Interessengemeinschaft übt Kritik Stadt Bonn will an Kennedyallee schneller bauen

Plittersdorf · Die Dringlichkeit beim Bauvorhaben an der Kennedyallee in Plittersdorf verärgert die Interessengemeinschaft Flussviertel. Der Investor geht von einem Start in zwei Jahren aus.

 Bei einem städtebaulichen Wettbewerb hat sich ein Kölner Architektenbüro durchgesetzt.

Bei einem städtebaulichen Wettbewerb hat sich ein Kölner Architektenbüro durchgesetzt.

Foto: Gerchgroup/Casper.Schmitzmorkramer

Die Stadt Bonn drückt aufs Tempo beim Bauvorhaben Kennedyallee 62-72. Dort soll das dortige Postbank-Gebäude abgerissen werden, um spätestens 2022 einem Wohn- und Bürokomplex Platz zu machen. Nach ihrer Pause zwischen den Jahren legt die Verwaltung nun eine Beschlussvorlage zur frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit vor. Bereits an diesem Donnerstag soll sie im Umweltausschuss beraten werden, am 22. Januar im Planungsausschuss und in der Sitzung der Bezirksvertretung am 5. Februar dann beschlossen werden.

Ein Déjà-vu bei dieser Thematik hat die Plittersdorferin Gisela Wege-Böddeker. „Wir haben jetzt die gleiche Situation wie 2018/19, als die Verwaltung rund um Neujahr den ersten Antrag zum Projekt eingebracht hat“, ärgert sich die Anwohnerin. Es seien damals wie heute nur wenige Tage geblieben, um zu reagieren.

„Wir haben uns 2019 als Interessengemeinschaft mit rund 150 Bürgern gefunden und noch schnell einen Bürgerantrag eingebracht“, so Wege-Böddeker. Dieser scheiterte zwar, doch ist die IG Flussviertel das Jahr über höchst aktiv gewesen. „Und eigentlich dachten wir auch, auf einem guten Weg mit der Stadt zu sein, aber der Vorgang jetzt ist wahnsinnig undemokratisch“, so die Bürgerin, die mit ihrem Mann Manfred Böddeker rund 50 Meter vom Objekt zwischen Kennedyallee, Ahr- und Moselstraße entfernt wohnt.

Auch Anwohner kritisieren Dringlichkeit

Auch andere Anwohner, mit denen man am Montag noch schnell E-Mails getauscht habe, seien verwundert über die plötzliche Dringlichkeit. „Die Stadt hatte doch seit Herbst Zeit, alles in die Wege zu leiten“, meint die Frau. Jetzt solle zwar die Öffentlichkeit beteiligt werden, doch stünden für die Offenlage nur zwei statt der üblichen vier Wochen zu Verfügung. Da das neue Planungsrecht, wie die Stadt schreibt, in einem beschleunigten Verfahren aufgestellt werden soll, könne von einer weiteren Umweltprüfung mit Bericht abgesehen werden. „Das ist doch fragwürdig und gerade in Zeiten des Klimawandels ein wichtiger Diskussionspunkt“, meint Wege-Böddeker.

Die Stadt konnte eine Anfrage zu diversen Aspekten am Dienstag noch nicht beantworten. Allerdings findet sich in der Vorlage ein Hinweis, warum die Beratung in den politischen Gremien zeitnah erfolgen soll. „Aufgrund der Lage auf dem Wohnungsmarkt ist die Schaffung von zusätzlichen Wohneinheiten grundsätzlich dringend erforderlich, jede Verzögerung schadet den Interessen der Stadt“, heißt es dort. Der Investor, die Düsseldorfer Gerchgroup, will das Bebauungsplanverfahren bis spätestens Ende 2021 abgeschlossen haben. Das teilt Vorstandsvorsitzender Mathias Düsterdick auf Anfrage mit. Der Projektträger hatte der Postbank das Gebäude im Mai 2018 abgekauft.

Investitionen von 130 Millionen Euro sind angekündigt

Die Düsseldorfer wollen 130 Millionen Euro auf dem 42 000 Quadratmeter großen Areal investieren. Dafür sind zur Kennedyallee hin auf sieben Etagen Büros und ein Kindergarten geplant. Entlang der Ahr- und Moselstraße sollen circa 380 Wohnungen auf drei beziehungsweise vier Etagen entstehen, etwa 40 Prozent davon als Förderwohnungen. Wenn alles steht, wird sich die Gerchgroup zurückziehen. „Wir sind keine Bestandshalter, daher ist ein dauerhafter Betrieb durch uns nicht vorgesehen“, kündigt Düsterdick an.

Die Zahl der Wohnungen erbost die Mitstreiter der IG Flussviertel ebenfalls. „Über diese Zahl hat mit uns niemand gesprochen, wir sind immer von 333 Wohnungen ausgegangenen, wobei der Zielbeschluss mal bei 200 bis 300 Wohnungen lag“, so Wege-Böddeker. Der Investor will sich jetzt noch nicht auf eine genaue Zahl festlegen. „Die Anzahl hängt bei gleichbleibender Fläche sehr stark vom Wohnungsmix und der daraus resultierenden durchschnittlichen Wohnungsgröße ab“, so der Vorstandsvorsitzende aus Düsseldorf. Da sich der Markt ständig verändere, lege sein Unternehmen den Wohnungsmix erst möglichst spät fest, um auf den Bedarf zu reagieren.

Die nunmehrige Mieterin der Liegenschaft, die Postbank, blickt allem Kommenden gelassen entgegen. „Wir gehen davon aus, zum Jahresanfang 2022 in den Neubau am Bundeskanzlerplatz zu ziehen“, sagte Pressesprecherin Iris Raduch. Verzögere sich die Baumaßnahme in Bonn, gebe es eine Option, die Räume in Plittersdorf länger zu nutzen.

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