Bad Godesberger Musikgeschichte Sauber arrangierter Dixieland von Mr. Bowler and his Eggheads

MEHLEM · Die Mehlemer Jazzband „Mr. Bowler and his Eggheads“ macht sich in den 1960er Jahren einen Namen in der Bonner Szene. Bildjournalist Friedhelm Schulz hat sie begleitet – und würdigt die Musiker in einem Beitrag in den aktuellen Bad Godesberger Heimatblättern.

 Jazz auf dem Rhein: Norbert Wilmans (von links), Ulli Heyer, Christian Rodewald, Wilfried Bartosch, Hans Joachim „Eddie“ Eich und  Werner Amendt spielen beim Riverboat Shuffle auf Einladung des Pädagogiums.

Jazz auf dem Rhein: Norbert Wilmans (von links), Ulli Heyer, Christian Rodewald, Wilfried Bartosch, Hans Joachim „Eddie“ Eich und  Werner Amendt spielen beim Riverboat Shuffle auf Einladung des Pädagogiums.

Foto: Friedhelm Schulz

Gut gelaunt lümmelt die Jazzband „Mr. Bowler and his Egg­heads“ in den 1960er Jahren während einer Pause beim Jugendtanztee am katholischen Jugendheim in Mehlem. Die Instrumente lehnen an einem Baum, die gestreiften Krawatten sind gelockert, auch die Zigaretten dürfen nicht fehlen. Seit 1961 haben sich die jungen Musiker einen Namen in der Bonner Szene gemacht. Auch kurz nach der Aufnahme des Fotos geht es zurück auf die Bühne. Und der General-Anzeiger berichtet: „Mr. Bowler und der Dixieland. Die Godesberger Eierköpfe machen heiße Musik.“

Der Godesberger Bildjournalist Friedhelm Schulz hat das Foto damals geschossen und die Mehlemer Dixieland-Jazzband seiner Jugend auch auf ihrem weiteren Weg begleitet. In den aktuellen „Heimatblättern“ hat Schulz die von 1961 bis 1978 swingenden „Eierköpfe“ mit einem Beitrag gewürdigt, der auch hinter die Kulissen schaut. Alles begann demnach 1959. Wilfried Bartosch und Werner Amendt waren Auszubildende bei den Ringsdorff-Werken und schwärmten über den Schraubstock hinweg von Jazz und Swing, das in den Lokalen aus den Musikboxen kam. Einmal so zu spielen wie die angesagten Bands „Chris Barber“, „Dutch Swing College Band“ oder „Mr. Ackerbilk“, das war ihr Traum, so Bartosch in seinen Erinnerungen.

Über das Waschbrett kam Wilfried Bartosch zum Bass

Kurzerhand bestellte sich Amendt im Großhandel eine Trompete und brachte sich das Spielen selbst bei. Bartosch bastelte aus alten Tonnen zunächst so etwas wie ein Schlagzeug. „Doch meine Fähigkeit, darauf etwas vernünftig Swingendes zu erzeugen, ging gegen Null“, gab Bartosch im Rückblick humorvoll zu. Über das Waschbrett wagte er sich schließlich an den Bass und schaffte es bald, dem Sound der Schallplatten nah zu kommen.

Fußball-Amateur Amendt rekrutierte schließlich vom Mehlemer Sportplatz weg Gitarrenspieler Jörg Weyres von der Schülerband des Heinrich-Hertz-Gymnasiums sowie seinen Ringsdorff-Kollegen Bernhard Cramer, der sich daraufhin eine Posaune organisierte. Und im Proberaum des Mehlemer Jugendheims konnte es losgehen mit der „wilden Gruppe“, die sich bald „Mr. Bowler and his Eggheads“ nannte. „Manchmal hatten wir vier bis fünf Banjo- und Gitarrenspieler, die abwechselnd ihren Einsatz verpassten“, erinnerte sich Bartosch augenzwinkernd. Aber nach jeder Probe sei die Band besser geworden. „Und beim Wally in der Mainzer Straße, unserer Stammkneipe, begossen wir unsere Erfolge mit mehr als einem Kölsch.“

 Die Musiker von „Mr. Bowler and his Eggheads“ entspannen in einer Pause beim Jugendtanztee in Mehlem.

Die Musiker von „Mr. Bowler and his Eggheads“ entspannen in einer Pause beim Jugendtanztee in Mehlem.

Foto: Friedhelm Schulz

Im Bonner Raum habe es damals, als das „Jazzvirus“ die Jugend infiziert hatte, viele Möglichkeiten gegeben, engagiert zu werden, berichtet Friedhelm Schulz: bei Schul- und Studentenfesten, bei Karnevalsveranstaltungen im Aennchen, in der Stadthalle oder sogar in der Beethovenhalle. Die „Eierköpfe“ holten sich mit ihrem „gefälligen Art-Oldtime-Jazz und sauber arrangiertem Dixieland“ sogar einen dritten Preis beim Bonner Jazzfestival, dem „vitalen Ton“ ihres Bandleaders Amendt, den „lyrischen Soli“ des Klarinettisten „Eddie“ Eich und dem temperamentvollen Schlagzeug Christian Rodewalds sei Dank, heißt es in den Heimatblättern.

In den 70er Jahren neigte sich ihre Karriere dem Ende zu

Die Jungs spielten auch auf einer vom Pädagogium organisierten „Riverboat Shuffle“ auf dem Rhein. Für eine Radio-Diskussionssendung des Senders Freies Berlin und des WDR aus dem Rittersaal der Godesburg hatten die „Eierköpfe“ sogar ihre feinsten Anzüge aus dem Schrank geholt – es saß auch Bonner Politprominenz im Publikum. Und die Presse schrieb: „Mr. Bowler and his Eggheads“ habe „brillant für musikalische Atempausen“ gesorgt.

In den 1970er Jahren neigte sich die Karriere der „Eierköpfe“ dann aber dem Ende zu. Der Dixieland-Sound war längst vom Beat verdrängt. Die Bandmitglieder waren auch beruflich neue Wege gegangen. Zum letzten Mal brach man 1978 zu einer Tour nach Frankreich auf. Und auch hier war Fotograf Friedhelm Schulz dabei und schoss die Abschiedsbilder: Da gaben die „Eierköpfe“ im Grünen musikalisch noch einmal alles, wenn auch symbolisch „alt und gebeugt“ vom Rollstuhl aus.

Die Musikrichtung sei rund um die damalige Hauptstadt immer angesagt gewesen, so Friedhelm Schulz. Nach 1945 fanden sich Bands wie „Gruppe 46“, „Black Bottom Brass Band“, „Rhein River Jass Band“, „Dat Bönnsche Swingtrüppche“ oder „Henning Paur´s New Orleans Wanderers“ zusammen und halfen sich auch wechselseitig personell aus. „In Bonn und in Bad Honnef gab es sogar Jazzclubs, während Bad Godesberg mit nichts glänzte, außer, dass Jugendliche ins Rampenlicht stürmen wollten“, so Schulz.

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