Hochwasser Kommunen können sich allein nicht schützen

Bad Godesberg · „Schwamm drüber oder welche Lehren ziehen wir daraus“, lautete das Thema einer Informationsveranstaltung, zu der die Bad Godesberger FDP Bürger und Experten in die Stadthalle eingeladen hatte. Experten diskutierten über die Ursachen der Sturzflut.

Die Katastrophe kam in Sekundenschnelle, die Aufräumarbeiten sind auch nach Wochen längst nicht abgeschlossen. Binnen kurzer Zeit wälzte sich am 4. Juni eine meterhohe Wasser- und Schlammflut von Wachtberg nach Bad Godesberg, riss Autos sowie tonnenschwere Bauteile mit und überflutete zahlreiche Häuser. „So ein Ereignis wie diese Sturzflut kann man nicht vorhersagen“, erklärte Clemens Simmer, Meteorologe der Bonner Uni.

Damals, so der Meteorologe, zog eine 30 Kilometer lange und zehn Kilometer breite Gewitterfront über die betroffene Region. Zwar war die Entwicklung per Radar sowohl in Bonn als auch in Jülich beobachtet worden, doch: „Es ist nicht möglich vorherzusagen, wo und wie sich eine Wetterzelle entwickeln wird“, so der Wissenschaftler. „Wir können nur eine genaue Wettervorhersage treffen, wenn diese Zelle bereits besteht. Aber nicht, wenn sie sich erst aufbaut.“

Mit Spitzenwerten von rund 105 Millimeter Wasser je Quadratmeter sei Fritzdorf damals am stärksten betroffen gewesen. „Wenn der Niederschlag etwas weiter nördlich gefallen wäre, dann wäre das Wasser nur in den Godesberger Bach geflossen. Dann wäre alles noch schlimmer geworden“, erklärte Simmer. Mit der globalen Erderwärmung müsse man damit rechnen, dass es in Zukunft eine Tendenz zu längeren Regenperioden gibt.

Doch nicht allein die Niederschlagsmenge sei für die Juni-Flut verantwortlich, ergänzte Bernd Diekkrüger, Leiter der Hydrologie-Forschungsgruppe an der Uni Bonn. „Der Abfluss hängt von der Intensität des Niederschlags, der Größe des Niederschlagsgebiets, den Bodeneigenschaften und dem Gewässerausbau ab“, so der Wissenschaftler. Der lehmige Boden in Wachtberg sei zwar gut für die Landwirtschaft, das Wasser kann jedoch nur schwer durch die fette Erdschicht sickern. Zudem seien die Böden bereits sehr nass gewesen.

Er erinnerte daran, dass es nicht nur 1931 und 1859 entsprechend schwere Sommerunwetter in Wachtberg gab, sondern dass bei einer viel größeren Katastrophe 1693 sogar sechs Tote in Niederbachem beklagt wurden. „Wir haben in der Vergangenheit Sturzfluten kaum beachtet und uns zu sehr mit dem Flusshochwasser beschäftigt“, so Diekkrüger. Ein Rheinhochwasser könne man vorhersagen und entsprechend reagieren. Das sei bei einer Sturzflut kaum möglich. Und: „Die Kommunen allein können keinen 100-prozentigen Schutz bieten.“ Den stimmte auch Daniel Koch vom Tiefbauamt zu. „Der kommunale Hochwasserschutz kann nicht vor jedem Ereignis schützen.“

Reinhard Vogt, ehemaliger Leiter der Hochwasserschutzzentrale Köln, schloss sich dem an. „Die Bevölkerung muss nicht nur bei entsprechenden Maßnahmen von Anfang an beteiligt und eingebunden werden, sondern Bauherren sollten auch sensibilisiert werden, bei der Planung eigene Vorsorge zu treffen“, so Vogt, der auch als „Hochwasserpapst“ bezeichnet wird.

Dabei könnte jeder sein Heim sichern. „Wasserdichte Fenster, Sandsäcke, höher liegende Lichtschächte und Eingangsbereiche, ein kleiner Wall auf dem Grundstück, Kanalrückstauventile sowie wasserbeständige Baustoffe sind nur ein kleiner Aspekt“, so Vogt. „Trotzdem ist Hochwasserschutz eine Gemeinschaftsaufgabe“, ergänzte er.

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