GA-Serie Godesberger Gegensätze Stadtbezirk von Haushaltsbeschlüssen besonders betroffen

BAD GODESBERG · Aktuell sorgt die Zentralisierung der Bürgerämter in Bad Godesberg für die größten Proteste. Doch die städtischen Sparmaßnahmen treffen den Bezirk noch an vielen weiteren Stellen.

 Blick über die Godesberger Innenstadt mit Lindeblock (links) und Altstadtcenter (unten rechts) bis zum Siebengebirge: Der gesamte Stadtbezirk muss sparen.

Blick über die Godesberger Innenstadt mit Lindeblock (links) und Altstadtcenter (unten rechts) bis zum Siebengebirge: Der gesamte Stadtbezirk muss sparen.

Foto: Ronald Friese

"Schwimmbad, Sauna, Bücherei, Rathaus und beide Bad Godesberger Theater schließen zu wollen, da müssen ja wohl Kräfte am Werk sein, die diesen Kahlschlag wollen. Denn kein anderer Stadtteil ist so betroffen wie unser einst so schönes Bad Godesberg", sagt Walter Ullrich, der als Leiter des Kleinen Theaters selbst um die Zukunft fürchtet. Das Deutsche Museum hat er in seiner Aufzählung noch vergessen.

1946 kam Ullrich nach Bad Godesberg und hat sich sofort in die Stadt verliebt. "Ich bin hier immer wohnen geblieben, auch wenn ich in Hagen, Wuppertal oder Oberhausen engagiert war. Ich habe erlebt, wie Bad Godesberg immer größer und schöner wurde, und jetzt den Niedergang erleben zu müssen, tut schon sehr weh", sagt Ullrich. Er spricht für viele, die meinen, dass Bad Godesberg totgespart wird.

Aber kann man einen ganzen Stadtbezirk wirklich totsparen?

"Die Grenze wäre erreicht, wenn eine Stadt nicht mehr lebenswert ist", sagt Markus Berkenkopf, Referent für Haushalts- und Finanzpolitik beim Bund der Steuerzahler NRW. Beispiel Bäder: "Ein Schwimmbad, wo man schwimmen lernen kann, gehört dazu. Spaßbäder sind Luxus", erklärt der Haushaltsexperte.

Interkommunale Zusammenarbeit könne ebenfalls Spareffekte bringen, zum Beispiel wenn man ein neues Bad an Gemeindegrenzen setze oder einen Bäderbus fahren lasse, wie Raesfeld im Kreis Borken. Für die südlichen Godesberger Ortsteile wäre das Hallenbad in Wachtberg-Berkum eine vergleichbare Alternative.

"Es darf keine Tabus geben"

Der Bund der Steuerzahler hat nicht nur die Broschüre "Sparen in der Kommune" herausgegeben, er arbeitet auch an konkreten Sparlisten von Gemeinden mit, wenn er dazu eingeladen wird. "Es darf keine Tabus geben, wenn Haushalte so schlecht dastehen", sagt Berkenkopf.

Beim Blick in den aktuellen Bonner Doppelhaushalt macht er massiven "Substanzverzehr" aus. "Es ist jetzt dringend anzusetzen, um strukturell zu sparen", so der Experte.

Dabei müsse auch über Standards geredet werden, zum Beispiel, wie oft eine Grünfläche gemäht werden muss. Nicht nur die Gesamtverschuldung von 1,7 Milliarden Euro ist erdrückend. Auch die hohen Kassenkredite von 764 Millionen Euro seien "eine tickende Zeitbombe und ein großes Haushaltsrisiko, wenn die Zinsverpflichtungen steigen", so Berkenkopf. Steuererhöhungen seien keine Lösung, um Haushalte zu sanieren.

"Sparen bedeutet Verzicht"

Im Gegenteil: Der Bund der Steuerzahler fordert eine Obergrenze für die Grundsteuer B, damit die Kommunen den Bürgern hier nicht ungebremst in die Tasche greifen können und sich so das Wohnen trotz Mietpreisbremse verteuert. "Es hat nachweislich noch nie einen Haushalt gerettet, wenn die Steuern erhöht wurden. Helfen kann nur ein klarer Sparkurs. Und Sparen bedeutet Verzicht", so Berkenkopf.

Längst haben in Bad Godesberg Privatleute und Unternehmen Verantwortung übernommen. Kaum eine Woche vergeht, in der nicht vier- bis fünfstellige Summen als Spenden für Gesundheitsprogramme an Schulen, Leseförderung oder soziale Projekte übergeben werden.

Für Leben im Stadtbezirk - egal ob Brauchtum oder Sport - sorgen rege Vereine. Auffällig ist auch die große Resonanz auf privat organisierte kulturelle Angebote wie die "Nacht der Galerien", das Literaturfestival "Godesberg liest!" mit seinen ungewöhnlichen Veranstaltungsorten, die Reihe "Literatur in den Häusern der Stadt", die überdurchschnittlich viele Schauplätze in Bad Godesberg hat, oder der Tag des offenen Denkmals, um nur eine Auswahl zu nennen.

Erwartungen liegen auf Ashok Sridharan

Auch für die beiden Freibäder gibt es Bürgerinitiativen, die Geld heranschaffen, um "Rüngsi" und "Friesi" zu erhalten und attraktiver zu machen. Ein toter Stadtbezirk sieht anders aus.

Alle Erwartungen liegen zurzeit auf dem neu gewählten Oberbürgermeister Ashok Sridharan, unter anderem wegen seiner Aussagen zu den Kammerspielen.

"Nachdem sich das Pantheon für das Theatergelände in Beuel ausgesprochen hat, reduziert sich die Zahl der Spielstätten in Bonn um diesen Standort. Deshalb sollten wir anstreben, die Kammerspiele in Bad Godesberg zu erhalten, wenn das wirtschaftlich darstellbar ist", bestätigte Sridharan dem GA.

Das Kurfürstenbad könne aus seiner Sicht erst dann geschlossen werden, wenn es für die Godesberger eine gut erreichbare Alternative im linksrheinischen Stadtgebiet gebe. "Was die Freibäder angeht, bedarf es da noch einiger Abwägungen, die aber auf jeden Fall das Engagement der Ehrenamtler einbeziehen müssen; deren Mitwirkung sollte unbedingt gestärkt werden", so der neue OB, der am 22. Oktober vereidigt wird.

Er kündigte an: "Ich werde mir genau ansehen, wie sich die Sparvorschläge der Verwaltung auf den Stadtbezirk auswirken könnten. Wichtig ist mir, dass wir die Godesberger Innenstadt insbesondere zwischen Theaterplatz und Fronhof-Galeria wieder beleben. Darauf will ich ein besonderes Augenmerk richten und gemeinsam mit den Godesbergerinnen und Godesbergern nach Lösungen suchen, den Stadtbezirk und sein Zentrum zu stärken."

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