Uralte Siedlung in Röttgen Neubaugebiet Am Hölder seit 2000 Jahren gute Gegend

Röttgen · Die Archäologin Jennifer Morscheiser erzählt im Gemeindezentrum der evangelischen Thomaskirche über das Wirken der Römer im Bonner Südwesten. Im Kottenforst standen auch Wachtürme.

Vom Neubaugebiet Am Hölder aus hat man einen guten Blick in Richtung Bonn, kann auf jeden Fall den Schlot der Müllverbrennungsanlage sehen. Zu Römerzeiten war der natürlich noch nicht da, und deshalb konnte man laut der Archäologin Jennifer Morscheiser von dieser Stelle aus das Soldatenlager am Rhein erkennen. Es war der ideale Platz für eine Villa Rustica, deren Überreste vor einiger Zeit zwischen Röttgen und Ückesdorf freigelegt wurde.

Nicht erst seitdem ist bekannt, dass die Römer auch dort gesiedelt hatten. Welche weiteren Spuren aus jener Zeit gesichert sind, berichtete Morscheiser, Direktorin des Museums Burg Linn in Krefeld und ehemalige Referentin für provinzialrömische Archäologin der LVR-Bodendenkmalpflege, am Donnerstag bei einem Vortrag im Gemeindezentrum der evangelischen Thomaskirche. Diesen hatte der im Mai neu gegründete Verein „Ortshistorisches Museum für Röttgen und Ückesdorf“ organisiert.

Und das Thema fand Anklang: Alle Stühle waren besetzt, mehr als 100 Röttgener waren gekommen und hatten damit die Erwartungen der Veranstalter weit übertroffen.

In der Zeit um die erste urkundliche Erwähnung Röttgens aus dem Jahr 1433 wurde die Gegend landwirtschaftlich genutzt. „Wir sind hier einfach in einer extrem guten Siedlungslandschaft.“ Dass es dort fruchtbare Böden gibt, wussten laut Morscheiser auch schon die Römer, die dort nachweislich mehrere Höfe angelegt hatten. Von einem Dorf konnte man aber nicht sprechen. Auch Reste von 20 Grabstätten legte man frei, in der Hälfte fand man als Beigaben jeweils drei Töpfe, Teller Krüge oder ähnliches. Es könne ein Zusammenhang zu den Darstellungen der drei Matronen geben, die man in dieser Gegend gefunden hat, so Morscheiser. „Das waren eher Arme-Leute-Gräber.“ Das passe zum bäuerlichen Umfeld. Dazu fand man Gegenstände aus Bronze und stellte fest, dass es sich um eingeschmolzenen und wiederverwerteten Schrott handelte: Bei Röttgen wurde ein römisches Recyclingunternehmen betrieben.

Im Kottenforst zwischen Röttgen und Wachtberg hatten die Römer Wachtürme angelegt, auch ihre Überreste fanden die Archäologen. Direkt bei Röttgen entdeckte man Überreste von Soldatenlagern, die vermutlich zu Übungszwecken errichtet wurden. In Bonn waren 5000 römische Soldaten stationiert, so die Fachfrau. „Denen sollte nicht langweilig werden.“ Sozusagen als Beschäftigungstherapie wurden Manöver abgehalten, zu denen der Bau von Lagern und das Ausheben von Schutzgräben gehörten - letzteres auch unmittelbar auf dem Grundstück der besagten villa rustica.

Die ältesten Keramikfunde deuteten auf das dritte Jahrhundert vor Christus hin. Münzfunde belegten römische Siedlungen bis ins fünfte Jahrhundert hinein, antwortete Morscheiser auf eine Besucherfrage. Allerdings hätten Menschen, die vor den Folgen von Klimaveränderungen aus dem Norden kamen, den römischen Siedlern immer wieder auch brandschatzend zugesetzt.

Einleitend hatte Stefan Zimmermann, Vorsitzender des Museumsvereins, die Frage aufgeworfen, wie alt Röttgen denn nun wirklich sei. Anhand der römischen Funde könne man zwar sagen, dass die Gegend schon vor 2000 Jahren besiedelt war, aber für den heutigen Ort heiße das nicht viel - dann könne man auch sagen, Röttgen habe schon in der Eisen- oder Steinzeit bestanden. Eher könne man das wohl doch an der ersten urkundlichen Erwähnung festmachen.

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