Interview mit Superintendentin Claudia Müller-Bück „Eine volle Pfarrstelle wird es wohl nicht mehr geben“

Plittersdorf/Friesdorf · Superintendentin Claudia Müller-Bück spricht im Interview mit dem GA über den Neuanfang der evangelischen Thomas-Kirchengemeinde in Bonn-Plittersdorf und -Friesdorf.

Kirche und Religion: Superintendentin Claudia Müller-Bück​
Foto: Meike Böschemeyer / Kirchenkreis

Die evangelische Thomas-Kirchengemeinde war in den vergangenen Jahren für manche Überraschung gut. Einerseits setzte sie mit attraktiven Angeboten in der Christus- und der Pauluskirche wichtige Akzente in der Bonner Kirchenlandschaft. Und sie bekannte sich 2022 dazu, ihren maroden dritten Gottesdienstort, die Thomaskapelle an der Amerikanischen Siedlung, nicht mehr halten zu können. Der GA berichtete, dass man sich über „reizvolle Projekte auf diesem Filetgrundstück“ Gedanken mache.

Andererseits offenbarte die Gemeinde, wie Streitigkeiten über knappe finanzielle Mittel in der einst aus zwei Gemeindebezirken bestehenden Gemeinde eine Leitung sprengen können: Im September 2021 trat das Presbyterium zurück. Ein sogenannter Bevollmächtigtenausschuss auch mit Personen aus dem Kirchenkreis musste seither in die Bresche springen. Mit Siegfried Eckert verließ 2022 einer der beiden Pfarrer die Gemeinde Richtung Leverkusen. Pfarrer Oliver Ploch und sein Team versuchen, den Brückenschlag zwischen Plittersdorf und Friesdorf zu erneuern. Am 19. März können bei einem Sondertermin die neuen Presbyter der Gemeinde gewählt werden. Zur Wahl stellen sich, auch das ein Zeichen des Aufbruchs, auf acht zu vergebende Plätze 15 Kandidaten.

Superintendentin Claudia Müller-Bück arbeitet im Bevollmächtigtenausschuss mit. Im Interview mit GA-Mitarbeiterin Ebba Hagenberg-Miliu erklärt sie, wie viele grundlegende Entscheidungen auf das kommende Presbyterium treffen muss.

Die Thomas-Kirchengemeinde kann jetzt neue Presbyter wählen. Wann werden sie die Gemeinde leiten?

Claudia Müller-Bück: Die neuen Presbyterinnen und Presbyter werden am 16. April im Gottesdienst in ihr Amt eingeführt. Dann liegt die Gemeindeleitung bei ihnen.

Was hat seit September 2021 der Bevollmächtigtenausschuss erreicht?

Müller-Bück: Der Bevollmächtigtenausschuss (BVA) hat zunächst eine Bestandsaufnahme gemacht und sortiert: Was sind die dringlichsten Themen und Projekte? Was brauchen die Mitarbeitenden? Wie können wir die Gemeinde als ganze stärken? Ich bin beeindruckt, wieviel Zeit und Energie gerade die Ehrenamtlichen im BVA dafür eingebracht haben Es wurden Gespräche geführt, an der Verbesserung des Informationsflusses gearbeitet, wichtige Entscheidungen getroffen und zum Teil schon umgesetzt, zum Beispiel die Einstellung einer Jugenddiakonin mit ganzer Stelle ab Juni dieses Jahres und der Beschluss, die Thomaskapelle mit den angrenzenden Gebäuden in ihrem jetzigen Zustand aufzugeben. Am wichtigsten war aus meiner Sicht die Kommunikation zwischen allen Beteiligten, um Vertrauen untereinander wachsen zu lassen und deutlich zu machen: Wir sind gemeinsam Gemeinde Jesu Christi. Ich persönlich glaube, dass es gut mit der Thomas-Kirchengemeinde weitergeht, und bin dankbar für die intensiven Begegnungen.

Streitigkeiten führten zur Krise. Wie können die beiden Gemeindebezirke zusammenwachsen?

Müller-Bück: Ich erlebe die Thomas-Kirchengemeinde als eine Gemeinschaft mit zahlreichen hochengagierten und begabten Mitarbeitenden, ehrenamtlich und hauptamtlich. In den letzten eineinhalb Jahren wurde stärker bezirksübergreifend gearbeitet. Das ist für viele eine Bereicherung. Zurzeit erprobt die Gemeinde ein neues Gottesdienstkonzept: Sonntags gibt es einen Gottesdienst um 10.30 Uhr und einen um 18 Uhr wechselnd in den beiden Kirchen. Miteinander Gottesdienst zu feiern, lässt zusammenwachsen.

Wann kann nach dem Abschied von Pfarrer Siegfried Eckert eine neue Pfarrperson antreten? Gibt es Bewerber?

Müller-Bück: Über die Besetzung der Pfarrstelle wird das neue Presbyterium entscheiden, nach intensiven Gesprächen mit den Nachbar-Kirchengemeinden. Eine volle Pfarrstelle wird es nach den aktuellen Gemeindemitgliederzahlen wohl nicht mehr geben.

Wie wird die Zeit bis dahin überbrückt?

Müller-Bück: Seit Oktober ist Oliver Ploch Pfarrer für die ganze Gemeinde, mit Freude und viel Engagement ist er in beiden Bezirken präsent. Sehr dankbar sind wir über den ehrenamtliche Predigtdienst von Prädikantin Regina Uhrig und Prädikant Wolfram Harms. Unterstützung ist auch durch Kollegen der Nachbargemeinden möglich.

Was passiert mit der Thomaskapelle, dem Kindergarten und dem Filetgrundstück an der Amerikanischen Siedlung?

Müller-Bück: Der Kindergarten in Trägerschaft der Evangelischen Gesellschaft für Kind, Jugend und Familie (KJF) wird zum Ende des Kindergartenjahres aufgegeben. Das Gebäude ist zu marode, um die Arbeit dort fortzuführen. Die Thomaskapelle wird voraussichtlich im Juni entwidmet. Wie es dann mit dem Grundstück weitergeht, entscheidet das Presbyterium.

Wie finanziert die Gemeinde das Haus der Familie weiter?

Müller-Bück: Auch an der Finanzierung des Hauses der Familie wurde intensiv gearbeitet. Wie genau die finanzielle Aufstellung in der Zukunft sein wird, ist noch in Entwicklung. Der Besuch von Thorsten Latzel, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, im Dezember hat die hohe Bedeutung für die evangelische Bildungsarbeit sehr deutlich gemacht.