Tweeback Verlag aus Bad Godesberg Retter der plautdietschen Sprache

Bad Godesberg · Der Tweeback Verlag veröffentlicht Bücher in „Plautdietsch“, der Sprache von Russlanddeutschen, aber auch Weltliteratur. 2007 wurde er in Bad Godesberg gegründet.

 Verleger Heinrich Siemens in seiner Plittersdorfer Wohnung.

Verleger Heinrich Siemens in seiner Plittersdorfer Wohnung.

Foto: Axel Vogel

Was der Verlagsname „Tweeback“, der doch irgendwie wie Zwieback klingt, bedeutet? Verlagsleiter Heinrich Siemens kann helfen. „Ein Tweeback ist ein zweistöckiges Brötchen, das die Russland-Mennoniten bei Hochzeiten und Beerdigungen und familiären Besuchen essen“, antwortet der promovierte Germanist. Das Tweeback sei zum Inbegriff plautdietscher Kultur und Identität geworden. Mit all diesen Begriffen sind wir schon mittendrin in Siemens Herzenssthema: Der 56-Jährige hat seinen Verlag 2007 in der Gotenstraße für Autoren und Leser gegründet, deren Muttersprache Plautdietsch ist. Also das niederdeutsche Plattdeutsch der Mennoniten, also Freikirchler, die früher in Preußen nahe Danzig lebten. Und die, weil sie streng pazifistisch denken, um 1800 nach Russland und im 20. Jahrhundert nach Nordamerika und Lateinamerika flohen. Seit den 1970er Jahren siedeln in Russland verbliebene Mennoniten auch nach Deutschland zurück, erläutert Siemens.

Er ist selbst als Elfjähriger in einer Spätaussiedlerfamilie aus Lettland nach Deutschland gekommen. Und hat an der Universität Bonn seine Doktorarbeit genau über seine Muttersprache geschrieben. „Der Tweeback Verlag bietet Autoren, die Plautdietsch schreiben, eine Möglichkeit, ihre Werke zu veröffentlichen“, erklärt Siemens und weist auf Bücher von Elisabeth Epp, Lore Reimer und Ekaterina Liebert hin. Er helfe Muttersprachlern jedoch auch mit Grammatiken oder Wörterbüchern, ihre Schriftsprachenkompetenz auszubauen. Inzwischen ist das Verlagsprogramm aber über das plautdietsche Publikum hinaus hin zu anspruchsvoller Weltliteratur erweitert, um eine größere Leserschaft zu erreichen. Siemens verlegt für deutsche Leser unbekannte Autoren, die in ihrem Heimatland jedoch feste Größen des Kulturlebens sind, in deutscher Übersetzung.

Viktor Pelewin etwa („Snuff“) ist einer der aktuell am meisten gelesenen Schriftsteller in Russland. Rudy Wiebe aus einer plautdietschen Familie ist in Kanada mit renommierten Preisen ausgezeichnet. Sein neuster Roman „Komm zurück“ stellt sich dem traumatisch besetzten Thema, dass ein Jugendlicher Selbstmord begeht und seine Eltern von Schuldgefühlen verfolgt werden. Es zieht Lebenslinien nach: „vom vollkommenen Glück zu vollkommener Verzweiflung“.

Mit diesem Programm trage sein Verlag „zur allgemeinen Vielfalt des Kulturlebens der Stadt Bonn und des gesamten deutschsprachigen Gebiets bei“, betont Siemens. Es werde hoffentlich bald wieder Lesungen in der Buchhandlung Böttger anbieten können. Plautdietsch werde in Deutschland nicht mehr selbstverständlich in den Familien gesprochen und von Generation zu Generation weitergegeben, kommt Siemens wieder zu seinem Herzensanliegen zurück. Dabei sei es doch Teil der kulturellen Identität. In Mexiko oder Bolivien sei das anders. Da sei Plautdietsch sogar die ausschließliche Sprache der Mennoniten geblieben. Mit ihr werde sogar im schriftbasierten Internet in sozialen Medien und Diskussionsforen kommuniziert.

Tweeback Verlag, Gotenstraße 49, Telefon 0228/69 58 71, www.tweeback.com

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