Ausstellung thematisiert Corona-Zeit In Bad Godesberg wird Toilettenpapier zum Kunstwerk

Bad Godesberg · Klima, Corona und Krieg: In der Ausstellung „Ver-rückt“ im Haus an der Redoute in Bonn-Bad Godesberg bringen 22 Künstler ihre Gefühle zum Ausdruck. Ein wichtige Rolle dabei spielt Klopapier.

 Ihre Kunstwerke haben Irmgard Hoffmann (r.) und Gitta Büsch „Corona Paper“ (vorne) und „Waffenruhe“ genannt.

Ihre Kunstwerke haben Irmgard Hoffmann (r.) und Gitta Büsch „Corona Paper“ (vorne) und „Waffenruhe“ genannt.

Foto: Axel Vogel/AXEL VOGEL

Im Haus an der Redoute hängen lange bunte Papierstreifen von den Wänden. „Meine Installation ‚Corona Paper’ arbeitet aus aktuellem Anlass mit einer im März und April begehrten, weil knappen Ware: mit Toilettenpapier“, erläutert die Godesberger Künstlerin und Galeristin Irmgard Hofmann.

Für die am Mittwoch von Bezirksbürgermeister Christoph Jansen eröffnete Ausstellung „Ver-rückt“ des Bundesverbands Bildender Künstler (BBK) hat Hofmann schmale Papierstreifen zu Fahnen gehängt. Pflanzenmotive sind darauf zu entdecken, schwarz-rot-goldene Deutschlandstreifen genauso wie Zeitungsschnipsel von Nachrichten aus dem GA und Schriftzüge mit großen Lettern, die das Signal „kostbar!“ setzen.

Vor einem Spiegel hat derweil die Godesberger Bildhauerin Gitta Büsch ihr Tonobjekt „Waffenruhe“ platziert, so dass sich die Vorder- und Rückseite der drei Teile im ständigen Dialog befinden. „Die Tauben in verschiedenen Händen und der geteilte Kopf mit geschlossenen und mit offenen Augen sollen auf den Schrecken des Krieges hinweisen“, erklärt Büsch. Warum der Tonkopf geteilt ist? Das zeige die Angst vor der Zukunft, die jeder Flüchtende empfinde, antwortet Büsch.

Sie gehört mit Hofmann zum Organisationsteam der Ausstellung, die Akteure aus Bonn, Aachen, Düsseldorf und Siegen vereint. Unter dem Titel „ver-rückt“ zeigen sie nacheinander in allen vier Städten Arbeiten, in denen sie sich im weitesten Sinne mit der aktuellen politischen Lage auseinandersetzen.

Sie wollen auch über den eigenen Tellerrand blicken. „Die Klimakatastrophe ist auf dem Vormarsch, Menschen führen Kriege, Tiere werden in riesigen Fabriken gehalten“, so Hofmann und Büsch. Nicht zuletzt durch die Globalisierung würden Tiere, Menschen und die Umwelt „ver-rückt.“

Und schließlich habe auch die Coronakrise Auswirkungen auf das Leben von Millionen Menschen, auch auf das von Künstlern. Sie seien froh, wieder auszustellen. „Wir sind doch alle hungrig nach Kunst, Theater, Literatur und Musik“, sagt Hofmann. Durch die städteübergreifende Perspektive würden sie sich endlich wieder austauschen.

Im Haus an der Redoute sind nun Werke von 22 Künstlern zu sehen. Hier einige Beispiele von Bonnern: Da hängt an der Holzkreuzinstallation „Sehen und gesehen werden“ von Maria Kontz Jesus Christus auf dem Handy-Display. Die vier „Taue der Weltmeere“, die Anja Kleemann-Jacks unter Glasglocken zeigt, leuchten blau, rot, türkis und beige herüber. Das Ganze entpuppt sich als Treibgut, in das sich Reste von Kinderschaufeln und Federbälle verstrickt haben. Im Pastellbild „Bürgerkrieg Jugoslawien“ von Gerhard Geiß verschwimmen blutdurchtränkte Kleidungsstücke und Leichenteile zu einer grausigen Landschaft. Und der rabenschwarze, aus einem Fahrradinnenschlauch geformte „Pechvogel“ von Johanna Siegberg-Kinast schaut den Betrachter ölverschmiert mit von Plastik zerstochenen Augen an. Ganz sicher ist die Welt hier „ver-rückt“.

„Ver-rückt“ im Haus an der Redoute, Kurfürstenallee 1b, Besuch mit Mundschutz und unter Beachtung der Abstandsregeln mittwochs bis sonntags von 14 bis 18 Uhr. Auf der Internetseite bbk-bonn.de ist ein Video der internen Vernissage zu sehen. Von Samstag bis Sonntag, 5. bis 27. September, wird eine zweite Auswahl von Werken im Glaskarree des Kunstvereins Bad Godesberg gezeigt.

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