Kirchenkreis Bad Godesberg/Voreifel „Jeder soll lieben, wen er möchte“

BAD GODESBERG · Die Evangelische Kirche im Rheinland erlaubt seit Kurzem die Trauung homosexueller Paare. Die Synode der Evangelischen Kirche im Rheinland hat das entschieden. Voraussetzung sei die Eingetragene Lebenspartnerschaft, erläutert Mathias Mölleken, Superintendent des Kirchenkreises Bad Godesberg-Voreifel.

 Superintendent Mathias Mölleken

Superintendent Mathias Mölleken

Foto: Roland Kohls

Oliver Ploch hat nach dem Gottesdienst schon einige gleichgeschlechtliche Menschen gesegnet, „die sich in unserer Christuskirche wohlfühlen.“ Der evangelische Pfarrer hat aber auch im Gottesdienst schon zwei homosexuellen Paaren den Segen gespendet, auch wenn das auswärts stattfand. „Die beiden Männerpaare kamen beide nicht aus der Gemeinde. Sie wandten sich an mich, weil sie mich kannten.“ Es habe sich um „richtige Gottesdienste mit größerem Fest“ gehandelt, so Ploch. Dabei habe er sich ganz an der klassischen Trauung orientiert. Denn es sei doch bislang „eine liturgisch und theologisch fragwürdige Forderung“ der Kirche gewesen, dass sich diese Gottesdienste von Trauungen unterscheiden sollten, meint Ploch.

„Es war nicht nur eine versteckte Diskriminierung, sondern auch ein Problem für uns Pfarrer, die gar nicht wussten, wie sie den Unterschied kenntlich machen sollten.“ Äußerlich sei das natürlich für alle sichtbar gewesen: „Zwei Männer oder zwei Frauen sehen eben anders aus als zwei Heteros“, führt Ploch aus. In der Liebe, im Versprechen, im Ringwechsel und in der Segenshandlung sei aber doch auch bei den bisherigen Segnungen alles gleich gewesen. „Was hätte man da anders machen sollen?“ Ploch zuckt mit den Schultern.

Ab sofort kann der Godesberger Pfarrer wie alle seine Kollegen ganz selbstverständlich auch gleichgeschlechtlich Paare trauen. Nun werden alle Trauungen als Amtshandlung auch in die Kirchenbücher eingetragen. Und das gilt auch rückwirkend: Wer von einer gottesdienstlichen Begleitung Gebrauch gemacht hat, sollte möglichst innerhalb von drei Jahren eine Gleichstellung beantragen.

Pfarrer könnten aber auch die Trauung Homosexueller aus Gewissensgründen ablehnen. „Und haben Presbyterien vor 15 Jahren die Durchführung gottesdienstlicher Begleitungen von Lebenspartnern abgelehnt, können sie diesen Beschluss auch jetzt aufrechterhalten“, so Mölleken. In beiden Fällen müssten Gemeindeleitung und Superintendenten aber dafür sorgen, dass die Trauung in einer anderen Kirchengemeinde stattfindet. „Das wäre dann hier meine Aufgabe. Und das will ich gerne mit ermöglichen.“ Er habe Respekt vor der Gewissensentscheidung jedes Kollegen. „In Fragen der Homosexualität besteht exegetisch kein Konsens, sondern ein unterschiedliches Bibelverständnis und verschiedene theologische Zugänge,“ gibt Mölleken zu.

Für ihn sei die Gleichbehandlung jedoch die logische Folge des staatlichen Gesetzes. Es gehe um Menschrechte und das Ende der Diskriminierung. „Und in einer Trauung feiern wir die Beziehung, die Liebe zwischen Menschen. Daher habe ich auch auf der Synode für die Gleichstellung gestimmt.“ Gibt es Widerstand gegen die Neuerung in den 13 Gemeinden? „Das kann ich nicht vorhersagen. In den letzten 15 Jahren hat aber keine gegen die gottesdienstliche Begleitung votiert“, antwortet Mölleken. Im Gegenteil: Auch das Presbyterium in Weilerswist habe befürwortet, Segnungen homosexueller Paare im Falle einer Anfrage durchzuführen.

Aber was wird nun ganz praktisch anders sein als bei bisherigen Segnungen? Der Gottesdienst gelte als Amtshandlung. Oliver Ploch: „Das ist gut so. Aber kein gewaltiger Unterschied.“ Die Landessynode habe seiner Meinung nach eine Selbstverständlichkeit beschlossen, die noch ausstand. „Und das wird niemanden vom Hocker reißen“, meint Ploch nüchtern. Denn viele Schwule und Lesben hätten ihrer Evangelischen Kirche schon in den letzten Jahren das Ringen um Anerkennung und Gleichberechtigung nicht gedankt. „Entweder, weil sie sich insgesamt vom Thema Kirche, Glaube, Religion verabschiedet haben oder weil sie die Evangelische Kirche für Positionen in Mithaftung nehmen, die eigentlich römisch-katholisch sind“, meint Ploch. Deshalb rechne er nun auch nicht mit einem Zuwachs von Anfragen. Denn allgemein nehme auch die Frage nach Trauungen ab. „Paare scheuen heute die Verbindlichkeit des Versprechens oder auch den Aufwand eines großen Festes“, bedauert es der Pfarrer. Vielleicht erzeugten da auch die Hochzeitsshows im Fernsehen zu viel Druck. „Dabei bekommt man eine Hochzeit bei uns auch nur für sich allein: ohne Gäste, Kutsche oder Schloss.“

Und gibt es Widerstand in seiner Gemeinde für seine liberale Position? Ploch schüttelt den Kopf. „Wenn jeden Sonntag bis 300 Gläubige zum Gottesdienst kommen, weiß ich natürlich nicht, wie jeder persönlich über dieses Thema denkt.“ Doch im persönlichen Gespräch spüre er stets das „Rheinische“ seiner Gemeindeglieder: „Jeder Jeck ist anders und soll lieben, wen er möchte.“

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