Demo vor dem Godesberger Rathaus Mahnwache zum Erhalt des Bürgeramtes

BAD GODESBERG · Je leerer die Versprechungen, desto voller die Absicht. Oder: Allen Leuten recht getan ist Sauerkraut mit Lebertran. Für die Jüngeren unter uns: So genannte "Sponti-Sprüche" pflasterten etwa zwischen '68 und '86 den Lebensweg der damals Jugendlichen. Und noch heute gibt es hier und da Menschen, die die wilden Jahre von einst bis heute authentisch verkörpern.

Juppi Schaefer ist so jemand. Als er einst das Lokal "Underground" betrieb, genoss der Muffendorfer Musikschuppen einen Ruf, der bis ins benachbarte Ausland reichte und dem 1973 sogar die Gruppe "Queen" die Ehre eines Konzertes erwies.

Seit Jahrzehnten hält Schaefer die Bad Godesberger Stadtgeschichte in Foto- und Filmdokumenten fest. Wer sich regelmäßig an den Wurzeln der Godesberger Identität bewegt, der ist naturgemäß auch auf Tuchfühlung mit all jenen, die den Stadtbezirk seit der Eingemeindung vor 45 Jahren auf einem ungebremsten Weg zum Nullpunkt sehen.

Mit der Gründung der Partei "Die Godesberger" vor über einem Jahr beugte sich Juppi Schaefer schließlich einer Forderung, die er sich lange unwillig angehört hatte: Man solle doch "nicht immer nur meckern", sondern es politisch einfach mal besser machen. Mitstreiter waren schnell gefunden, Juppi Schaefer wurde Parteivorsitzender und zog am 25. Mai mit fast sechs Prozent als Einzelmitglied in die Bezirksvertretung ein.

Zuletzt war in der Kleinpartei aber vor allem internes Krisenmanagement gefragt, als nämlich "Die Godesberger" ein Drittel ihrer Mitglieder verloren. Was nach einer erdrutschartigen Austrittswelle klingt, beziffert sich unterm Strich auf eine Handvoll Personen, die von Parteiarbeit offenbar andere Vorstellungen hatten als der Mitbegründer:

"Die Art und Weise, wie Herr Schaefer die Wählergemeinschaft führt und in seiner Selbstherrlichkeit sich über die Satzung der Gemeinschaft hinwegsetzt und permanent absichtlich gegen sie verstößt, nötigt die Mitglieder nach unerträglichen Querelen sich mit den anfänglich ehrlich gemeinten Zielen nicht mehr identifizieren zu können", hieß es vor einigen Wochen in einer Mail an diese Zeitung. Dem Vernehmen nach ging es um die Frage, wie formell und förmlich es bei den "Godesbergern" zugehen soll.

Für Schaefer ist die Sache klar: "Wir wollen keine normale Partei zwischen Bürokratie und Kassenprüfern sein, darauf haben wir keinen Bock", sagt er in der ihm eigenen Art und kündigt an, weiterhin an jedem letzten Freitag eines Monats einen für jedermann offenen Parteitreff durchzuführen, anstatt die wesentlichen Entscheidungen in die Hände des Vorstands zu legen - den es indes auch gibt.

"Es muss locker vom Hocker gehen, dann macht die Arbeit auch Spaß. Ein Korsett wäre das Schlimmste für uns", erklärt der 67-Jährige. Zehn Mitglieder umfasst die Kartei der "Godesberger" zurzeit, den Kreis der regelmäßig zu den Treffen erscheinenden interessierten Bürger schätzt Schaefer auf rund 60.

Am Donnerstagnachmittag folgte Schaefers nächste Aktion, die als subversiv zu bezeichnen wohl übertrieben wäre: Eine Mahnwache hatte er organisiert, um vor dem Bad Godesberger Rathaus, um ein Zeichen gegen die drohende Schließung des Bürgeramtes zu setzen, etwa 70 Bürger folgten dem Aufruf und nutzten das Treffen an der Kurfürstenallee zu intensiven Diskussionen über die Gegenwart und die Zukunft Bad Godesbergs.

Auch Bezirksbürgermeisterin Simone Stein-Lücke verließ auf die Rufe "Bürgeramt muss bleiben!" ihren Schreibtisch und dankte den Demonstranten für ihr Engagement. "Wir sind bereit zum Sparen, aber die Bürgernähe muss gewahrt bleiben", so Stein-Lücke.

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