GA-Serie „Ruhestand 4.0“ Pensionär in Bonn lebt für seine beiden Ehrenämter

Serie | Bad Godesberg · Vor 13 Jahren ging Hans-Georg Kercher in den Ruhestand. Viel Freizeit hat der 78-Jährige aber nicht. Nach wie vor ist er für seine alte Schule im Einsatz - und hat daneben noch ein zweites Ehrenamt.

 Hans-Georg Kercher an der Johanneskirche in Pennenfeld. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich ehrenamtlich in der Gemeinde.

Hans-Georg Kercher an der Johanneskirche in Pennenfeld. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich ehrenamtlich in der Gemeinde.

Foto: Axel Vogel/AXEL VOGEL

Eigentlich hatte Hans-Georg Kercher 2007 zur Verabschiedung von der Otto-Kühne-Schule ein Kajak geschenkt bekommen. Nach 45 Jahren am Pädagogium (Päda) sollte der Schulleiter „auf zu neuen Ufern“ starten, wünschten ihm die Kollegen. Zeit, im Kanu auf den von ihm geliebten Seen Brandenburgs nach Herzenslust zu paddeln, hat sich Kercher seither jedoch nicht allzu viel genommen.

Seit 13 Jahren sieht man den drahtigen Pensionär per Fahrrad durch Bad Godesberg flitzen. Der heute 78-Jährige hat sich nach der Päda-Leitungsarbeit umso mehr in weitere Arbeitsfelder hineingekniet. Bis 2008 bereitete er eineinhalb Jahre als geringfügig Beschäftigter die 125-Jahr-Feier des Päda vor. 2009 ließ Kercher sich zum ehrenamtlichen Geschäftsführer des Verbands der Ehemaligen des Päda wählen. Weshalb er aktuell auch für eine GA-Befragung kaum Zeit fand: „Ich muss doch die Verbandsnachrichten pünktlich herausgeben.“

Und dann gab es ja schon immer eine zweite Ehrenamts-Leidenschaft Kerchers: seine evangelische Johannes-Kirchengemeinde. Mit knapp 29 Jahren sei er schon als Presbyter ins Entscheidungsgremium an der Pennenfelder Johanneskirche eingetreten, erinnert sich der agile Pensionär. Wenn er von diesem Amt pausierte, habe er sich immer anderweitig in der Gemeinde engagiert. Vor 20 Jahren machte er zudem die Ausbildung zum evangelischen Prädikanten: Seither übt er in der Gemeinde auch den freiwilligen Dienst an Wort, Sakrament und in der Seelsorge aus.

In der Presbyterarbeit seien schließlich insgesamt 24 Jahre zusammengekommen, viele davon in stellvertretendem Vorsitz für die auch die Innenstadt, den Heiderhof und Muffendorf umfassende Gemeinde, rechnet Kercher vor. In den letzten zwei Jahren, in denen gerade in Bezug auf die Bauten und Finanzen enorm viel Arbeit anfiel, hatte Kercher sogar den ansonsten von Pfarrern wahrgenommenen Presbyteriumsvorsitz inne. Erst vor vier Wochen endete diese Mitverantwortung: Er hatte die gültige Altersgrenze überschritten.

Kein Fall für die Hängematte

Die Frage, warum er auch als 78-Jähriger weiterhin so aktiv ist und sich nicht mal in die Hängematte legt, beantwortet Kercher mit Versen eines Kirchenlieds: „Hilf, Herr meines Lebens, dass ich da nicht fehle, wo ich nötig bin.“ Gott habe ihm Gaben geschenkt, mit denen er Aufgaben und Verantwortung übernehmen solle. „Wenn mir das im Gebet klar wird, kann ich mich nicht dem Ruf entziehen, schon gar nicht aus Bequemlichkeit. Wenn es wirklich sein Ruf ist, ist es eine Berufung“, sagt Kercher.

Dabei ist er vierfacher Vater, in dessen Leben der plötzliche Tod eines der Kinder 1982 „einen großen Einbruch für unsere ganze Familie“ bedeutete, erzählt er dann. Seine Frau Ingeborg, die in der Gemeinde ebenfalls vielfach ehrenamtlich tätig war, habe danach eine Gruppe für „Verwaiste Eltern“ in Godesberg ins Leben gerufen. Sie habe bis zu ihrem Tod fast 20 Jahre lang selbst vielen Menschen in Einzel- und in Gruppengesprächen seelsorgerlich beigestanden.

Kercher hält inne. 2014 habe die plötzliche Krankheit seiner Frau Ingeborg zu einer „völligen Veränderung“ auch seines Lebens geführt, sagt er dann. Alle seine Aktivitäten, sowohl für die Schule als auch in der Gemeinde, habe er bis zu ihrem Tod 2015 ruhen lassen. „Es war mir die wichtigste und erfüllteste Zeit unseres gemeinsamen Lebens, die ich nicht missen möchte.“

Sein Leben nach dem Abschied habe sich dann sehr verändert, setzt Kercher neu an. Erst sei der Verkauf des zu großen Hauses gekommen. Und natürlich jede Menge Engagement in seinen ehrenamtlichen Arbeitsfeldern. Schließlich habe er „in der Südpfalz eine Kirchenmusikerin kennen- und lieben gelernt und im vorigen Jahr in der Johanneskirche geheiratet.“

Der Terminkalender bleibt voll

Vom kürzlich fast neu gewählten Presbyterium seiner Gemeinde sei er übrigens gebeten worden, in wichtigen Ausschüssen weiter aktiv zu bleiben. „Dem habe ich zugestimmt“, berichtet er. Der Terminkalender wird also weiter voll bleiben. Und wenn dann noch Zeit ist, dann werde er auch das ihm 2007 geschenkte Kanu mehr nutzen. Seine zweite Frau will dann ebenfalls einsteigen.

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