg werden in der Gruppe „I love Bad Godesberg“ diskutiert.

Manche Kritikpunkte scheinen auch an der CDU nicht abgeperlt zu sein. Nach GA-Informationen soll die Amtsinhaberin über die Jahre den Rückhalt in der eigenen Partei verloren haben.

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