Pfarrer Eckert vor Abschied aus Bad Godesberg „Im Kirchenkreis hätte ich mir mehr Offenheit gewünscht“
Bad Godesberg · Er hat Glaubensbücher geschrieben, bundesweite Dialoge gefördert und Promis in der Kirche präsentiert: Mit Siegfried Eckert nimmt Ende Oktober ein „Macher“ unter Bonns Pfarrern Abschied von Bad Godesberg. Vor dem Wechsel nach Leverkusen spricht er über Licht und Schatten seines 17 Jahre langen Wirkens im Bonner Süden.
Eines wird man Pfarrer Siegfried Eckert, der am 1. November von der Godesberger Thomas-Kirchengemeinde ins neue Pfarramt an die Leverkusener Stadtkirche wechselt, auf keinen Fall absprechen können: Der Mann hat Charisma. Seit 17 Jahren in Friesdorf, hat er es verstanden, die dortige Pauluskirche zu einem, wie er es selbst ausdrückt, „idealen Begegnungsort“ zu entwickeln. Zu Eckerts kabarettistischen Glaubenswochen mit prominenten Künstlern und zu „Soul-Preacher-Nights“ pilgerten über die Jahre Scharen von Menschen aus der gesamten Region.
Der 1963 in die Münchener Diaspora hineingeborene Protestant verstand es eloquent, auch Kirchenferne an ein Gotteshaus zu binden. Begegnungen der besonderen Art gelangen Eckert auch nach Ausbruch des Missbrauchsskandals des jesuitischen Aloisiuskollegs: In Bad Godesberg öffnete sich 2014 nur seine Pauluskirche den Opfern und ihren hiesigen Familien zum Gedenkabend. Es flossen viele Tränen.
Interreligiöse Bildung für junge Menschen
Eckert hat gut lesbare Glaubensbücher auf den Markt gebracht, etwa „Gott in den Ohren liegen“ (2008), „Demut“ (2015) oder „Blaulichtgebete“ (2022). Im Reformationsjahr 2017 schaffte er es, im Telekom Dome unter dem Motto „Luther – teuflisch gut“ mit begeisterten 5.000 Besuchern die in Deutschland größte Jubiläumsshow auf die Bühne zu bringen. Was den Pfarrer ab 2019 zum Aufbau des bundesweiten „Forums Reformation“ inspirierte. Obwohl in Corona-Zeiten eine Art „Pandemieopfer“, versuche das Forum derzeit, in Kooperation auch mit einer Berliner Moschee für junge Menschen interreligiöse Bildungsangebote zu entwickeln, erläutert Eckert. „Gerade in krisenhaften Zeiten braucht es mehr Miteinander, mehr Bereitschaft zu echter Veränderung.“
Auch im Rundfunk war und ist Eckert gefragt. Kürzlich berichtete er in „Kirche im WDR“ darüber, dass auch er das Gefühl kenne, „in die Knie gezwungen“ zu sein, sodass er sich eine Auszeit habe nehmen müssen. Auslöser seien unter anderem „langjährige berufliche Konflikte“ gewesen. Hier spielt offenbar die Krise der Thomas-Kirchengemeinde mit hinein, in deren Folge, wie berichtet, 2021 das Presbyterium die Leitung einem Bevollmächtigtenausschuss übergeben musste. Im GA-Gespräch nennt Eckert Gründe dafür, dass auf der Leitungsebene „nicht alles gelang“: Es habe Personalprobleme gegeben, dazu das Erbe einer Gemeindefusion der Bezirke Friesdorf und Plittersdorf, „die mehr Vernunftehe als Liebesheirat" gewesen sei, und „den Dauerbrenner Thomaskapelle“. Wie berichtet, wurde dieses dritte Gemeindezentrum nahe der Amerikanischen Siedung kürzlich stillgelegt.
Bedauern für Schließung eines Kindergartens
„Mit viel Beharrlichkeit, Engagement und Ideenreichtum versuchte ich, mein Bestes zu geben“, beschreibt Eckert seine eigene Rolle. Mit der Gründung der Thomasstiftung und des Godesberger Konvents aller evangelischer Gemeinden, mit dem Anbau des Friesdorfer „Kulturcafé Selig“ und der Rettung aller drei Gemeinde-Kindertagesstätten (Kitas) durch Trägerwechsel in die Gemeinnützige Evangelische Gesellschaft für Kind, Jugend und Familie (KJF) sei er mit anderen bemüht gewesen, „die Weichen in Richtung Zukunft zu stellen“. Zum nun doch drohenden Ende der Kita Thomaskapelle sagt Eckert: „Die bevorstehende Schließung eines Kindergartens bedauere ich sehr.“
Kassensturz betreibt er auch in Bezug auf sein Engagement auf höherer Ebene: „Im Kirchenkreis hätte ich mir mehr Offenheit gewünscht und eine Fusion mit Bonn vorstellen können.“ In der Landeskirche habe er als Mahner agiert, der die Sicht der Gemeinden und die Notwendigkeit des Pfarrberufes betont habe. „Meine Frage bleibt: Wie können wir eine glaubwürdige, weltoffene Kirche nahe bei den Menschen sein?“ Am meisten bewegt habe er aber wohl vor Ort, zeigt er sich selbstkritisch. „Nach oben wurden die Windmühlen immer größer.“ Aber beseelt habe ihn ohnehin das Alltägliche: die Gottesdienste, Predigten, Konfirmationen, Seelsorgegespräche und Beerdigungen.
Eckert hinterlässt fruchtbare Arbeitsfelder
Wenn er nun mit einem rheinischen „Leve wohl“ und einem bayerischen „Pfui di Gott“ auf eine Dreiviertelstelle nach Leverkusen wechsele, hinterlasse er mit engagierten Friesdorfern eingerichtete fruchtbare Arbeitsfelder: die Flüchtlingshilfe, die Initiative „Paulus for Future“ und die Spendenaktion für eine Photovoltaikanlage auf dem Kirchdach. „Ich wünsche dem neuen Presbyterium ein gutes Händchen im Bereich der Jugend-, Küster- und Seniorenarbeit, dem Haus der Familie weiteren Bestand und den Menschen an den Hecken und Zäunen weiterhin viele Anlässe, diese Gemeinde aufzusuchen“, sagt Eckert.
Am Samstag, 29. Oktober, wird ab 17 Uhr in der Pauluskirche sein Abschiedsgottesdienst gefeiert. Um 19 Uhr startet ein musikalisches „Oktoberfest“. Seine vorerst letzte Bonner Predigt hält Eckert am Reformationstag, 31. Oktober, ab 19 Uhr in der Erlöserkirche. Danach ist ein Empfang geplant.