Gespräch mit Bilal Itani "Inzwischen ist das ganze Jahr Saison"

BONN · Die Botschaft von Katar holt bis zu 800 Patienten im Monat nach Europa, rund 180 von ihnen nach Bonn, die mit drei bis fünf Begleitpersonen kommen.

 Bilal Itani arbeitet in der Botschaft von Katar.

Bilal Itani arbeitet in der Botschaft von Katar.

Foto: Ronald Friese

Neben den Behandlungskosten zahlt der Staat für einen Patienten mit zwei Begleitern auch 4000 Euro Taschengeld pro Woche für Unterbringung und Verpflegung. Die meisten Gäste bleiben drei Monate. Bilal Itani spricht sehr offen über das, was die rund 70 Mitarbeiter des Medizinischen Büros in der Bonner Botschafts-Außenstelle organisieren. Sie arbeiten dabei direkt mit dem Gesundheitsministerium zusammen.

Der gebürtige Libanese Itani hat bereits für verschiedene Botschaften und als Dolmetscher im Gesundheitsbereich gearbeitet. Seit zwei Jahren kümmert er sich um die Patienten aus Katar. "Es gibt dort tolle Krankenhäuser, aber das Gesetz sagt: Was nicht in Katar heilbar ist, schicken wir ins Ausland", erklärt Itani. Die Patienten gehen zuerst in ihrer Heimat zum Arzt, der einen Bericht schreibt. Die Befunde werden im Gesundheitsministerium überprüft. Viele Patienten stellen direkt einen Antrag auf Auslandsbehandlung, denn das Vertrauen, besonders in die deutschen Ärzte, ist groß.

"Von 800 Patienten im Monat sind 650 bis 700 in Deutschland", sagt Itani. Das Bonner Büro kümmert sich Behandlungsorte in ganz Europa, schickt auch Patienten nach Barcelona oder Paris. Für Aufenthalte in der Region Köln/Bonn organisiert die Botschaft auch Dolmetscher und Fahrer. Für alles, was außerhalb liegt, wird damit eine Firma beauftragt.

Nach Bonn kommen bereits Familien, deren Eltern und Großeltern schon hier behandelt wurden. Hier greift auch bei den Gästen aus Katar die lange Hauptstadttradition. Die Auswahl des geeigneten Behandlungsortes ist von Fall zu Fall verschieden: Ein Patient fragt nach einem konkreten Mediziner in München, ein anderer nennt nur eine Region als Ziel. Dann soll die Botschaft den passenden Arzt suchen.

"Wir nehmen nur Krankenhäuser, die uns gute Termine geben", berichtet der Botschaftsmitarbeiter. Wer die Patienten aus Katar schlecht behandelt, egal ob Wohnungsvermieter oder medizinische Einrichtung, komme auf eine "schwarze Liste". Gegen allgemeine Anfeindungen helfe das nicht, aber die hätten seine Patienten "in Bonn - Gott sei dank - noch nicht erlebt", sagt Itani.

Saison für Medizintourismus sei inzwischen das ganze Jahr. "Es ist schwieriger geworden, Genehmigungen für Auslandsbehandlung zu bekommen. Die Patienten fahren, wenn sie die erhalten haben", so der Experte. Im Sommer kämen vor allem Familien mit Kindern, die die zwölfwöchigen Ferien nutzten. Das Erfolgsrezept des deutschen Gesundheitswesens ist laut Itani, "dass jeder eine Sache macht, und die richtig. Bei uns will auch jeder Arzt das Auto selbst reparieren."

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