Kritisierter Erzbischof Kardinal Woelki firmt Jugendliche in Bad Godesberg

Bad Godesberg · Rainer Maria Kardinal Woelki spendet den 28 Firmlingen von St. Marien und St. Servatius den Segen. Kritiker an seiner Aufarbeitung von Missbrauch im Erzbistum und an seiner Personalpolitik halten aus Respekt für die Familien und das Fest offensichtlich still.

 Kardinal Rainer Maria Woelki, Erzbischof von Köln, bei einer Pressekonferenz des Erzbistums Köln. Dem Fotografen des General-Anzeigers wurde die Teilnahme an der Firmung versagt.

Kardinal Rainer Maria Woelki, Erzbischof von Köln, bei einer Pressekonferenz des Erzbistums Köln. Dem Fotografen des General-Anzeigers wurde die Teilnahme an der Firmung versagt.

Foto: dpa/Oliver Berg

Einerseits herrschte vor dem Firmgottesdienst an diesem Sonntagmittag in der katholischen Kirche St. Marien wie in jedem Jahr freudige Stimmung: 28 Familien der Gemeinde St. Marien und St. Servatius schickten ihre Kinder zur Spendung des Firmsakraments. Andererseits war eine besondere Spannung spürbar: Rainer Maria Kardinal Woelki war gerade an der Kirche vorgefahren, um das Glaubenszeugnis der jungen Menschen persönlich entgegenzunehmen. Erst am Freitag noch hatte er auf einer Konferenz seiner Regionalchefs kategorisch ausgeschlossen, in der anhaltenden Bistumskrise wegen des Umgangs mit Missbrauchsfällen  zurückzutreten.

„Wir freuen uns auf das Firmungsfest unserer Tochter Amelie“, sagten vor der Messe Andrea und Thomas Köble dem GA. „Alle anderen Themen stehen für uns heute hintenan.“ Ein paar Schritte weiter stand Familie Müller, die sogar aus Wachtberg gekommen war, um Tochter Laura segnen zu lassen. „Heute geht hier die halbe Klasse des Clara-Fey-Gymnasiums zur Firmung. Da soll unsere Tochter auch mit dabei sein“, erklärten Barbara und Michael Müller. Und wie bewerteten sie, dass Kardinal Woelki die Firmung vornehmen sollte? „Das freut uns nicht. Das nehmen wir hin“, erwiderten die Müllers. Ihre Meinung zur aktuellen Krise des Erzbistums sei aber heute nicht wichtig. Dieser Sichtweise schließe sie sich an, erklärte Carmen Michel, eine weitere Firmlingsmutter, die mit einem Blumenstrauß für Tochter Johanna vor St. Marien stand. Wichtig sei heute allein, dass die Firmung für die Jugendlichen in Würde gestaltet werde. „Sie sollen diesen Tag in schöner Erinnerung haben“, so Michel.

Das schien an diesem Sonntag auch die Devise unter den Godesberger Kritikern der Bistumsleitung gewesen zu sein. Man wolle die Familien aus Respekt das Fest ungestört feiern lassen, erklärte eine aktive Katholikin auf GA-Anfrage. Er glaube ohnehin nicht, dass die Probleme mit einem personellen Wechsel auf dem Kardinalsstuhl gelöst werden könnten, erklärte ein Mann, der aktiv unter Godesbergs Kirchtürmen ist. Die Kirche müsse wieder zu Lebendigkeit jenseits von Verordnungen und oftmals erstarrten Ritualen finden und den Dienst am Menschen und nicht an Strukturen in den Vordergrund stellen, verdeutlicht er seine Haltung. Wie berichtet, hatten Ende Mai in einer Düsseldorfer Gemeinde Protestierende Kardinal Woelki symbolisch die Rote Karte für die von ihm geplante dortige Firmung gezeigt, dann aber bei der Feier auf Proteste verzichtet.

Derweil war in St. Marien die feierliche Messe schon in vollem Gange, nachdem der Kardinal mit seinen Seelsorgerkollegen und den Messdienern durch das Gotteshaus gezogen war. Godesbergs Pfarrer Gianluca Carlin äußerte für den Seelsorgebereich seine große Freude, dass der Kardinal gekommen sei, den Firmungsgottesdienst persönlich mit der Gemeinde zu begehen. Junge Menschen, die sich für Jesus Christus entschieden hätten, brauchten dieses Firmsakrament für ihr weiteres Leben, betonte Pfarrer Carlin. Dieser Tag sei für die jungen Leute ihr persönliches Pfingstfest, nahm der Erzbischof den Gedanken auf. Der Heilige Geist komme zu ihnen, damit sie ihr Leben meistern könnten, auch wenn nicht immer die Sonne scheine. „Es gibt auch Tiefen, es gibt Versagen,” so Kardinal Woelki. Man möge also Gott und untereinander um Vergebung für Versagen bitten, „damit wir weiterleben können”.

Der Erzbischof habe aktuell durch die Beurlaubung der Weihbischöfe Ansgar Puff und Dominikus Schwaderlapp viele Firmtermine zu vertreten, erklärte Thomas Klimmek für das Generalvikariat des Erzbistums Köln dem GA auf Anfrage, warum Woelki sich an diesem Sonntag den Seelsorgebereich Bad Godesberg ausgesucht habe. „Kardinal Woelki hat in den vergangenen Wochen zwölf Firmungen übernommen." Auf die Frage, wie der Erzbischof die besondere Situation des Kirchengemeindeverbands Bad Godesberg einschätze, in dem es, wie berichtet, wegen des Wechsels des Seelsorgerteams und wegen der Ernennung eines weiteren Pfarrvikars Unruhe gebe, erwiderte Klimmek: Das Erzbistum sei mit Godesbergs leitendem Pfarrer Carlin wie auch mit Bonns Stadtdechant Wolfgang Picken „in Gesprächen, um die nächsten, kommunikativen Schritte angesichts der entstandenen Situation, die auch das Erzbistum bedauert, abzustimmen.“

In seiner Predigt betonte der Kardinal dann noch einmal, wichtig sei bei der heutigen Firmung natürlich nicht, dass sich alle in „tolle Klamotten“ geworfen hätten, sondern dass sich die jungen Leuten nun als Christen gesalbt vom heiligen Geist „und, Achtung: nicht angeschmiert“ fühlen dürften. Komme, was kommen möge, Christus werde jetzt immer an ihrer Seite sein, versprach der Kardinal.

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