Villa Eugenie Mysterium der Genienaue gelöst?

MEHLEM/DETMOLD · Die Villa Eugenie will Ralf Otto Lang, wohnhaft im ostwestfälischen Detmold, nicht mehr recht loslassen. In einem Essay mit dem Titel "Dialektik eines Unverblümten" widmet er sich unter anderem auch dem Herrenhaus am Rhein.

 Ein Schmuckstück voller Geschichten: Die Villa Eugenie in Mehlem.

Ein Schmuckstück voller Geschichten: Die Villa Eugenie in Mehlem.

Foto: Ronald Friese

Protagonist Filipp, dessen Figur an den Autor angelehnt ist, begibt sich darin auf Spurensuche nach den ursprünglichen Erbauern und Besitzern der Villa Im Frankenkeller 51, Dr. Paul Grosse und dessen Ehefrau Eugenie.

Seinen Anfang genommen hatte alles, als Lang im Sommer 2012 an einer Radtour teilnahm. Das Thema waren Bonner Villen entlang des Rheins. Als letzte Station, so erzählt Ralf Otto Lang, habe die 1905 fertig gestellte Villa Eugenie auf dem Plan gestanden. Beeindruckt von dem klassizistischen Gebäude und fasziniert von dem Mysterium um den Verbleib der zwei ursprünglichen Besitzer, stellte der Pensionär mehrere Monate lang Nachforschungen an.

Die Eheleute sollen sich im Jahr 1911 im Abstand nur weniger Tage selbst erschossen haben. Zunächst, so berichteten es die Zeitungen, habe sich am 13. September Eugenie das Leben genommen; fünf Tage später dann wurde ihr Ehemann in einem Mainzer Hotel ebenfalls erschossen aufgefunden. Zuvor hatte der wohlhabende Mann den Leichnam seiner Gattin in einem Mainzer Krematorium verbrennen lassen.

So weit war die tragische Familiengeschichte bekannt. Weil Anfang des 20. Jahrhunderts jedoch Selbstmörder auf den katholischen Friedhöfen nicht begraben wurden und Grosser selbst kurze Zeit nach seiner Frau Suizid beging, war unklar, was anschließend mit den sterblichen Überresten der Eheleute geschehen war. Bis jetzt. Trotz - oder gerade wegen teils diffuser und widersprüchlicher Angaben in den Urkunden - ist Hobbyforscher Lang nämlich überzeugt, die letzte Ruhestätte der Grossers gefunden zu haben, und zwar im Garten der Villa Eugenie.

Auf die Idee brachten ihn Recherchen im Mainzer Stadtarchiv und dem Krematorium der Landeshauptstadt. Dort stieß man den 75-Jährigen nämlich darauf, dass es zur Zeit der vorletzten Jahrhundertwende Usus gewesen sei, die Urnen von Selbstmördern an deren letztem Wohnort zu begraben.

Deshalb war sich Ralf Otto Lang sicher: "Die Urnen müssen auf dem Grundstück sein!" Er kontaktierte schließlich den Augenarzt Friedrich Schlieter, den derzeitigen Besitzer der Villa Eugenie. Dieser berichtete ihm von einem Amphoren-Fund in seinem Garten. Lang ist nun überzeugt davon, dass es sich um die gesuchten Urnen handelt. "Meine Intention ist es, die Umstände einer Tragödie und die lokalen Gegebenheiten wieder neu entstehen zu lassen.

Weil dem gebürtigen Leverkusener Lang wirkliche Belege für seine Theorien fehlen, orientiert sich sein literarisches Kapitel zwar an reell-historischen Ereignissen, ist aber insgesamt dennoch als fiktiv und spekulativ anzusehen.

Neben dem Kapitel über die Mehlemer Villa haben die 14 übrigen Kapitel von "Dialektik eines Unverblümten" andere interessante Begebenheiten zum Thema: So widmet sich Lang in einem Kapitel zum Beispiel einer Reisebeschreibung des ehemaligen deutschen Kolonialgebietes Papua Neuguinea, in einem anderen dem historischen Hintergrund der Lehre Buddhas und in einem weiteren einem fiktiven Dialog mit Heinrich Böll, der in Merten begraben ist. Derzeit befindet sich Lang auf Verleger-Suche für sein Werk, das er vor zwei Jahren begonnen hat.

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