Unterstützung für Betroffene und Angehörige Pflege ohne Zeitdruck

BAD GODESBERG · Bürgerstiftung Rheinviertel und Caritasverband starten am 1. Juni ein Demenzprojekt.

 Zettel gegen das Vergessen: Mit dem Demenzprojekt sollen Angehörige von Erkrankten unterstützt werden.

Zettel gegen das Vergessen: Mit dem Demenzprojekt sollen Angehörige von Erkrankten unterstützt werden.

Foto: dpa

Wenn ein Mensch an einer Form von Demenz erkrankt, betrifft das die gesamte Familie. Vor allem dann, wenn die Krankheit fortschreitet, durchleben die pflegenden Angehörigen die unterschiedlichsten Emotionen.

Nicht selten werden irgendwann stationäre Aufenthalte fernab der eigenen vier Wände als letzte Möglichkeit gesehen, der Überforderung Herr zu werden.

Das möchte die Bürgerstiftung Rheinviertel mit ihrem Demenzprojekt verhindern, das am 1. Juni an den Start geht. Mit dabei ist der Caritasverband der Stadt Bonn, finanzielle Unterstützung kommt unter anderem von der Dr. Axe-Stiftung. "Es geht um zwei Aspekte", erklärt Oliver Tiemann vom Vorstand der Bürgerstiftung.

Zum einen sollen Betroffene und Angehörige unterstützt werden, und zwar "in ihrem häuslichen Kontext". Fragen wie "Was kann ich als Familienmitglied leisten?" oder "Was kommt auf uns zu?" sollen beantwortet werden.

Zum anderen stehe die Koordination von Hilfeleistungen im Vordergrund. "Wir helfen zum Beispiel bei der Suche nach einem Pflegedienst", sagt Tiemann. Oder auch dabei, eine Tagespflege zu finden, wenn zum Beispiel ein Ehepartner ins Krankenhaus muss oder eine Auszeit braucht.

Auch eine stundenweise Entlastung der Familienmitglieder ist angedacht. So soll vermieden werden, dass sich die Angehörigen überfordert und allein gelassen fühlen. Denn: "Um Kraft zu schöpfen, muss man sich teilweise entbehrlich machen", sagt Birgit Ratz von der Caritas.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Hilfe in Krisensituation, wenn der an Demenz Erkrankte zum Beispiel Symptome völliger Desorientierung zeigt, so Ratz. "Der Koordinator ist dann eine Art Vertrauensperson, welche die Lage erfasst und Entlastung schafft." Oder auch, wenn der Betroffene seine Angehörigen nicht mehr erkennt.

"Das ist eine große Kränkung für die Familie", sagt Ratz. "Da braucht es jemanden an der Seite, der das Erlebte erklärt und einordnet." Denn dann, wenn die Balance stimme, könne die Pflege zu Hause "sehr berührend und schön sein. Es gibt Momente der Innigkeit", beschreibt Ratz, die mit ihrem Verein LeA unter anderem die erste Wohngemeinschaft für Demenzkranke in Bonn installiert hat.

Das Demenzprojekt, das eng mit den Pflegediensten in Bad Godesberg kooperiert, ist zunächst auf das Rheinviertel begrenzt. Das könnte sich aber ändern, eine Ausweitung schließt Tiemann nicht aus. Wer das Angebot in Anspruch nimmt, zahlt nichts. Möglich ist dies durch Spenden, so habe der damalige Bad Godesberger Pfarrer und heutige Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken anlässlich seines Priesterjubiläums Geld für das Projekt gesammelt.

Für die zweijährige Pilotphase hat der Vorstand der Bürgerstiftung Rheinviertel 130 000 Euro zur Verfügung gestellt, die Dr. Axe-Stiftung mit Sitz in Bonn steuert 30.000 Euro bei. Ein Stiftungszweck sei die Förderung bedürftiger älterer Menschen, so Vorstand Wolfgang Onderka.

Eigentlich führe man in diesem Bereich eher eigene Projekte durch, finanziere zum Beispiel Mitarbeiter in Heimen. Doch das Angebot der Bürgerstiftung überzeugte - und das sehr schnell.

Weitere Infos: kontakt@buergerstiftung-rheinviertel.de

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