400 Briefe der Eltern ausgewertet Bonner schreibt Roman über das Auswandern nach Kanada

Bad Godesberg · Was in TV-Serien wie „Goodbye Deutschland!“ gezeigt wird, haben die Eltern von Frank Hahn schon in den 1950er Jahren erlebt, als sie nach Kanada auswanderten. Die Erlebnisse hat Hahn in dem Roman „Dein Hut passt hier nicht“ aufgeschrieben - für seine Kinder.

 Das Foto zeigt Frank Hahn 1955 als kleinen Jungen mit seinen Eltern in den kanadischen Bergen, ein Jahr vor der Rückkehr nach Deutschland.

Das Foto zeigt Frank Hahn 1955 als kleinen Jungen mit seinen Eltern in den kanadischen Bergen, ein Jahr vor der Rückkehr nach Deutschland.

Foto: Ebba Hagenberg-Miliu

„Goodbye Deutschland!“ und „Mein neues Leben“ heißen populäre TV-Formate, bei denen Fernsehschauer Woche für Woche verfolgen, wie deutsche Auswanderer mit den Freuden und Leiden in Traumländern zurechtkommen. Dass es die „Nix-wie-weg-Motivation“ aber schon Anfang der 1950er Jahre gab, belegt das Erstlingsbuch des Bonners Frank Hahn.

Der pensionierte Gesamtschullehrer stellt es am Freitag ab 18.30 Uhr im Heiderhofer Kulturcafé im Einkaufszentrum, Akazienweg, vor. Dabei begleiten ihn zwei Kollegen seiner Godesberger Band „Seven Sins“. Hahn ist Bassist der „Sieben Sünden“, die 2019 etwa bei der Godesberger „Musik im Park“ auftraten.

Eltern waren beide Diplom-Landwirte

„Ich habe im Keller rund 400 Briefe meiner Eltern auf Pergament-Luftpostpapier vorgefunden, die sie zwischen 1951 und 1956 der Verwandtschaft in Deutschland schickten“, erzählt der Autor. Er, der selbst 1952 in Kanada als Kind der Auswanderereltern geboren wurde, las sich trotz schwer entzifferbarer Kurrentschrift unwillkürlich fest. Die Briefe bargen auch einen Teil seines eigenen Lebens und brachten ihn seine inzwischen verstorbenen Eltern Paul und Gisela Hahn wieder näher. „Und dann dachte ich mir, ihre Berichte sind so spannend. Die bringe ich für meine Kinder in Romanform.“ Sein Bandkollege Achim Haag las Korrektur und bestärkte Hahn darin, den Roman sogar zu veröffentlichen.

„Meine Eltern waren beide Diplom-Landwirte und suchten nach dem Krieg eine berufliche Perspektive“, erzählt der Autor. Kanada sei ihnen dabei als verheißungsvolle neue Heimat erschienen. „Ich hab’ ein Gefühl, als hätte ich einen Bienenschwarm in meinem Bauch“, schwärmt seine total aufgeregte und noch blutjunge Mutter 1951 auf dem Ozeandampfer kurz vor der Ankunft im gelobten Land in der Aufzeichnung.

Wann würden sie ihre ersten selbst verdienten kanadischen Dollars in der Hand halten, fragt sich derweil der dann doch nicht ganz sorgenfreie Vater, ein 13 Jahre älterer ehemaliger Offizier, im Buch. Den Eltern, die ein Jahr darauf den ersten Nachwuchs, Sohn Frank, erwarteten sollten, sei offenbar nicht ganz klar gewesen, was genau sie in der neuen Heimat erwartete, erzählt Hahn.

Sicher, die Erfahrung grenzenloser Natur und nordamerikanischer Lockerheit, die habe den beiden gut gefallen, hat der Sohn aus ihren Briefen herausgelesen. „Aber irgendwie haben sie in den Jahren dort finanziell immer knapsen müssen, zumal die Familie größer wurde.“ Dem Vater habe zudem das Herz geblutet, dass er Deutschland so schnell nicht wiedersehen konnte. Und ihm habe in der neuen Welt die gesellschaftliche Anerkennung gefehlt. „Wenn sie sich in Kanada mehr Zeit gelassen hätten, hätten sie sich auch besser eingelebt“, ist Hahn sicher.

Sein Roman beschreibt in lebhafter Dialogform den Alltag im Land der Sehnsucht. Aber das Gefühl, als Fremder behandelt zu werden, bleibe eben über eine gewisse Zeit lang keinem Einwanderer erspart, gestern wie heute, meint Hahn. „Dein Hut passt hier nicht“, hat er seinen Roman betitelt. Was ab 1956 vom kanadischen Abenteuer geblieben ist? Auf jeden Fall „die Erinnerung an ein bestimmtes Lebensgefühl von Aufbruch und Kampf gegen Windmühlen“, resümiert Hahn. Und zwei kanadische Reisepässe für die dort geborenen Kinder.

Frank Hahn, Dein Hut passt hier nicht, 2020, 20,99 Euro

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