Naturschutz in Wachtberg Streit um gefällte Pappeln am Gut Holzem

Wachtberg-Berkum/Arzdorf · Die Bäume in Wachtberg wurden vor der Fällung kontrolliert. Dennoch wird nun Kritik an der Aktion laut. Fachleute empfehlen, Tiere während der Aufforstung durch Nistkästen zu unterstützen

 Ungehindert durchschauen kann man bei vielen der mächtigen, am Gut Haus Holzem gefällten Stämme.

Ungehindert durchschauen kann man bei vielen der mächtigen, am Gut Haus Holzem gefällten Stämme.

Foto: Petra Reuter

Verständnis habe die Gruppierung „Parents for Future Wachtberg“ für die Fällung morscher, den Verkehr möglicherweise gefährdende Pappeln zwar, so lässt die Gruppe verlauten. Die für den Radwegbau vorbereitenden Fällungen zwischen Arzdorf und Berkum bezeichneten sie jedoch als Kahlschlag, mit dem man Höhenbrütern alle Brutchancen genommen habe. Und auch der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) nennt die Fällungen „rigoros und überzogen“: Sie entspreche nicht der Vorgehensweise, die mit dem Naturschutzbeirat beim Ortstermin Ende November abgestimmt gewesen sei. Differenzierter beurteilen der zweite Vorsitzende des NABU Bonn, Peter Meyer und Diplom-Biologin Monika Hachtel die Situation.

Natürlich sei die Fällung solch alter Bäume für die Höhlenbrüter ein Verlust, so Meyer. Auch könnten Pappeln bei ausreichender Wasserversorgung wie beispielsweise direkt am Rhein sehr alt werden und wären dort als Habitat für die Tiere gut geeignet. Die Eigenschaft der Bäume, nach 20 bis 30 Jahren brüchig zu werden, sei jedoch ebenfalls bekannt. Die Wahrscheinlichkeit eines akuten Schadens für Höhlenbrüter durch die jüngsten Fällarbeiten hielt Meyer für gering, weil noch keine Brutzeit sei. Wenn die Nachpflanzung in rund 30 Jahren für Höhlenbrüter wertvoll werden soll, eigneten sich laut dem stellvertretenden Vorsitzenden hochstämmige heimische und widerstandfähige Gehölze.

Als ausgesprochener Brutschwerpunkt für Höhlenbrüter war dem Fachmann das Gebiet um den Reiterhof Gut Haus Holzem nicht bekannt. Im Ländchen fänden Höhlenbrüter in den Bäumen der an den Dorfrändern verbreiteten Restflächen alter Obstwiesen gute Brutplätze. In der kalten Jahreszeit hielten sich die Vögel hingegen vorzugsweise an warmen Orten und in der Nähe möglicher Futterquellen auf.

Die Diplom-Biologin Monika Hachtel bestätigte die Einschätzung Meyers. Bei Gefahr durch umstürzende Bäume müsse man manchmal Kompromisse machen, fand Hachtel. Eine Hilfe für Höhlenbrüter in dem Areal könne es trotz der nun fehlenden alten Pappeln auch in den nächsten Jahren geben. Beispielsweise bieten der NABU und spezialisierte Unternehmen im Internet spezielle Brutkästen unter anderem für Dohlen, Stare und Waldkäuze an. „Solche Kästen wurden in den letzten Jahren so konsequent weiterentwickelt, dass sie mittlerweile gut von den Vögeln angenommen werden“, sagte Hachtel. Auch mögliche Fledermauspopulationen könnten so unterstützt werden.

Das die Fällungen ausführende Forstunternehmen bestätigte während der Arbeiten die Kontrolle möglicher Nistplätze seltener Arten per Drohne und Hubsteiger. Überwinternde Bewohner seien nicht gefunden worden.

Den BUND überzeugt das offenbar nicht: Die „erkennbare Anzahl hohler Pappeln und die vor Ort nachgewiesenen Fledermäuse machen deutlich, dass hier der Artenschutz nicht ausreichend beachtet worden ist“, schrieb die Kreisgruppe in einer am Freitag verbreiteten Pressemitteilung. 

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