Evangelische Gemeinden in Bad Godesberg Kirchen bieten tägliche Andacht per Telefon an

Bad Godesberg · Die evangelischen Gemeinden Bad Godesbergs halten in der Corona-Krise durch neue Angebote Kontakt zu den Menschen. Senioren brauchen hierzu nicht zwingend einen digitalen Internetanschluss.

 Die Kantorenfamilie Frommelt posaunt regelmäßig vor dem Johanniterhaus.

Die Kantorenfamilie Frommelt posaunt regelmäßig vor dem Johanniterhaus.

Foto: Daniel Post

Es war auf jeden Fall ein ungewöhnliches Osterfest. Allerorten war die Teilnahme an lokalen Gottesdiensten wegen des Kontaktverbots nur über das Internet möglich. Was den Godesberger evangelischen Pfarrer Jan Gruzlak als ersten im Rheinland über den Online-Zugang zum Gottesdienst hinaus auf die Idee täglicher Telefonandachten brachte. „Gerade die Menschen, die zur Corona-Risikogruppe gehören und am stärksten unter den Einschränkungen leiden, haben selten Zugang zum Internet“, erläutert der Pfarrer der Johannes-Kirchengemeinde.

Für diese Personen hat Gruzlak die Festnetz-Telefonnummer 0228/97275931 eingerichtet. Sie bietet zu Kosten eines Ortsgesprächs rund um die Uhr eine täglich neu von ihm gestaltete Andacht. „Entwickelt habe ich das Format selbst mit Edna Li und Tina Müller“, berichtet der Pfarrer. Täglich um 18 Uhr, wenn Kirchenglocken läuten, spreche er eine neue Botschaft ein. „Ich produziere zu Hause mit einem 60-Euro-Mikro. Alles Handarbeit.“ So könne sich die Gemeinde weiterhin spirituell miteinander verbunden fühlen, erklärt Gruzlak.

Erlöserkirche übernimmt die Idee

Das Feedback ist auf jeden Fall sehr positiv. „Ich freue mich jeden Tag darauf, die Telefonandacht zu hören“, melden sich gerade ältere Bürger bei ihm zurück. Inzwischen hat Gruzlaks Idee auch unter anderen Kirchtürmen, etwa dem der nachbarlichen Erlöserkirche, Früchte getragen: Dort lautet die Telefonnummer für einen Kurzgottesdienst 0228/76384781. „Wir haben uns gerne an das Projekt drangehängt“, erläutert Daniel Post.

Wie bei der Johannes-Kirchengemeinde erreiche aber auch die Online-Übertragung hohe Klickzahlen, so Pfarrer Post. Am Ostersonntag hat er, begleitet von Trompetenklängen, einen Predigtimpuls über die Friedensbotschaft des auferstandenen Jesus unter der technischen Leitung von Presbyter Christoph Necke aufgenommen. „Wir erreichen damit sogar weitere Kreise als unsere sonstigen Kirchengänger“, bestätigt Post bundesweite Analysen. Sogar aus Norddeutschland habe sich ein Online-Gast begeistert gemeldet.

Ein anderes außergewöhnliches Format in der Erlöser-Kirchengemeinde ist das regelmäßige Posaunenspiel vor dem Johanniterhaus. Erfreut winkten die Heimbewohner von den Balkonen und Fenstern, wenn Kantor Christian Frommelt mit seiner Familie die Instrumente klingen ließen, erzählt Post. „Wir leisten aber auch kleine Nachbarschaftshilfen, also unentgeltliche praktische Dienste. Professionelle Hilfe soll jedoch nicht ersetzt werden“, erläutert Koordinatorin Juliane Kalinna ein weiteres Angebot, das viele Gemeinden bieten. Wer mit anpacken wolle oder einen freiwilligen Helfer brauche, könne sich gerne per E-Mail bei ihr melden: juliane.kalinna@ekir.de.

Evangelische Heiland-Kirchengemeinde bietet Lesegottesdienste an

Auch die evangelische Heiland-Kirchengemeinde wendet sich während der Corona-Krise mit ihren Einschränkungen an die Bürger, berichtet Presbyterin Steffi Reimer. „Wir bieten auf unsere Webseite Lesegottesdienste an“, so Reimer. Zudem werfe man denen, die nicht digital unterwegs sind, die Predigten und Gebete auf Wunsch in gedruckter Form auf Papier in die Briefkästen.

Die gesamte Gemeinde erhalte ohnehin regelmäßig Informationsblätter, damit sie über das Wichtigste auf dem Laufenden bleibe. „Natürlich brauchen wir weiter die Gewissheit, untereinander verbunden zu sein. Dass wir trotz allem Kontakt halten, auch das stärkt unser Vertrauen“, formuliert es Pfarrer Klaus Merkes in einem seiner Lesegottesdienste.

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