Handel in Bad Godesberg Traditionsgeschäft Gutenberg beginnt mit Ausverkauf

Bad Godesberg · Zwei Monate vor der Schließung beginnt das Schreibwarengeschäft mit dem Ausverkauf. Kunden kommen per Abholservice an die Ware.

 Blick auf das Geschäft Gutenberg, als durch die Alte Bahnhofstraße noch Autos fuhren.

Blick auf das Geschäft Gutenberg, als durch die Alte Bahnhofstraße noch Autos fuhren.

Foto: Axel Vogel

Im Schaufenster des Traditionsgeschäfts Gutenberg an der Alten Bahnhofstraße stehen zwei Monate vor der Schließung nun auch schon die ersten Dekorationsartikel zum Verkauf: Neben Schreibkulturartikeln, Spielzeug, Papeterie sowie Büro- und Schulbedarf wird auch ein etwa zwei Meter hoher rosa Edelfüller angeboten, der über Jahre zu den Hinguckern im Spezialgeschäft gehört hat. Ja, man habe mit dem Ausverkauf begonnen, bestätigt Gutenberg-Chefin Barbara Witt. Auch wer eine Theke kaufen möchte, könne sie haben. „Wir haben in der Pandemie einen Abholservice eingerichtet, mit dem vorher online oder telefonisch bestellte Ware an unserem Hintereingang am Hubertinumshof ausgegeben werden kann“, erläutert Witt.

Im November 2020 war bekannt geworden, dass das Fachgeschäft, das Bad Godesberg seit jeher mitprägte, Ende März schließt. Als Grund hatte Inhaberin Witt dem GA die in der Corona-Krise stark zurückgehenden Umsatzzahlen genannt. Die Wurzeln des Schreibwarenhandels gehen in dem Familienunternehmen bis ins Jahr 1887 zurück, als Barbara Witts Vorfahre Jean Schneider im Hinterhof eines Hauses am Moltkeplatz eine Druckerei eröffnete. Später zog man an die Alte Bahnhofstraße um und mauserte sich zu der wichtigsten Adresse für hochwertige Schreib- und Spielwaren sowie Bürobedarf in Bad Godesberg.

 Die 1960er Jahre: Wilhelm Schneider im Kreis seiner Angestellten, die weiße Lätzchen mit der Aufschrift „Gutenbergs Lieblinge“ tragen.

Die 1960er Jahre: Wilhelm Schneider im Kreis seiner Angestellten, die weiße Lätzchen mit der Aufschrift „Gutenbergs Lieblinge“ tragen.

Foto: Axel Vogel/Axel VogelAxel Vogel

Witt arbeitete in dem Geschäft zuerst an der Seite ihres Vaters und dann selbst als Chefin 35 Jahre lang. Sie zeigt ein launiges Foto aus den 1960er Jahren, das ihr jetzt eine frühere Mitarbeiterin mit Tränen in den Augen vorbeigebracht habe. Es zeigt ihren Großvater Wilhelm Schneider im Kreis seiner Angestellten, alle in schwarzer Kleidung. Und auf einer Art weißem Lätzchen steht bei jedem „Gutenbergs Lieblinge“ geschrieben. Die Mitarbeiterin habe mit Wehmut an ihre Gutenberg-Jahre zurückgedacht, sagt Witt. Und dann zeichnet sie hochwertige Schreibgeräte fürs Schaufenster mit 25 Prozent Rabatt aus. „Wir haben auch noch attraktive Beschäftigungsspiele. Auch die neue Schulranzen- und Rucksackkollektion fürs kommende Schuljahr ist noch hereingekommen“, berichtet die Chefin.

Ihr Herzenswunsch sei, dass sie vor der endgültigen Schließung noch einmal öffnen dürfe. Durch Corona sei ihr das halbe Weihnachtsgeschäft weggebrochen, und auch der ansonsten wichtige Verkaufsmonat Januar fehle fast völlig. Darunter litten natürlich auch alle anderen Einzelhändler in Godesberg.

Wie geht es mit der Immobilie, die der 59-Jährigen gehört, weiter? „Das ist vollkommen offen“, antwortet Witt. Sie hoffe, dass ein gutes Geschäft in die Räume nachfolge. Es gebe Interessenten. „Ich habe großes Interesse an einer guten Lösung für Bad Godesberg.“ Und was wird sie selbst nach 35 Jahren Gutenberg tun? Witt zögert mit der Antwort. „Ich habe noch keine Pläne“, sagt sie. Momentan müsse sie sich noch „über beide Ohren“ in die Geschäftsabwicklung hineinhängen. „Dann atme ich erst einmal durch“, meint Witt. „Dann sehen wir weiter.“

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