Godesberger "Café Contact" Hilfe und Selbsthilfe für Flüchtlinge

BAD GODESBERG · "Café Contact" nennen die vier evangelischen Gemeinden in Bad Godesberg ihre Begegnungsstätten. Dort kommen Flüchtlinge mit ehrenamtlichen Helfern in Kontakt, haben aber auch Gelegenheit, sich gegenseitig zu helfen.

 Im "Café Kontakt" des Axenfeldhauses kommen Migranten und Einheimische zusammen, um Flüchtlingen zu helfen: Bayan Wanli (von links), Abdulla Wanli, Bärbel Georgi, Imke Schauhoff und Regina Uhrig.

Im "Café Kontakt" des Axenfeldhauses kommen Migranten und Einheimische zusammen, um Flüchtlingen zu helfen: Bayan Wanli (von links), Abdulla Wanli, Bärbel Georgi, Imke Schauhoff und Regina Uhrig.

Foto: Ronald Friese

Ob das hier das evangelische "Café Contact" ist? Das junge Paar mit dem hellgrünen Flyer in der Hand schaut sich unsicher im Axenfeldhaus um. "Sie sind hier richtig", heißt Kirsten Hüttemann sie auf Englisch willkommen und bittet an einen der mit Adventsgebäck und Getränken gedeckten Tische. Sie seien Syrer, erläutert das Paar vorsichtig. "Dann kann ich Ihnen alles ins Arabische übersetzen", kommt nun Abdulla Wanli herbei.

Der Vater von vier Kindern ist selbst als Flüchtling vor neun Monaten mit Hilfe der evangelischen "Flüchtlingshilfe Syrien" von Christoph Nicolai nach Godesberg gekommen. Von der Erlöser-Kirchengemeinde bekam die Familie eine Wohnung. Helferin Bärbel Georgi, die am Nachbartisch schon andere Besucher berät, hat Gebrauchtmöbel besorgt und bei der Integration der Wanlis geholfen. Jetzt ist der Ingenieur aus Syrien so fit, selbst zu dolmetschen. "Wir wollen die Hilfe, die wir am Anfang bekamen, an Andere zurückgeben", sagt Abdulla Wanli und setzt sich zu dem neuen Besucherpaar aus Syrien.

Seit Mitte November trifft sich hier jeden Montagnachmittag bei Kaffee, Tee und Keksen ein Team von mehr als 15 Ehrenamtlichen der Erlöser-Kirchengemeinde mit Menschen, die Zuflucht suchen. Ein von einer Syrerin gestaltetes Plakat weist auf Arabisch den Weg. Auch Tochter Bayan Wanli, die mit blendenden Deutschkenntnissen eine Regelklasse der Gertrud-Bäumer-Realschule besucht, gehört mit zum Team. "Ich sage den Leuten hier im Café, dass sie zuerst die Sprache lernen sollen. Dann wird alles viel einfacher." Mit Hilfe von Bärbel Georgi habe die Familie anfangs die schwierigen Formulare ausfüllen und wichtige Briefe der Behörden beantworten können. "Jetzt sind wir selbstständig", meint die ehrgeizige Bayan, die einmal Tierärztin werden will.

"Café Contact nennen die vier evangelischen Gemeinden ihre Begegnungsstätten, die für alle Hilfesuchenden wichtige Kontaktbörsen geworden sind", erläutert Imke Schauhoff, die Vorsitzende des Evangelischen Konvents der Godesberger Gemeinden. Zum evangelischen Netzwerk gehörten aber auch die Deutschkurse am Amos-Comenius-Gymnasium, ergänzt Regina Uhrig, Leiterin des Hauses der Familie der Thomas-Kirchengemeinde. Selbstverständlich stünden die Cafés für Menschen aller Religionen und Kulturen offen.

Uhrig schult die ehrenamtlichen Helfer für die nicht immer einfachen interkulturellen Aufgaben. "Es kann ja nicht jeder gleich überall einsteigen. Wir haben schon eine Verantwortung für unsere Flüchtlingshilfe wahrzunehmen." Derzeit bildeten sich auf diese Weise wichtige Strukturen evangelischer Flüchtlingsarbeit von Mehlem bis Friesdorf. "Für die Hilfesuchenden ein Ohr zu haben ist der erste Schritt, den wir eben in allen Ortsteilen mit unseren fünf Cafés gehen", so Schauhoff.

Und welche Hilfen werden gebraucht? Flüchtlingsfamilien suchten oft vergeblich nach Wohnungen, berichtet Kirsten Hüttemann, eine Juristin, die im Café ihr Know-how gut einbringen kann. Auch wenn sie für die Familien bei Maklern anfrage, heiße es meist: "Nichts frei." Erst wenn sie selbst dafür bürge, die Familien weiter zu betreuen, fänden sich freie Objekte. Hüttemann zuckt mit den Schultern.

"Man muss anfangs mit zur Behörde mitgehen oder helfen, dass die Kinder möglichst bald in Schulen aufgenommen werden", erzählt Bärbel Georgi. Natürlich müsse man bei vielen Problemen einen langen Atem haben. "Aber wissen Sie, diese dankbaren Familien sind für mein Leben eine wirkliche Bereicherung."

"Café Kontakt"

Erlöser-Kirchengemeinde: montags 16 bis 17.30 Uhr, Axenfeldhaus, Habsburgerstraße 9; Heiland-Kirchengemeinde: jeden ersten und dritten Montag im Monat, 16 bis 17.30 Uhr, Gemeindehaus, Domhofstraße 45-49;

Johannes-Kirchengemeinde: jeden zweiten Mittwoch im Monat, 15 bis 17 Uhr, Matthias-Claudius-Gemeindehaus, Zanderstraße 51; Thomas-Kirchengemeinde: samstags 11 bis 12.30 Uhr, Jugendraum der Christuskirche, Friesenstraße/Ecke Hohenzollernstraße. Kontakt zu den Cafés: Evangelischer Konvent, Mail: imke@schauhoff.net.

Außerdem öffnet am Sonntag, 13. Dezember, wieder um "5 vor zwölf" das Well-Come-Café der Pauluskirche, In der Maar 7, seine Tür. Karin Schüler und Pfarrer Siegfried Eckert werden über den Sachstand in der Michaelschule informieren, von einer Nachbarschaftsinitiative berichten und auf Entwicklungen 2016 hinweisen. Zudem ist eine Vorstellung persönlicher Initiativen und der Aufbau von Gruppen beabsichtigt zu den Arbeitsfeldern: Sprachförderung, Näh- und Handarbeitswerkstatt, Schrebergarten und Gärtnern, Fahrradfahren und -werkstatt, PC und Kommunikationsaufbau. Das Well-Come-Café ist eine überkonfessionelle, zivilgesellschaftliche Initiative, die offen ist für alle Bürger, die sich in der Flüchtlingsarbeit lokal engagieren wollen.

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