Schnürungen und verwischte Farben Im Godesberger Glaskarree trotz Lockdown Kunst sehen

Bad Godesberg. · Die Doppelausstellung "Linsenpinsel & Schweißbrenner" im Glaskarree Bad Godesberg ist eröffnet. Die Kuntwerke sind trotz der Schließung gut zu sehen.

 Die hölzerne Skyline von Hans-Dieter Heckes ist auch durch das Schaufenster das Glaskarrees zu sehen.

Die hölzerne Skyline von Hans-Dieter Heckes ist auch durch das Schaufenster das Glaskarrees zu sehen.

Foto: Niklas Schröder

Eine Skyline aus Holzstelen und flüchtige Momentaufnahmen aus dem Zug. In ihrer Gemeinschaftsausstellung „Linsenpinsel & Schweißbrenner“ zeigen die Künstler Hans-Dieter Heckes und Thomas Riedel Schnürungen in Stahl und Holz sowie schemenhaft bunte Fotografien. Zu sehen sind die Werke noch bis zum 7. März im Glaskarree des Kunstvereins Bad Godesberg.

Trotz der Massivität des Materials tragen die Skulpturen von Hans-Dieter Heckes (69) bereits die Vergänglichkeit in sich. Die Schnürungen in Stahl und Holz sind auf sich selbst zurückgeworfen, sie sind statisch und stoisch. „Sie greifen nicht in den Raum hinaus, sie ruhen ganz in sich, sind in Stahl und Holz gefestigte Momente“, sagt der Muffendorfer Künstler, der die „Verbindung von Elementen“ und die „Vergänglichkeit“ in seinen Werken thematisiert. So wiesen das rostige Walzblech, die hölzernen Stelen aus Eichenholz und die Nähte aus Rundeisen auf ihren langsamen Verfall hin. „Eisen rostet, es schwindet sehr langsam, für den Betrachter nicht merklich, aber über den langen Zeitraum vergehen auch diese Materialien, obwohl sie hier kaum zerstörbar wirken“, sagt der Künstler. Andere Stelen erinnern an Architekturen wie mittelalterliche Wohntürme, Kirchentürme und Hochhäuser. „Sie können Metamorphosen von Gebäuden sein“, sagt Heckes und deutet auf eine Stelenreihe mit unterschiedlichen Dachformen. In ihren hölzernen Fassaden sind zurechtgebogene Metallklammern waagerecht in gleichen Abständen angeordnet.

„Erinnern die Holzstelen zunächst an altertümliche Gebäude, verfremden die Metallklammern gleichsam das Bild und wirken eher technisch.“  Dieser Widerspruch soll bewusst unterschiedliche Interpretationen beim Betrachter erzeugen, sagt der Künstler. Vom „hölzernen Dom“ hat Heckes Digitalzeichnungen ausgehängt. Neben dem Original leuchten auf drei Leinwänden viele kleine Kirchtürme in unterschiedlichen Farben. „Wenn man sich mit seinen Objekten beschäftigt, nutzt man auch mal anderen Möglichkeiten, um sich auszudrücken“, sagt der Künstler. Nimmt der Baustahl bei den Gebäude-Skulpturen eine eher gliedernde Funktion ein, wird das Metall beim Klötzchen-Turm und den Stahlreliefs zum Verbinden genutzt. „Der Baustahl hält viele meiner Skulpturen zusammen. Er ist das Material, was für die Festigkeit steht“, erklärt Heckes, der vor seiner Rente hauptberuflich im Amt für Denkmalpflege gearbeitet hatte. Besondere weltpolitische Ansichten wolle er mit seinen Werken aber nicht vermitteln, betont der Künstler. „Es macht mir einfach Spaß, mich mit Holz und Stahl zu beschäftigen.“

Die Flüchtigkeit des Moments, festgehalten mit der Kamera aus einem fahrenden Zug, das zeigt Thomas Riedel in seinen Bildern. „Ich bin viel mit den Zügen in Deutschland unterwegs und ich will mit meinen Aufnahmen etwas festhalten, was ich bei der Zugfahrt vorbeiziehend im Augenwinkel sehe und was mich den Kopf drehen lässt.“ Das können Gestalten, Farben und Umrisse sein, führt der Künstler aus. „Zum Beispiel einzelne Menschen auf Bahnsteigen, die gerade eine Reise antreten.“ Drückt Riedel dann auf den Auflöser, verschwimmen die Motive in unterschiedliche Farben, die nur noch schemenhaft zu sehen sind.

Besonders die drei Zyklen Menschen, Architektur und Landschaft berücksichtigt der Fotograf in seinen Arbeiten. „Ich finde es spannend, was die Geschwindigkeit mit den Umrissen machen kann. Einzelne Bäume, Laternen und Menschen lösen sich quasi auf.“ Nachträglich bearbeiten würde er seine Bilder aber nicht, sagt Riedel. „Die Verwischungen, Licht- und Farbeffekte entstehen durch die Belichtungszeiten und durch die Spiegelungenen im Fenster sowie durch die Bewegung selbst“, sagt der Wachtberger. Gerade Bahnhofsmotive seien die spannendsten, denn hier gebe es immer viel zu entdecken. Die Bahnhöfe aus Mannheim, Berlin, Frankfurt und Leipzig sollen auch in der Ausstellung zu sehen sein. „Die verwischten Farben lassen Details herausragen. Man muss nur genau hinschauen. Zerfallen in unterschiedliche Lichter, wandelt sich die Flüchtigkeit in ein farbiges Kunstwerk, das Bestand hat und gleichzeitig Bewegungen zum Ausdruck bringt. Die Zeit im Bild wirkt nicht eingefroren, sondern heiter und gelöst, schwingt im Raum und dehnt sich dahin aus“, beschreibt der ehemalige Arzt, dessen Bilder auch schon in Resita (Rumänien), Grenada (Spanien), Leipzig, Ancona (Italien) und am Bodensee ausgestellt wurden.

„Dadurch, dass wir die Ausstellung komplett von innen nach außen konzipiert haben, können Spaziergänger die Werke rund um die Uhr durch die Fensterscheiben sehen“, sagt Jürgen Laue vom Kunstverein Bad Godesberg. Wegen der Corona-Pandemie waren die Maßnahmen erstmalig bei der vorherigen Kunstaustellung eingeführt worden. Mit großem Erfolg, wie der Vorsitzende nun berichtet, denn immer mehr Passanten seien vor dem Glaskarree stehen geblieben und hätten die Werke bestaunt. „Unter dem großen Publikum waren auch Neulinge, die zuvor noch nicht im Glaskarree waren und jetzt einige Werke gekauft haben“, sagt Laue. Demnach soll das neue Konzept auch nach Corona weiterhin im Einsatz sein.

Die Ausstellung „Linsenpinsel & Schweißbrenner“ ist noch bis 7. März im Glaskarree, Burgstraße 85, zusehen. Ein Video zu den Künstlern und ihren Werken gibt es unter www.kunstverein-bad-godesberg.de

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