Geschichten aus Ippendorf Mit der Bratpfanne auf dem Rodelhang

Ippendorf · Die Freunde des Bücherschranks Ippendorf hatten zum Erzählcafé eingeladen. Was dort besprochen wurde, soll im zweiten Band „Ippendorfer Geschichten“ veröffentlicht werden. Dabei geht es um Rutschpartien und ein Bordell.

 Hermann Behn blickt auf die vergangenen 60 Jahre in Ippendorf zurück. Es hören zu: (v.l.) Stefanie Kanther, Gabriele Klingmüller und Carola Berresheim.

Hermann Behn blickt auf die vergangenen 60 Jahre in Ippendorf zurück. Es hören zu: (v.l.) Stefanie Kanther, Gabriele Klingmüller und Carola Berresheim.

Foto: Sebastian Flick

Als Herrmann Behn anfing zu erzählen, hatte er sofort die Aufmerksamkeit aller Zuhörer gewonnen. Der ehemalige Stadtverordnete lebt seit knapp 60 Jahren in Ippendorf und ließ am Mittwochnachmittag auf dem Bernhard-Berzheim-Platz viele Ereignisse aus einem halben Jahrhundert Ippendorfer Geschichte lebendig werden.

Gabriele Klingmüller hatte sich derweil mit einem Aufnahmegerät ausgestattet: „Wir sammeln Anekdoten für die zweite Ausgabe unseres Buches ‚Ippendorfer Geschichten‘“, sagte sie. Nachdem das Ende vergangenen Jahres von Klingmüller und Barbara von Dorp, den Freunden des Bücherschranks Ippendorf, herausgebrachte erste Buch ein Erfolg geworden war, soll es jetzt eine Fortsetzung geben.

Was Behn kurz nach dem Umzug von Hamburg nach Ippendorf erlebte, wird mit Sicherheit auch im neuen Band festgehalten: „Wir waren erst zwei Tage zuvor eingezogen, da klopfte der damalige Ippendorfer Bürgermeister Peter Ohlenhardt an unsere Tür und bot an, sämtliche Formalitäten rund um den Umzug für uns zu erledigen. So eine Hilfsbereitschaft kannten wir aus der Großstadt Hamburg, wo alles viel anonymer ablief, nicht.“

Als die Familie Behn 1962 nach Ippendorf kam, war der Ort noch eine selbstständige Gemeinde. Der Wasserturm war das inoffizielle Wahrzeichen, und im Winter wurde im Katzenlochbachtal gerodelt: „Mein Sohn Joachim hatte es eines Tages sogar in die Zeitung geschafft, als er den Hügel auf einer Bratpfanne herunterrutschte“, erinnert sich Behn. Auch an die einige Jahre später folgende Eingemeindung kann sich der heute 95-Jährige noch sehr gut erinnern: „Die Stadt Bonn hatte Ippendorf mit einem Geschenk gelockt und baute die Ferdinandstraße als neue Verkehrsverbindung.“

An die 1960er Jahre kann sich auch Wolfgang Simon noch gut erinnern: „Wir hatten damals ein Grundstück geerbt und unser erstes eigenes Haus in Ippendorf gebaut. Damals war der Ort noch nahezu unbewohnt, es gab nur Obstwiesen. Auch eine Zufahrt zu unserem Eigenheim fehlte noch. Den Weg von der Straße zum Haus hatten wir uns selbst bauen müssen“, berichtet Simon.

Spannende Anekdoten hatte er auch aus der Hochzeit der Ippendorfer Kirmes zu berichten: „Wenn die Kirmes nach Ippendorf kam, fragten die Schausteller immer bei uns an, ob sie ihre Wagen vor unserem Haus abstellen dürften und von uns Strom für ihre Wohnwagen bekommen könnten. Dafür haben wir Kinder dann Chips für den Autoscooter bekommen. Das waren manchmal bis zu 100 Stück an einem Tag, da konnten wir alle Freunde mitnehmen…“, schwelgt Simon in Erinnerungen.

Stefanie Kanther ist erst vor wenigen Jahren in den Ort gezogen. Als sie den Mietvertrag unterschrieb, war ihr nicht bewusst, welche Funktion ihr neues Heim in früheren Zeiten gehabt hatte: „Nachdem ich eingezogen war, merkte ich, dass mich viele Personen skeptisch anschauten. Erst danach erfuhr ich, dass das Haus, in das ich gezogen war, früher 30 Jahre lang als Bordell genutzt wurde. Zunächst war die Enttäuschung da, ich fühlte mich betrogen“, erinnert sie sich. Doch nachdem sie in Ippendorf aufgeklärt hatte, dass es keine Verbindung zwischen ihr und den früheren Bewohnern des Hauses gibt, fand sie im Ort schnell viele Freunde.

Über das damalige Erlebnis kann sie heute schmunzeln: „Ich hatte mich gewundert, so schnell ein Haus in Ippendorf zu finden, wo das doch sonst bekanntlich sehr schwierig ist. Jetzt weiß ich, warum…“, sagt Kanther und lacht.

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