Neue Ombudsstelle zum Schutz von Kindern Hilfe bei Machtmissbrauch

BAD GODESBERG · Die Evangelische Jugendhilfe Godesheim hat eine Ombudsstelle für Fälle der Gefährdung oder Verletzung des Kindeswohls eingerichtet. "Wir sind meines Wissens damit die bundesweit erste Einrichtung mit einer solchen externen Beschwerdestelle speziell für potenziellen Machtmissbrauch, die mit einem unabhängigen internetbasierten Hinweisgebersystem gekoppelt ist", sagt Godesheim-Leiter Klaus Graf.

 Haben das Wohl der Kinder im Blick: Stefanie Lenger (l.), Klaus Graf, Kerstin Rüttgerodt.

Haben das Wohl der Kinder im Blick: Stefanie Lenger (l.), Klaus Graf, Kerstin Rüttgerodt.

Foto: Barbara Frommann

Als Ombudsfrau nimmt eine Bonner Anwältin innerhalb einer neuen mehrstufigen Kinderschutzstruktur alle entsprechenden Hinweise von Kindern, Jugendlichen, Mitarbeitern und Dritten entgegen, prüft den Sachverhalt und leitet im Fall des Falles sofort die nötigen Maßnahmen ein. "Damit kann potenzieller Machtmissbrauch sofort durchbrochen werden", sagt Graf.

Als Web-Portalsoftware für anonyme Hinweise setzt das Godesheim das international renommierte Business Keeper Monitoring System (BKMS) ein. "Damit kann jeder Nutzer sicher sein, dass wir keinen Zugriff auf die Meldungen haben und die Anonymität gewahrt bleibt."

Graf, der auch als Verbandssprecher für 150 Träger mit circa 10 000 Mitarbeitern der Erzieherischen Hilfen in der Diakonie Rheinland/Westfalen/Lippe fungiert, ist stolz auf das Pilotprojekt. Es bietet als niederschwellige Anlaufstelle Vertrauenserzieher und eine Pfarrerin als Jugendbeauftragte. Die Mitarbeiter sind regelmäßig in Fortbildungen und in klar geregelte Dienstanweisungen eingebunden.

Das Konzept steht im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der inzwischen generell umstrittenen Heimerziehung früherer Jahrzehnte. "Wir haben in der Erziehungshilfe insgesamt und ebenso hier bei uns aus den Fehlern, den dunklen Kapiteln der Vergangenheit gelernt und Konsequenzen gezogen", sagt Graf.

Wie berichtet, war zudem 2010 am Godesheim der Fall eines 1975 fristlos entlassenen pädophilen Gruppenleiters bekannt geworden. Seither seien die Vorkommnisse mit den Betroffenen konstruktiv aufgearbeitet worden, bestätigt Graf. Sie hätten im Dialog mit ihm die Akten eingesehen und in einem Fall auch rechtliche Hilfe angenommen. "Wir haben ermittelt, dass der Täter, der damals von uns angezeigt wurde, verurteilt wurde und, so weit wir wissen, nie wieder im Jugendbereich arbeiten durfte."

Seit das Godesheim durch den Fall von 1975 erschüttert wurde, seien intern sofort mit Hochdruck weitere Kinderschutzmaßnahmen aufgebaut worden, berichten nun Stefanie Lenger und Kerstin Rüttgerodt. Man setze die Schlussfolgerungen aus den bundesweiten Runden Tischen "Heimerziehung" und "Sexueller Kindesmissbrauch" in die Praxis um. "Wir stärken bei den Kindern und Jugendlichen immer wieder das Bewusstsein für ihre Würde und die daraus abzuleitenden Rechte", sagt Lenger und berichtet von Mitmach-Projekten, Aktionen und Diskussionen.

Auf bunten, selbst gestalteten Plakaten haben die jungen Leute überall auf dem Gelände ihre Rechte auf Schutz, Beteiligung und Befreiung festgehalten. Man müsse bedenken, dass die Jugendlichen aus benachteiligten Familien, aus Angst, Armut und Gewalt kämen und dass man gerade ihnen erst einmal Teilhabemöglichkeiten aufzeigen, aber auch mögliches fremdgefährdendes Verhalten unterbinden müsse, ergänzt Rüttgerodt. "Denn wir wollen ihnen ja einen sicheren Ort bieten, an dem sie sich wohlfühlen."

Graf legt den neuen Flyer auf den Tisch, den jedes Kind in den nächsten Tagen erhalten wird. "Wenn man Dich verletzt. Wenn Du hilflos bist, wenn Du dringend Hilfe brauchst, dann ruf´ die Ombudsfrau an", steht darin.

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