Projekt des Literaturhauses Bonn Schüler des Konrad-Adenauer-Gymnasiums organisieren Literaturabend
Bad Godesberg · Beim Projekt „KlasseBuch“ liegt alles in Schülerhand. Am 8. Februar liest Daniela Dröscher im Konrad-Adenauer-Gymnasium. Die Organisation übernehmen ausschließlich die jungen Leser.
„Meist begann der Streit am Abend, wenn mein Vater aus dem Büro kam und sich darüber beklagte, dass er seine Frau ‚zu dick‘ fand“, berichtet die Ich-Erzählerin des Romans „Lügen über meine Mutter“. Heute hatte er schon beim Frühstück damit angefangen, führt Autorin Daniela Dröscher aus. Und so nimmt dieser schwarze Tag einer Kindheit im Hunsrück der 1980er Jahre seinen Lauf.
Der Vater wird seine fixe Idee, das Übergewicht seiner Frau sei verantwortlich für alles, was ihm versagt bleibt, aufs Äußerste treiben. Und die Tochter wird sich Jahre später bemühen, endlich mit der Lebenslüge der Familie fertig zu werden. Denn das Unglück der letztlich mit ihren Rundungen so schönen Mutter habe immer „wie Blei auf ihren Schultern“ gelegen.
Sophie und Laurin aus dem Deutsch-Grundkurs der Jahrgangsstufe elf im Konrad-Adenauer-Gymnasium (KAG) fasziniert dieser aktuelle Bestsellerroman. „Ich komme aus einer friedlichen Familie, aber ich fand den Einblick in so einen toxischen Haushalt sehr interessant“, sagt Sophie. Laurin hingegen grause es zu lesen, wie hier vor 40 Jahren der Mann die Frau dominierte. Aber letztlich dürfte sich ein so perfides Machtspiel wohl auch heute noch in manchen Familien abspielen, vermuten die beiden im GA-Interview.
Sophie und Laurin werden am 8. Februar in der Schulaula die öffentliche Lesung Dröschers aus ihrem Familienroman moderieren. – Ihnen steht heute, in der vorbereitenden Schulstunde, eine gewisse Aufregung ins Gesicht geschrieben.
Jugendliche interviewen Autoren
Der Schülerkurs wird innerhalb des Projekts „KlasseBuch“ des Literaturhauses Bonn die gesamte Organisation des Events übernehmen. Doch im Publikum werden nicht nur Schulkameraden sitzen. Das Literaturhaus will mit dem Format nun schon zum fünften Mal alle Generationen ansprechen: „In unserer Reihe geben wir den Literaturbetrieb in die Hände von Schülern. Sie organisieren, moderieren, übernehmen Technik und Abendkasse und bestechen dabei immer wieder mit frischen Ansichten und entwaffnender Direktheit“, berichtet Charlotte Hübner vom Literaturhaus, die heute mit KAG-Deutschlehrer Kai Trimpler im Kurs Freiwillige für die Aufgaben sucht,
Die Mädchen Ravak und Rand werden die Betreuung der Schriftstellerin vor Ort übernehmen. Snacks und Getränke wollen Lenn und Rayan verteilen. „Wer klebt die Plakate?“, fragt Trimpler. Torben und Deaung tragen sich ein. Efe und Johann wollen den Einlass übernehmen, Laura und Luise die Bühnendekoration sowie Paul und Sulian den Büchertisch.
„Und wer betreut den Instagram Account des Literaturhauses?“ Der Lehrer schaut sich im Kurs um. Die Schüler scheinen vor dieser Aufgabe großen Respekt zu haben. „Das ist kein Hexenwerk“, beruhigt Trimpler. „Ihr nehmt dabei auch kleine Videos auf“, lockt er. „Ihr müsst nur schauen, dass ihr euch nicht im Ton vergreift.“
Florian nimmt sich ein Herz und sagt unter Applaus seiner Mitschüler zu. Einige jungen Leute stresse es eben noch, im Projekt öffentlich in Erscheinung zu treten, weiß der Lehrer. Aber daran würden sie reifen. Das habe „KlasseBuch“ in anderen Kursen seines Kollegen Jens Juhre schon gezeigt.
Keine übliche Wasserglas-Lesung
Die Schüler würden es schafften, auch gestandenen Autoren ganz persönliche Bekenntnisse zu entlocken, hat Sabine Schiffner beobachtet. Die Autorin und Moderatorin ist selbst Deutschlehrerin und ebenfalls für das Literaturhaus in der Vorbereitung des Abends im Kurs beteiligt. So würden auch diejenigen im Publikum davon profitierten, die ansonsten nur die üblichen Fragen älterer Moderatoren an Schriftsteller erleben würden, sagt Schiffner. Schüler würden Autoren meist ganz direkt aus der heutigen Perspektive befragen.
„Das innovative Format besticht durch seinen Humor, seine Herzlichkeit und hat so manchen Gast eingestehen lassen, die jungen Veranstalter unterschätzt zu haben“, ergänzt Charlotte Hübner. „KlasseBuch“ sei also immer einen Besuch wert. „Da gibt es nicht die übliche Wasserglas-Lesung.“
Schiffner arbeitet derweil mit den jungen Leuten die Textstellen heraus, die Dröscher bei der Veranstaltung lesen wird. Und sofort entwickelt sich eine lebhafte Diskussion darüber, was besonders relevant für das Publikum sein könnte.
„Mich hat die Szene geschockt, in der sich das Kind schämt, mit seiner angeblich so dicken Mutter ins Freibad zu gehen“, gibt Moderator Laurin zu. Diesen Zwang, unbedingt dünn zu sein, den verspüre sie selbst zwar nicht, führt seine Moderatorenkollegin Sophie den Gedanken weiter aus. „Aber ich weiß, dass das besonders die Werbung gerade vielen Mädchen suggeriert.“ Und dass das dann zu üblem Cybermobbing führt, ergänzt Laurin.
Die Lesung findet am 8. Februar, ab 19 Uhr, in der Aula des Konrad-Adenauer-Gymnasiums, Max-Planck-Straße 24, statt. Tickets gibt bei Bonnticket für 12 / sechs Euro (ermäßigt), an der Abendkasse für 14 / acht Euro (ermäßigt). Der Eintritt für Schüler ist frei.