Bodybuilding in Bad Godesberg Im Studio die Muskeln spielen lassen

Bad Godesberg · Die 16-jährige Jeanne Kassel hat erstmals an Deutschen Meisterschaften im Bodybuilding teilgenommen. Sie bricht eine Lanze für ihren Sport und wendet sich gegen einseitige Darstellungen in den Medien.

 Bodybuilderin Jeanne Kassel trainiert bis zu fünfmal die Woche im Fitnessstudio in der Fronhofer Galeria.

Bodybuilderin Jeanne Kassel trainiert bis zu fünfmal die Woche im Fitnessstudio in der Fronhofer Galeria.

Foto: Friese

Es waren negative Schlagzeilen über andere, die Jeanne Kassel veranlasst haben, selbst in die Öffentlichkeit zu gehen. Die 16-jährige Bad Godesbergerin hatte sich maßlos darüber geärgert, dass es Ende 2016 am Rande einer Bodybuilding-Veranstaltung in Rheinbach zu einem gewalttätigen Zwischenfall gekommen war. Aber auch darüber: „Die Medien berichten nur über unseren Sport, wenn es um Zwielichtiges geht.“ Sie benutzt das Wort Sport, ohne zu zögern, denn seit rund 1,5 Jahren ist Jeanne selbst Bodybuilderin. „Schließlich trainiere ich hart und tue etwas für meine Gesundheit“, begründet das die Schülerin der Elisabeth-Selbert-Gesamtschule. Von Kraftsportexperten, wie dem Kölner Professor Stephan Geisler, bekommt sie recht: „Sport misst sich am Training und am Wettkampf.“ Beides sei hier gegeben.

Ballett, tanzen im Karnevalsverein, viel Rad fahren – das Leben von Jeanne war auch vor Oktober 2015 nicht vom Rumsitzen geprägt. „Aber ich wollte eine etwas sportlichere Figur haben.“ Im Fitnessstudio in der Fronhofer Galeria erhielt sie ihren ersten Trainingsplan mit Geräten und Kursen. Die Geräte gehörten fortan dreimal die Woche zu ihrem Leben. Unter Beobachtung der Trainer und der anfangs besorgten Mutter. „Sie wollte das eigentlich schon früher, aber mir war wichtig, dass sie ein gewisses Alter hat“, sagt Maresa Kassel, die dasselbe Fitnessstudio besucht. Schwere Gewichte seien ein Tabu gewesen, alle hätten darauf geachtet, dass ihre Tochter rückengerecht und nicht gelenkschädigend trainiert. „Schließlich soll sie ja nicht in 20 Jahren Probleme haben“, betont die Mutter.

Bodybuilding als Wettkampf

Irgendwann, so Jeanne, sei die Idee geboren, an Wettkämpfen teilzunehmen. In der sogenannten Bikini-Klasse, in der es im Gegensatz zur Physique-Klasse eher auf schöne Körper als Muskelberge ankomme. Warum aber misst sich die Elftklässlerin halbnackt mit anderen auf der Bühne? „Zum einen, weil es wirklich noch weiblich aussieht, zum anderen will man präsentieren, was man geleistet hat“, erzählt die Nachwuchs-Bodybuilderin. Die Leistung besteht nicht nur darin, in der Vorbereitung bis zu fünfmal in der Woche mindestens eine Stunde im Studio an Bizeps, Beinen, Schulter oder Rücken zu schuften. Es geht auch um Verzicht. „Ich habe fünf Monate lang Diät gehalten und bin wenig mit Freunden unterwegs gewesen.“

Der Essensplan ist schnell erzählt. Morgens Porridge, mittags ein Quark mit einem Apfel, abends zum Beispiel Hähnchen mit Gemüse, plus Proteinpulver, das den Muskelabbau verhindert. Die 16-Jährige gibt zu, dass sie manchmal Magenknurren in der Schule hatte: „Aber ich musste das tun, um überschüssiges Fett loszuwerden.“ Eine Woche vorher wurde viel, ab dann nur noch wenig getrunken. Gesund klingt das nicht, und Mutter Maresa bestand auf die regelmäßige Kontrolle der Blutwerte. Acht Kilo nahm Jeanne ab, wog zuletzt vor den Wettkämpfen 55 Kilo bei 1,72 Meter. „Für die Bühne ist das okay, aber für den Alltag ist's mir zu dünn“, sagt die Sportlerin selbst. In eben jenem Alltag könnte man sie – sommerlich gekleidet – für eine Triathletin halten, mit den wohl definierten Armen und gut trainierten Beinen.

Auf der Bühne aber tritt die Sanduhr-Figur zutage: Schulter breit, Taille schmal, Beine muskulös. „Die Beine sind mein Schwachpunkt, das hab ich auf der Deutschen Meisterschaft gemerkt.“ Bei ihrer Premiere dort belegte sie Ende April in der Klasse über 1,69 Meter den zwölften von 15 Plätzen. „Es war eine Erfahrung“, bewertet die angehende Abiturientin den Saisonabschluss. Nächstes Jahr will sie wieder angreifen, allerdings weiterhin ohne die Unterstützung illegaler Substanzen: „Ich will sagen können, das habe ich geleistet.“ Deshalb tut es ihr weh, dass Doping immer mit Bodybuilding in Verbindung gebracht wird. „In anderen Sportarten geschieht es auch und diese sind trotzdem anerkannt.“

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