Hörbuch über Dichterin Rose Ausländer Schauspielerin aus Bad Godesberg auf Bestenliste des Hessischen Rundfunks

Bad Godesberg · Die Bad Godesberger Schauspielerin Alicia Fassel steht mit einem Hörbuch über die Dichterin Rose Ausländer an der Spitze der Bestenliste des Hessischen Rundfunks.

 Lässt die Verse von Rose Ausländer klingen: Die Schauspielerin und Rezitatorin Alicia Fassel bei Aufnahmen im Hörfunkstudio.

Lässt die Verse von Rose Ausländer klingen: Die Schauspielerin und Rezitatorin Alicia Fassel bei Aufnahmen im Hörfunkstudio.

Foto: Jan Rohlfing

Warum die Schauspielerin Alicia Fassel die Gedichte der großen Rose Ausländer liebt? „Hören Sie einfach mal auf diese wunderbare Sprachmelodie“, fordert die Mehlemerin auf und rezitiert aus dem Stand expressive Verse wie: „Noch bist du da. Wirf Deine Angst in die Luft. Bald ist deine Zeit um, bald wächst der Himmel unter dem Gras.“ Die Wortkunst der 1901 in der einstigen Dichterhochburg Czernowitz in der Bukowina geborenen jüdischen Dichterin Ausländer steht im Raum.

Vergänglichkeit, der Horror rassistischen Menschenhasses und gleichzeitig eine unbändige Lebenslust klingen in den Versen an. Rose Ausländer, die 1965 aus den USA nach Deutschland zurückkehrte und 1988 verstarb, hatte einst die Nazi-Verfolgung im Ghetto überlebt. „Sprache, halt mich in deinem Dienst, lebenslang, in dir will ich atmen“, schließt Fassel eine weitere Gedichtpassage an. Genau das sei auch ihr Lebensmotto: in der Sprache zu atmen.

Fassel kann sich derzeit mit dem Düsseldorfer Musikerehepaar Jan Rohlfing und Eva-Susanne Ruoff freuen, mit ihrer neusten gemeinsamen Tonproduktion über Rose Ausländer die Literaturhörbuch-Bestenliste des Hessischen Rundfunks (hr 2) gestürmt zu haben. Nach dem Gedicht „Wirf Deine Angst in die Luft“ heißt der Titel, den der Herausgeber der Bücher von Rose Ausländer, Helmut Braun, im Booklet mit einer Chronologie des Werks versehen hat. Genau zum 30. Todestag der Dichterin am Mittwoch lag die Produktion vor. Die Godesberger Schauspielerin ist dabei „die Stimme“, die Cellistin Eva-Susanne Ruoff „der Klang“. Und die Kompositionen stammen von Rohlfing, der mit seinem „Drummers Institut“ schon große deutsche Musical-Aufnahmen produziert hat.

Fassel konzentriert sich auf ihre Stimme

Klagend schmiegen sich seine von acht Musikern gespielten Klangbilder an die jüdische Melodik aus der heute auf ukrainischem und rumänischem Boden liegenden Bukowina an. Rohlfing hat „Bögen, Zusammenhänge und eine gewisse Dramaturgie zwischen die Zeilen“ gewebt, wie er dem GA sagt. Ruoffs Cello korrespondiert intuitiv mit den Versen. „Wenn ich verzweifelt bin, schreib ich Gedichte. Bin ich fröhlich, schreiben sich Gedichte in mich. Wer bin ich, wenn ich nicht schreibe?“, wird auf dieser eindrucksvollen CD gefragt, auf der auch die Dichterin selbst einige Passagen mit ihrem typisch rollenden R spricht. Fassel baut ihre Beiträge ebenfalls unprätentiös auf.

Und trotzdem scheinen sie zu leuchten wie die Originalaufnahmen. „Wissen Sie, wie unglaublich ihre Gedichte auch noch auf heutige Zuhörer wirken?“, fragt Fassel. Sie hat „die Ausländer“ schon auf vielen Bühnen, aber auch in Altenheimen gesprochen. Mit glänzenden Augen hörte das Publikum zu. Seit 20 Jahren konzentriert sich Alicia Fassel ganz auf ihr Instrument Stimme.

Direkt nach dem Studium an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover hatte sie blutjung an der Seite von Bühnengrößen wie Klaus Schwarzkopf gespielt. Ab 1959 nahm sie Engagements an den Theatern Saarbrücken und Hildesheim an, wo sie ihren Kollegen Horst Fassel kennen- und lieben lernte. Als der Charakterschauspieler von 1964 bis 1969 am Bonner Theater engagiert war, lebte Alicia Fassel mit den beiden Kindern mit am Rhein.

„Atmen und Stimme“

Ab 1969 nahm die junge Mutter an den Theatern Karlsruhe und Bremen auch wieder Gastrollen an – um sich auf der nächsten Theaterstation des Künstlerpaars in Wuppertal schließlich vom WDR für den Hörfunk „abwerben“ zu lassen. „Ab da habe ich gemerkt, dass ich vor allem mit der Stimme arbeiten wollte“, erinnert sich Fassel.

Fortbildungen und Dozententätigkeiten im Fach „Atmen und Stimme“ schlossen sich folgerichtig an. Aber Fassel blieb immer auch Schauspielerin, war ab 1995 etwa auch in der ZDF-Serie „Jede Menge Leben“ zu sehen. Seit 20 Jahren nun arbeitet Fassel, wieder nach Bonn zurückgekehrt, mit der Cellistin Ruoff bundesweit in literarisch musikalischen Programmen zusammen. In namhaften Kulturhäusern und Theatern sind sie mit stimmungsvollen Zyklen zu Dichtern, aber auch zu Jahreszeiten zu Gast. Auch im Maison Heinrich Heine in Paris traten sie schon auf. Die erfolgreiche Rose-Ausländer-CD sei nun „die Krönung“ ihrer Kooperation, freut sich Fassel.

Wer die Schauspielerin erleben möchte, hat dazu an diesem Sonntag, 7. Januar, ab 17 Uhr Gelegenheit. In der Johanneskirche, Zanderstraße 51, spricht sie Krippen-Texte zur „Musik an der Krippe“, zusammen mit Dietrich Steinwede, Dietlind Koban und Christoph Gießer.

Im Handel erhältlich: Rose Ausländer, Wirf Deine Angst in die Luft, Griot Verlag, 19,80 Euro. Kontakt zum Künstlertrio: E-Mail: anfrage@ruoff-cello.com

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