Orchesterwerkstatt Konzertmeister Braunstein geht nach zwei Proben

BAD GODESBERG · Ein spektakuläres musikalisches Experiment ist kurz nach seinem Beginn in sich zusammengebrochen: Nach nur zwei Proben mit den rund 60 Schülern der Orchesterwerkstatt am Aloisiuskolleg hat Guy Braunstein, erster Konzertmeister der Berliner Philharmonie, das geplante gemeinsame Konzert am Sonntagabend überraschend abgesagt.

"Aufgrund nicht vereinbarer Vorstellungen über die Workshop-Arbeit mit Jugendlichen haben Braunstein und das Orchester ihre Zusammenarbeit beendet", teilte am Freitag Robert Wittbrodt mit, der gemeinsam mit Paul Schendzielorz das Orchester dirigiert. Und: "Das Konzert wird ohne Braunstein und seine israelischen Mitmusiker stattfinden. Wir werden mit einem leicht veränderten Programm auftreten."

Zwei berühmte "Solitäre" der Klassik hatte sich Guy Braunstein für seine Orchesterwerkstatt mit den Jugendlichen aus sechs Bonner Schulen vorgenommen: Beethovens einziges Violinkonzert und Schumanns einziges Klavierkonzert sollten gemeinsam mit den Solisten Ohad Ben-Ari (Klavier) und Gili Schwarzman (Flöte) aufgeführt werden. Doch dann stellte der Stardirigent für sich fest, dass die Bonner Nachwuchsmusiker seinem gehobenen Anspruch nicht ganz genügten. Für Korrekturen an der Qualität des Orchesters sei ihm die Zeit als zu knapp erschienen, verlautete hinterher.

Von einem Eklat könne jedoch keine Rede sein, erklärte gestern auf Nachfrage Torsten Schreiber vom Verein "BeethovenPlus", der die Kooperation gemeinsam mit dem Verein "Ludwig van B." initiiert hatte. "Das ist bedauerlich, aber so etwas kann passieren", sagte Schreiber. So hätten sich die Schüler nach bestem Wissen und Gewissen vorbereitet.

Zugleich aber glaube er nicht, dass Guy Braunstein mit überzogenen Vorstellungen nach Bonn gekommen sei. Beide Seiten hätten guten Willen gezeigt, und die "einhellige Entscheidung", von dem Projekt Abstand zu nehmen, sei das "Ergebnis einer nüchternen und kühlen Analyse" gewesen, so Schreiber. Böses Blut sei nicht geflossen, vielmehr habe Braunstein das Angebot gemacht, mit Ben-Ari und Schwarzman allein aufzutreten, um den Konzertabend nicht gänzlich "platzen" zu lassen.

Auf dieses Entgegenkommen verzichteten die Schüler jedoch dankbar und entschieden sich ihrerseits einstimmig dafür, den Workshop ohne die drei Stargäste weiterzuführen und nun in Eigenregie am Sonntag die Ergebnisse zu präsentieren. "Wir haben bereits durch die wochenlangen Vorbereitungen und die beiden Proben mit Braunstein so viel Energie mitgenommen, die wir jetzt nicht ungenutzt lassen wollen", kommentierte Konzertmeisterin Sophia Loers die Ereignisse. Zu hören sein werden ein Schumann-Klavierkonzert, Gabriel Faurés "Elegie", Hummels "Thema mit Variationen" für Solo-Oboe und Orchester sowie die Egmont-Ouvertüre.

Das Konzert bildet die Auftaktveranstaltung des Bonner Beethoven@home-Festivals. Wer seine Karten wegen des namhaften Trios erworben hat, kann sie auf Wunsch am Sonntagabend zurückgegeben und erstattet bekommen.

Das Auftakt-Konzert zu "Beethoven@home" findet am Sonntag, 2. Juni, um 19 Uhr in der Kirche des Aloisiuskollegs, Elisabethstraße 18, statt. Karten für 20 Euro/ermäßigt 10 Euro gibt es an der Abendkasse. Das Orchester tritt am Sonntag, 16. Juni, in St. Marien auf.

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