Diskussion im offenen Arbeitskreis Christen und Bioethik Ex-Sprecher des Gesundheitsministeriums über den Pflegenotstand

Bad Godesberg · Der offene Arbeitskreis Christen und Bioethik diskutiert am 13. September mit dem Ex-Sprecher des Gesundheitsministeriums, Klaus Vater. Es geht um den Pflegenotstand

Buchautor Klaus Vater setzt sich mi dem Pflegenotstand auseinander.

Buchautor Klaus Vater setzt sich mi dem Pflegenotstand auseinander.

Foto: Axel Vogel

Mit „Pflegenotstand“ ist die Diskussion im offenen Arbeitskreis Christen und Bioethik am Dienstag, 13. September, ab 19.15 Uhr im Gemeindesaal der Erlöserkirche, Friedrichallee 20, überschrieben. Leiterin Ilse Maresch hat dazu als Experten Klaus Vater, den Sprecher des Bundesministeriums für Gesundheit unter Ulla Schmid und nachmaligen stellvertretenden Regierungssprecher, eingeladen.

„Es wird allerhöchste Zeit, dass wir das Thema öffentlich diskutieren, um mitzuentscheiden, welches Gesundheitswesen wir wollen. Das Thema betrifft uns alle“, sagt Maresch. Im Kreis ist jeder auch ohne christliches Bekenntnis willkommen. Es gelten die 2G-Bestimmungen.

Vater selbst schränkt im Vorgespräch ein: „Mit dem Wort Notstand bin ich vorsichtig.“ Notstand bedeute eine akute oder unmittelbar bevorstehende Gefährdung von Gesundheit und Leben. „Flächendeckend ist das gewiss nicht der Fall, aber lokal und regional gibt es Notstände.“ Und zwar vor allem in Krankenhäusern, weil im Dauerstress wachsende Aufgaben mit ungenügenden Zahlen an Beschäftigten, Ärzteschaft und Pflegepersonal zu leisten seien, erläutert der Journalist und Buchautor. „Es wäre schon viel gewonnen, wenn Bezirksregierungen in Fragen der Anerkennung von Pflegeausbildungen schneller entscheiden würden.“

Anders als zu der Zeit, als er für das Gesundheitsministerium arbeitete, sei heute, dass das an sich gute Gesundheitssystem vor einer Krise stehe, wie es sie zu Friedenszeiten noch nicht gegeben habe, so Vater: „Damals mussten überkommene Strukturen überwunden werden.“ Heute müsse wegen der demografischen Entwicklung das Angebot an Altenpflegeplätzen rasch ausgeweitet werden. „Hier fehlt es an Investoren und Personal.“ Auch die Ärztezahl müsse erhöht werden. Und dann hänge das Gesundheitssystem auch an guten Finanzierungsgrundlagen, an externen Faktoren wie Wohnungsbau in der Nähe von Krankenhäusern und Altenpflege und am öffentlichen Nahverkehr.

„Ich bin perplex“

Auf die Frage nach der lokalen Situation sagt Vater: „Ich bin immer wieder perplex, weil in alten Häusern in Bonn, ich könnte auch sagen alten Kästen, so gute Leistungen erbracht werden." Die Krankenhausversorgung in der Region sei also im Vergleich noch recht gut. Aber in puncto Altenpflege müsse man rasch vorankommen. „Ich muss darauf hinweisen, weil die Bonner Verwaltung, jedenfalls in Teilen, zu langsam ist. Die Zeit läuft ihr einfach weg“, sagt Vater.

Krankenhausreform soll schneller vorankommen

Kernstück jeder Verbesserung sei, dass die Krankenhausreform schneller vorankomme. Es gebe unverzichtbare Versorgungshäuser im Krankenhausbereich, die aufgeben müssten, wenn es nicht rasch zu einer Reform komme. „Das wäre die Katastrophe“, betont Vater. Mit einer Reform meine er eine sichere Finanzierungsbasis durch Kassen und Länder, eine bessere Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung, eine Änderung der Abrechnung von Leistungen auf den Kinderkrankenstationen, mehr Spezialisierung der Leistungen, eine bessere regionale Planung der Versorgung durch Krankenhäuser sowie mehr Personal.

Und die Herstellung von Wirkstoffen und Medikamenten müsse ins Land zurückgeholt werden. Es dürfe keine zweite Abhängigkeit wie derzeit von fossiler Energie geben. „Unser Gesundheitssystem wird nicht billiger für Beitrags- und Steuerzahler werden. Aber wenn wir es erhalten wollen, muss es jetzt rasch gehen.“

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