Nach Weggang von Pfarrer Wolfgang Picken Interview zur Zukunft der Bürgerstiftung Rheinviertel

Picken wird Stadtdechant von Bonn und gibt damit auch den Vorsitz der Bürgerstiftung Rheinviertel ab. Wir sprachen dazu mit der Kuratoriumsvorsitzenden Friederike Sträter und dem stellvertretenden Vorsitzenden Hanns-Christoph Eiden.

Was bedeutet es für die Bürgerstiftung, dass Pfarrer Wolfgang Picken den Vorsitz der Stiftung aufgibt?

Hanns-Christoph Eiden: Es ist eine große Herausforderung, wenn der Gründer einer Stiftung nach so langer Zeit geht. Der Pfarrer war der Motor, der Initiator, der viele visionäre Punkte eingebracht hat. Sein Weggang verändert viel.

Friederike Sträter: Es ist ein tiefer Einschnitt, aber die Projekte sind autark aufgestellt. Wir haben verantwortungsvolle Persönlichkeiten, so dass die Arbeit genauso weitergehen wird. Aber wir müssen im Vorstand und im Kuratorium die Schwerpunkte anders aufteilen. Dr. Picken hat ja schon viele Aufgaben übernommen, die jetzt von anderen bearbeitet werden müssen.

Was verändert sein Weggang?

Eiden: Er hinterlässt eine große Lücke, die wir füllen müssen. Das verändert Positionen. In einem guten halben Jahr werden wir zudem sehen, wie der neue Vorsitzende seine Charismen in die Stiftung einbringt. Er wird eine andere Persönlichkeit sein und sich auf seine Weise einbringen. Dann werden sich Dinge wieder ändern. Es ist eine kontinuierliche Entwicklung, der wir uns aber stellen.

Wie geht es weiter, bis am 1. September der Nachfolger von Pfarrer Picken seine Arbeit aufnimmt? Der Pfarrverweser kann sich in einem halben Jahr ja nicht so tief in die Stiftung einarbeiten.

Eiden: Es muss laufen, und es wird laufen. Wir haben auch bisher schon eigenständig gearbeitet.

Sträter: Ich bin sehr zuversichtlich, dass es auch in der Zeit des Übergangs so positiv weitergeht wie bisher.

Haben Sie Sorge, dass Geldgeber oder ehrenamtliche Helfer Pfarrer Picken nach Bonn folgen werden?

Sträter: Man kann es nie ausschließen, aber ich glaube es nicht. Diejenigen, die hier ehrenamtlich arbeiten, sind sehr im Rheinviertel verhaftet. Ich habe mich der Stiftung auch nicht angeschlossen, weil es Dr. Picken gab, sondern weil die Projekte klasse sind. Die bleiben, und der Bedarf wird wachsen.

Eiden: Am Anfang hat der Pfarrer durch seine Persönlichkeit Menschen gewonnen. Aber dann ist das Wir-Gefühl, das er in seinem Buch beschreibt, entstanden. Wir in diesem Viertel, wir gestalten unsere lokale Gesellschaft. Das ist das was bleibt. Es schmälert seine Leistung nicht, es zeigt nur, dass wir erreicht haben, was er immer wollte. Er wollte dieses Wir-Gefühl entwickeln.

Wird es im Vorstand oder Kuratorium weitere Änderungen geben?

Eiden: Ich könnte mir vorstellen, dass der jetzige Vorsitzende künftig einen Platz im Kuratorium hat.

Sträter: Ich denke, dass es keiner Mühe bedarf, ihn zu diesem Wechsel zu motivieren. Weitere Änderungen sehe ich nicht.

Welche Projekte stehen bei der Bürgerstiftung derzeit an?

Eiden: Die Neugestaltung des Außengeländes des Margarete-Winkler-Kindergartens. Das ist ein wichtiges Vorhaben. Es ist toll, was für die Kinder dort gemacht wird. Außerdem planen wir, in den nächsten Monaten ein Projekt aufzusetzen, bei dem Familien begleitet werden, die demente Angehörige haben und betreuen.

Sind weitere Projekte geplant?

Eiden: Unsere Projekte sind ja an sich schon groß und vielfältig. Ziel ist nicht, immer Neues auf die Beine zu stellen, sondern nachhaltig zu arbeiten. Das ist eine bleibende Herausforderung.

Sträter: Man muss sehen, dass alles finanziert werden muss. Derzeit sind wir gut aufgestellt, Stiftungskapital ist da. Aber die Zinsen sind nicht gut, deshalb sind wir weiterhin stark auf Spenden und auch Benefiz-Veranstaltungen angewiesen.

Könnte man die Bürgerstiftung Rheinviertel ausweiten?

Eiden: Wenn Menschen anderswo sagen, dass sie das auch machen möchten, freuen wir uns natürlich. Wir expandieren geografisch aber nicht von uns aus. Wenn anderswo etwas wächst, dann beraten wir gerne. Das haben wir in der Vergangenheit schon gemacht. Das gute Beispiel hat auch bereits gestreut.

Sträter: Man ist generell stark in seinem Viertel verhaftet. Es wäre schwer, die Menschen um uns herum zu motivieren, zum Beispiel etwas in Richtung Bonn oder Beuel zu machen. Die würden zu Recht fragen: Warum?

Was waren Ihre Motive, bei der Bürgerstiftung mitzumachen?

Sträter: Die Arbeit vor der eigenen Tür, das Generationenübergreifende und die christliche Prägung

Eiden: Unsere Kinder waren in einer Kita, die die Kirchengemeinde abgeben wollte. Ich war im Kirchenvorstand, wollte aber auch als Bürger aktiv werden. In fast jeder Predigt sprach der Pfarrer dann von einer möglichen Stiftung. Ich habe ihm, ganz Jurist, gesagt: Wenn Sie so eine Stiftung wollen, brauchen Sie eine Satzung. Seine Antwort: Dann schreiben Sie eine. Das habe ich gemacht.

Hätten Sie damals gedacht, dass die Stiftung einmal so groß wird?

Eiden: Nein. Pfarrer Picken vielleicht eher. Das ist das Visionäre, was ich meinte. Es kamen immer mehr Leute dazu, quer durch alle Schichten. Wir haben uns dennoch zwischendurch gefragt, ob wir es schaffen. Und dann haben wir gesehen, dass es geht.

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