Jugendarbeit in Bad Godesberg Marc Hammer ist der neue Streetworker in Mehlem

Bad Godesberg · Nach dem gewaltsamen Tod von Niklas Pöhler im Jahr 2016 wurde die Jugendarbeit in Bad Godesberg aufgestockt. In Mehlem ist jetzt Streetworker Marc Hammer auf den Straßen unterwegs.

 Laden Jugendliche regelmäßig zum Brunch auf dem Mehlemer Dorfplatz ein: Streetworker Marc Hammer und Kim Zurstrassen.

Laden Jugendliche regelmäßig zum Brunch auf dem Mehlemer Dorfplatz ein: Streetworker Marc Hammer und Kim Zurstrassen.

Foto: Friese

Im Zelt neben dem Jugendmobil der Katholischen Jugendagentur (KJA) sitzen an diesem naßkalten Samstagmorgen Ilias und Adil. „Wir haben uns verabredet, zu Marcs Brunch zu kommen“, sagen die 18-Jährigen auf dem Mehlemer Dorfplatz. Marc Hammer ist der neue Streetworker im Ortsteil, der gerade den Teig für ein paar deftige Eierkuchen rührt. „Echt gut hier und schön warm“, lobt Ilias und zeigt auf das brodelnde Öfchen.

Bei Popmusik schenken sich die beiden heißen Tee ein. Sie seien dankbar für sämtliche Angebote des KJA-Jugendtreffs „Rheingold“, kommt über den Tisch, während die KJA-Honorarkraft Kim Zurstrassen neuen Tee brüht. Adil hilft werktags in der OT „Rheingold“ mit. Sie würden sich aber auch abendliche Treffpunkte wünschen, wenn das „Rheingold“ schließe, fügt Ilias hinzu. „Es fehlt einfach was für über 18-Jährige in Mehlem. Irgendwas mit Sport oder so“, sind die Jungs sich einig. Sonst hingen viele Gleichaltrige weiter nur „in komischen Ecken“ rum.

Marc Hammer schaut rüber. Der 36-jährige Familienvater baut seit Juli auf einer der neuen halben KJA-Stellen die aufsuchende Jugendarbeit auf. Ansonsten ist der Sozialpädagoge mit der Qualifikation Kreativitätsentwicklung in der OT aktiv. „Dort geht ein fester Stamm an 10- bis 16-Jährigen ein und aus“, berichtet er. Gegen Abend kämen im „Rheingold“ auch Ältere hinzu. „Eine total gemischte Schar ist das, vom Förderschüler bis zum Mathe-Studenten“.

Er freue sich vor allem, dass inzwischen die stark angefragte Playstation im Treff gar nicht mehr so attraktiv sei. „Jetzt nutzen die Jugendlichen lieber Brett- und Kartenspiele – und lernen dabei, Regeln einzuhalten.“ Hammer dreht die Eierkuchen um. Zudem sei eine Kollegin im „Rheingold“ mit ihrer reinen Mädchengruppe erfolgreich. „Die ist wichtig, damit wir auch mit muslimischen Mädchen Kontakt halten. Manche Eltern würden ihre Töchter doch sonst gar nicht schicken“, erläutert Hammer.

Aktive Netzwerkarbeit ist wichtig

Er hat schon in Köln und in Siegburg in Stadtteilen mit vielen Flüchtlingen gearbeitet. Dann habe ihn die aufsuchende Jugendarbeit hier im sicher nicht unproblematischen Mehlem gereizt. Erst einmal sei aktive Netzwerkarbeit wichtig gewesen. Bei der hiesigen Herzenssprechstunde des Generationennetzwerks im Oktober habe er die nützlichen Kontakte zum Ortsausschuss und zur Begegnungsstätte Utestraße geknüpft.

„Wir arbeiten jetzt zusammen. Ich finde es toll, dass die Stättenleiterin Marisa Esposito sagt, die Jugendlichen könnten sich gerne vor ihrem Haus treffen, wenn sie danach ihren Müll wieder wegschaffen“, berichtet Hammer. Denn auch die Mehlemer Jugendlichen brauchten doch geschützten Freiraum für sich.

An Abenden sind Hammer und Zurstrassen gemeinsam in den Straßen unterwegs: aus Prinzip immer zu zweit. „Natürlich auch da, wo problematische Familien wohnen“, sagt Zurstrassen, eine 20-jährige Studentin, die Spaß an Jugendarbeit hat. Sie zeigten immer deutlich, dass sie gesprächsbereit seien.

Jugendarbeit muss präventiv funktionieren

„Wir drängen uns aber nicht auf und sagen: Du hast so rote Augen. Du hast bestimmt gekifft“, so Hammer. An bestimmte gewaltbereite Jugendliche kämen sie sicher nicht ran. Da sei man im Austausch mit den beiden Godesberger „Jugend-Cops“ der Polizei. Jugendarbeit könne nur präventiv erfolgreich sein.

„Mit einer halben Stelle kann ich nicht die Welt verändern“, betont Streetworker Hammer, der ein Sportangebot plant. Aber er signalisiere denjenigen, die sich aus dem Teufelskreis Gewalt lösen wollten, Unterstützung.

„Und wissen Sie, wann auch harte Jungs kommen? Wenn sie Hunger haben“, meint Hammer augenzwinkernd. Und begrüßt weitere Jugendliche, die sich den Brunch nicht entgehen lassen wollen. Gleich geht Hammer mit zum Tisch. Und dann wird erst mal geredet.

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