Bonner Gedenkstunde für Nazi-Opfer So erinnern Godesberger Schüler an das Schicksal von Millionen Opfern

Bad Godesberg · Graphic Novels lassen im Godesberger Schauspielhaus die Geschichte von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern lebendig werden. Und sie illustrieren, „dass das nie wieder passieren darf“.

 Amelie Esther Aubram erinnert bei der Gedenkstunde an die Ukrainerin Elena Georgiewskaja, die nach Bonn verschleppt wurde und Zwangsarbeit leisten musste.

Amelie Esther Aubram erinnert bei der Gedenkstunde an die Ukrainerin Elena Georgiewskaja, die nach Bonn verschleppt wurde und Zwangsarbeit leisten musste.

Foto: Stefan Knopp

Es ist ein gutes Zeichen, dass Menschen aus der Ukraine auf der Flucht vor dem Krieg in Deutschland Schutz suchen – vor allem, wenn man die Geschichten hört, die Schülerinnen und Schüler des Konrad-Adenauer-Gymnasiums am Freitag im Schauspielhaus Bad Godesberg vortrugen. Für die jährliche Gedenkveranstaltung für die Opfer der Nationalsozialismus, die allerdings in den vergangenen zwei Jahren pandemiebedingt ausfallen musste, hatten sie sich auf eine ganz besondere Weise mit den Schicksalen von Zwangsarbeiterinnen wie Elena Georgiewskaja beschäftigt. Sie haben sie gezeichnet und in Graphic Novels zusammengefasst.

Zu sehen sind die Comics im Foyer des Schauspielhauses. Dort wird zum Beispiel erzählt, wie Elena 1941 aus ihrer Heimat nahe Donezk von deutschen Soldaten nach Deutschland verschleppt wurde und bei der Firma Soennecken Zwangsarbeit leisten musste. Eine Deutsche half ihr illegal. Als 1944 Bomben der Alliierten die Fabrik zerstörten, sollte sie in Koblenz Schützengräben ausheben, wovor sie eine Bonner Familie bewahrte.

Opfergeschichten in Comic-Form

Nach Kriegsende brachte man Elena wieder in die Ukraine zurück. Dort unterstellte man ihr, mit den Deutschen zusammengearbeitet zu haben. Trotz der Ablehnung konnte sie sich dort ein neues Leben aufbauen. Nicht alle Geschichten gingen gut aus: Ruth Hadassah Herz, ein jüdisches Mädchen voller Träume und Hoffnungen, wurde in einem Wald bei Minsk ermordet. Wilhelmine Overbeck konnte der Deportation nicht entfliehen.

Für die Jugendlichen, die sich mit Unterstützung der Künstlerin Greta von Richthofen mit diesen Lebensgeschichten auseinandergesetzt hatten, war das teils schwere Kost. Oscar Hornridge, der sich mit der Geschichte der Ukrainerin Maria Linden beschäftigt hat, hatte diese in einem Interview gehört. „Das hat mich schon emotional berührt. Ich habe ihre Stimme gehört, da hört man, wie schlimm es war“, so der 17-Jährige. Was er aus dem Projekt zieht? „Ich versuche, keine Vorurteile zu haben und eher auf die Charaktereigenschaften zu achten“, sagt der Schüler.

Zwangsarbeiter in Hennefer Rüstungsfabrik

Durch die Graphic Novels hat Charlotte Riedel (18) einen intensiveren Zugang zu den Menschen hinter den Geschichten bekommen. Sie hatte den Leidensweg des Serben Nenad Cuskic verarbeitet, der in einer Rüstungsfabrik in Hennef arbeiten musste und trotz seines schlechten körperlichen Zustands keine Hilfe erfuhr, bis der Krieg vorüber war. „Das ist ein Paradebeispiel dafür, dass das nie wieder geschehen darf“, so die Gymnasiastin.

Auch für Finn Burkhart ließ seine Beschäftigung mit der Akademikerin Bertha Schwarz einen Blick hinter die „abstrakten Statistiken“ zu, so der 17-Jährige. „So kann man viel mehr mitempfinden. Man muss sich vorstellen, dass es Millionen Menschen gab, die ein ähnliches Schicksal hatten.“

An die erinnert die Gedenkstätte Bonn am seit 1996 durchgeführten nationalen Gedenktag. „Alleine zu erinnern und zu gedenken, reicht jedoch nicht“, sagte die Leiterin Astrid Mehmel. Man müsse auch verstehen, was damals geschehen sei. Für Oberbürgermeisterin Katja Dörner waren die Graphic Novels ein guter Zugang zu mehr Verständnis für die damalige Zeit. Sie ging auch auf die Menschen aus der Ukraine ein, die derzeit in Bonn sind. „Wir müssen alles tun, um ihnen schnellstmöglich ein sicheres Leben wieder ermöglichen zu können“, so die OB.

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