Tierschutz in Bad Godesberg So sollen wandernde Kröten und Frösche geschützt werden

Heiderhof · Die nächsten Krötenwanderungen stehen bevor. Die Biololgische Station schützt die Amphibien vor Autos. Doch nicht jedem passen Straßensperrungen wie am Philosophenring.

 Zwei Hände voll Erdkröten.

Zwei Hände voll Erdkröten.

Foto: Biologische Station

An einem der vier Heiderhofer Teiche ist an diesem Nachmittag Entenschnattern zu hören. „Aber die meisten unserer Kröten und Frösche dürften bei den jetzigen niedrigen Temperaturen noch warten, bis sie über den Philosophenring kommen“, sagt vom Ausblick an der Nietzschestraße aus Monika Hachtel. Sie ist stellvertretende Leiterin der Biologischen Station Bonn / Rhein-Erft.

Mit Anke Breuer von der Unteren Landschaftsbehörde will Hachtel erklären, warum die Stadt seit über 20 Jahren ab Mitte Februar für sechs Wochen rund 100 Meter des Philosophenrings für den Verkehr sperrt. Und zwar den Teil, der nur an Grünflächen entlangführt. Deshalb sind Autofahrer eigentlich gar nicht betroffen: Alle Standorte sind problemlos zu erreichen. Nur die Buslinie 613 kann die Haltestellen Kant- und Nietzschestraße nicht anfahren. Zu deren Ersatzhaltestellen gelange man jedoch fußläufig, argumentiert die Verwaltung.

„Die große Krötenwanderung dürfte nächste Woche beginnen, wenn es wärmer wird und regnet“, vermutet Breuer nun. Jetzt versteckten sich die Tiere sicher noch auf der anderen Seite des Rings in ihren Winterquartieren. Um dann eben bei Wärme und Feuchte an genau dem Teich zum Laichen zu kommen, wo sie selbst geboren wurden. „Und das passiert dann ab abends. Diese Amphibien sind nachtaktiv. Deshalb sieht sie auch keiner die Straße überqueren“, erläutert Hachtel. Nach GA-Informationen wenden sich immer wieder einzelne Heiderhofer an die Stadt, weil sie die Sperrung für willkürlich halten.

Hachtel und Breuer widersprechen dem Vorwurf. In warmen Nächten machten sich Amphibiengruppen auf den Weg. Im Teichwasser begännen die Männchen dann zu balzen und klammerten sich an den größeren Weibchen fest. Die Befruchtung laufe äußerlich: Das Paar sondere seine Samen und Eier im Wasser ab, wo sich beide dann verbänden.

 Bald wandern die Kröten sehr zur Freude von Anke Breuer (l.) und Monika Hachtel auf dem Heiderhof wieder zu den kleinen Seen, um dort zu laichen.

Bald wandern die Kröten sehr zur Freude von Anke Breuer (l.) und Monika Hachtel auf dem Heiderhof wieder zu den kleinen Seen, um dort zu laichen.

Foto: Axel Vogel

„Die Eltern treten innerhalb der Wochen, die der Philosophenring gesperrt ist, wieder den Rückweg an“, berichtet Hachtel. Währenddessen verwandeln sich die befruchteten Eier in Kaulquappen, die sich im Teich vegetarisch ernähren, fährt Breuer fort. Anfang Juni entwickeln sich daraus Jungtiere, die zu Fleischfressern werden: Sie vertilgen Mücken und Schnecken. „Sie sind also in dem Sinne sehr nützlich für uns Menschen“, betont Hachtel. Sie sehe die Tiere oft im Garten, bestätigt nun Anwohnerin Delia Paulmann über den Zaun. „Und wir passen auf, dass wir sie nicht mit dem Rasenmäher erwischen.“

Besonders geschützte Arten auf dem Heiderhof

Bei den Heiderhofer Amphibien handelt es sich um drei besonders geschützte Arten: um die Erdkröte sowie den Teich- und Bergmolch, die nach dem Bundesartenschutzgesetz nicht gefangen, verletzt oder getötet werden dürfen. Und um Springfrösche, bei denen europaweit per Richtlinie verboten ist, „sie durch Aufsuchen ihrer Lebensstätten zu beunruhigen“.

Laut Biostationsleiter Christian Chmela sind die Populationen jährlich schwankend. Daher könne es auch „schon mal zu Einbrüchen“ kommen. Das könne aber im Folgejahr schon wieder ganz anders aussehen. „Daher ist es umso wichtiger, den Amphibien die Möglichkeit zum Ablaichen an den Teichen unmittelbar am Philosophenring zu geben“, so Chmela.

 Der Philosophenring ist abgesperrt.

Der Philosophenring ist abgesperrt.

Foto: Ebba Hagenberg-Miliu

Die Verwaltung erklärt: „Die Stadtwerke und Bonnorange unterstützen die Sperrung, da beide Organisationen bereits Kontakt mit Bürgern und Tierschützern bezüglich toter Kröten und Frösche auf diesem Straßenstück hatten.“ Auf Bürgerkritik habe man auch Alternativen zur Sperrung geprüft. Wenn ein Amphibienzaun mit eingelassenen Eimern, in welche die Tiere fallen sollen, aufgestellt würde, müssten diese täglich mehrmals kontrolliert werden. Dafür habe die Biostation keine Kapazitäten frei. Und ohne einen festen Bestand an Freiwilligen könne das nicht umgesetzt werden. Eine weitere Alternative wäre die Errichtung eines Amphibientunnels unterhalb der Straße. Die Kosten im mittleren fünfstelligen Bereich würden aber den Aufwand nicht rechtfertigen.

„Bisher ist die Straßensperrung also alternativlos und muss jährlich eingerichtet werden“, sagt die Verwaltung. Beim GA-Termin war trotzdem zu sehen, dass jemand eines der Sperrgitter willkürlich weit ins Gebüsch geworfen hatte. Die Untere Naturschutzbehörde führe derzeit ein Monitoring und eine Evaluation der Maßnahmen durch, um alle Fragen zu klären, berichtet Anke Breuer beim Ortstermin am Heiderhofer Teich.

Und was passiert, wenn die im Frühjahr geborenen Kröten und Frösche irgendwann auch zum ersten Mal den Philosophenring Richtung Winterquartier kreuzen müssen? Autofahrer sollten abends und nachts etwas vorsichtiger fahren, raten die beiden Fachfrauen. „Wir können nur die erwachsenen Tiere schützen, die zur Fortpflanzung kommen. Das ist der Kompromiss, den wir eingehen.“ Etwas Verlust gebe es halt immer. Die Amphibien hätten aber das Recht, dass man sie achte, betont Hachtel noch einmal. Seit Millionen von Jahren durchliefen sie fast unverändert ihren spannenden Kreislauf. „Und ihr System funktioniert noch immer.“

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