Literatur in Bad Godesberg Stadtschreiber Thomas de Padova verabschiedet sich

Bad Godesberg · Drei Monate hat Thomas de Padova als Stadtschreiber in Godesberg gelebt und gearbeitet. Nun verabschiedet er sich.

 Thomas de Padova kommt oft an den Rhein, um über die Figuren seiner Werke nachzudenken.

Thomas de Padova kommt oft an den Rhein, um über die Figuren seiner Werke nachzudenken.

Foto: Ebba Hagenberg-Miliu

An der Bastei schaut Thomas de Padova über den Rhein zum Siebengebirge hinüber. Kalt und nass bläst dem 54-Jährigen der Novemberwind ins Gesicht. „Egal, ich bin jeden Tag hier und laufe Richtung Süden oder setze mit der Fähre auf die andere Seite über“, berichtet der Schriftsteller, der seit September für drei Monate als Bonner Stadtschreiber im Villenviertel wohnt und arbeitet. Wie berichtet, vergibt nicht die Stadt, sondern der Verein Lese-Kultur Godesberg und mit ihm die Parkbuchhandlung im zweiten Jahr dieses vom Ferdinande-Boxberger-Preis gesponserte Literaturstipendium.

„Ich liebe das immer gleichbleibende Fließen des Rheins. Es gibt mir Ruhe, mich dem zuzuwenden, was ich gerade schreibe“, erläutert de Padova. Das Stadtschreiber-Amt hat er für sein autobiografisches Buch „Nonna“ über die archaische Welt seiner italienischen Großmutter erhalten. Und dafür, dass er auch mit seinen anderen Werken auf brillante Weise die Grenze zwischen Sachbuch, Biografie und Literatur überschreitet.

Ein „rheinischer Junge“, der in Bonn Physik studiert habe

Letztlich kommuniziere er hier am Fluss weniger mit den Menschen als mit den Protagonisten seines nächsten Buchs, erzählt de Padova. „Wenn Sie so wollen, bin ich hier im alten Nürnberg und spüre Albrecht Dürer nach, wie er vor 500 Jahren wie kein anderer Renaissance-Künstler das damals neue Medium des Buchdrucks einsetzt.“ Und dann erzählt er mit Leidenschaft von seinem zwischen Kunst und Mathematik angesiedelten Projekt, das auch den großen Leonardo da Vinci mit hineinholen wird. „Letztlich hat die damals neue Vervielfältigungstechnik die Kunst erst unters Volk gebracht. Das war ein großer Schritt zur Demokratisierung“, beschreibt de Padova. Und ist zugleich auch wieder im Hier und Jetzt. Gerade habe er sich in der Bundeskunsthalle die exzellente Robert-Kippenberger-Ausstellung angeschaut. Die beleuchte wie einst sein Protagonist Dürer ironisch spielerisch den heute ebenso folgenreichen Umgang mit den Neuen Medien. „Ich profitiere also als Stadtschreiber immens von Bonn“, betont de Padova.

Er sei, geboren im rheinland-pfälzischen Leutesdorf, ein „rheinischer Junge“, der in Bonn Physik studiert habe. Heute lebt er in Berlin. Seine Bonner Stadtschreiberzeit sei also in gewisser Hinsicht eine Heimkehr. Die Gebäude von damals seien noch da, aber an persönliche Verbindungen könne er leider nicht mehr anknüpfen. Die wunderbare Ausstellung mit Zeitzeugen-Kommentaren im Haus der Geschichte habe er neu kennengelernt und die kulturhistorisch wertvollen Gründerzeithäuser im Villenviertel und in der Südstadt gerne studiert. „Die Fassaden laden regelrecht ein, mit den Augen befühlt zu werden“, schwärmt de Padova. Im nüchternen Berlin seien ähnliche Häuser rigoros „entstuckt“ worden, fügt er hinzu. Mit Schülern des Amos-Comenius-Gymnasiums habe er angeregt über sein Buch „Leibniz, Newton und die Erfindung der Zeit“ diskutiert. In seinem hiesigen „Kulturzentrum“, der Parkbuchhandlung, habe er ebenfalls herrliche Veranstaltungen erlebt. „Die Bonner wissen gar nicht, was für ein Kleinod sie mit dieser Bücherei und ihrem Kulturverein haben“, sagt de Padova.

„Fürs Schreiben ist hier genau der richtige Ort“

Er möge die kommunikative rheinische Lebensart, die der mediterranen sehr ähnlich sei, etwa diese Vermischung von Heiligem und Profanem, fügt er augenzwinkernd hinzu. Sein Vater ist Italiener, seine Mutter Deutsche, die er im nahen Rheinland-Pfalz von hier aus gerne besucht. Seine Arbeitsweise sei auch mediterran, sagt er lachend. „Ich schreibe am liebsten morgens nach einem Tee und abends bis spät. Und zur Siesta steige ich auf den Drachenfels.“ Dankbar sei er für dieses riesige Geschenk des Literaturstipendiums, das ihm Freiraum für sein Schaffen gebe. Er blickt über den rauschenden Rhein, den gerade die Fähre kreuzt. „Fürs Schreiben ist hier genau der richtige Ort.“

Diskussion am Montag, 25. November, 19.30 Uhr, Redoute, Kurfürstenallee 1: Die beiden Bonner Stadtschreiber Thomas de Padova (2019) und Julia von Lucadou (2018) diskutieren über das Schreiben. Es spielt das Vogler-Quartett (Tim Vogler, Frank Reinecke, Stefan Fehlandt und Stephan Forck) das Streichquartett Nr. 8, op. 110, c-moll von Dimitri Schostakowitsch und das 3. Streichquartett, op. 41/3, A-Dur, von Robert Schumann. Karten unter 0228/352191 oder E-Mail: info@parkbuchhandlung.de.

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