Kritik an Stacheldrahtzaun Haribo-Chef lässt seinen Wald abriegeln

BAD GODESBERG/PECH · Ein neuer Stacheldrahtzaun, der ein Waldgrundstück kurz hinter dem Sportplatz von Pech umspannt, kann für Menschen und Tiere ganz schön gefährlich werden. Die höchste der zwei Reihen mit ihren spitzen Nasen reicht gerade mal bis etwa an die Hüften. Doch vor allem im diffusen Licht unter den Bäumen wird der Draht fast unsichtbar. Beim Regionalforstamt Rhein-Sieg-Erft liegt mittlerweile eine Anzeige vor. Die Experten dort sind sich sicher: Den Zaun dürfte es dort gar nicht geben.

Wie der GA erfuhr, wurde der Stacheldraht um den Privatwald des Bonner Unternehmers Hans Riegel (Haribo) errichtet. Doch auch wenn der privat ist, darf ihn niemand absperren, wie Förster Willi-Josef Wild, zuständig für den Privatwald im Revier Venne, mitteilt. Denn laut des Landesforstgesetzes NRW und des Bundeswaldgesetzes ist grundsätzlich "das Betreten des Waldes zum Zwecke der Erholung gestattet".

Das gelte nur dann nicht, wann es sich um ein Naturschutzgebiet beziehungsweise es sich um ein sogenanntes Einstandsgebiet (Rückzugsraum) von Wildtieren handelt. "Auch private Waldbesitzer müssen das Betreten zum Erholen erlauben", verweist Wild auf das Gesetz. Das bedeute allerdings nicht, dass dort Hunde nicht angeleint herumlaufen oder jemand mit seinem Fahrrad durchfährt.

Ob der von einer GA-Leserin bemängelte Zaun nun pikst, oder ob es sich um einen Jägerzaun handelt, ist nach Angaben des Försters völlig egal. Bei der Absperrung am Ortsausgang von Pech - der Stacheldraht ist ein normaler Weidezaun - ist ihm allerdings aufgefallen, dass er "völlig unsachgemäß angebracht ist". An einigen Stellen ist er direkt an Bäumen befestigt. Sollte zum Beispiel im Dunkeln jemand über den Stacheldraht stolpern, sei der Eigentümer in der Haftung, sagt Willi-Josef Wild.

Er vermutet, dass er gespannt wurde, weil viele Hunde dort frei durchs Dickicht gelaufen seien. Die Sache liegt nun auf dem Schreibtisch von Oberforstrat Thomas Deckert. "Wir prüfen, ob es sich um eine ungenehmigte Waldsperrung handelt", sagt er.

Dabei handele es sich um eine Ordnungswidrigkeit. Der Eigentümer des Waldstücks werde nun angehört. Deckert denkt, dass der Zaun innerhalb der nächsten Wochen verschwinden wird. Dabei setzt das Forstamt auf eine gütliche Einigung unter dem Motto "Einsicht ist besser als Nachsicht", so Deckert. Käme der Zaun weg, wäre alles erledigt.

Sollt das nicht funktionieren, gebe es als erste Möglichkeit ein Bußgeldverfahren. Bei schlimmen Vergehen wären maximal 25 000 Euro zu zahlen, im Fall Stacheldrahtzaun seien es wohl zwischen 150 und 200 Euro. Sollte das nicht reichen, gibt es laut Deckert noch die sogenannte Ersatzvornahme: Nach langwierigen Fristen würde am Ende die staatliche Behörde den Zaun selbst abbauen und dem Waldbesitzer die Rechnung schicken - wie gesagt, alles bei fehlender Einsicht.

In der Vergangenheit hätten sich auf dem Grundstück häufig Personen aufgehalten. "Die haben dann dort ihren Müll abgeladen", sagt Alexander Kukla von der Haribo-Pressestelle. So habe Hans Riegel entschieden, dass dort ein Zaun errichtet wird. Den Auftrag habe er an die HR Immobilien GmbH in Österreich übergeben, die nach Kuklas Angaben wohl auch die Art des Zauns ausgesucht habe. "Die komplette Abwicklung lief über die Firma." Hans Riegel befinde sich derzeit nicht in Bonn. Sobald er wieder hier ist, werde er sofort auf die Sache aufmerksam gemacht, teilt Haribo mit.

Der Verlauf des Zauns:
Der Zaun umspannt das Pecher Waldgrundstück von drei Seiten. Direkt hinter dem Sportplatz beginnt er am grünen Brückengeländer. Nach 15 Meter geht er im rechten Winkel nach rechts ab und führt rund 150 Metern die Böschung des Waldwegs entlang. Dann knickt er wieder nach rechts und verläuft für weitere 100 Meter bis zu einem Maschendrahtzaun.

Der Fall Asbeck:
Einen ähnlichen Fall mit einem mehrere 100 Meter langen Zaun, der Zugänge in den Wald versperrte, gab es bereits 2011. Damals stand der Bonner Unternehmer Frank Asbeck, der im Calmuth-Tal in Remagen das Jagdschlösschen der früheren Filmunion nebst Waldflächen erworben hatte, in der Kritik. Er kam einer Auflage der Kreisverwaltung nach und baute alles wieder ab.

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