So gesehen Süßigkeiten per „Haribo-Lieferservice“ für Kinder
Bad Godesberg · Um sich nächtliches Anstehen zu sparen, hat die Mutter unserer Autorin den „Haribo-Lieferservice“ erfunden. Das Prinzip funktioniert noch heute, meint GA-Redakteurin Ayla Jacob.
Der Herbst ist da, die Sonne scheint – und die Kastanien fallen. Da gibt es wohl kaum ein Kind, das beim Anblick der Baumfrüchte nicht an den Goldbären denkt. Denn Oktoberzeit ist Haribo-Zeit. Auch wenn die Tauschaktion mittlerweile auf der Grafschaft und damit außerhalb der NRW-Herbstferien stattfindet, träumt wohl so mancher Sammler von Kastanienwaagen und Süßigkeiten-Bergen, die vom Hof an der Friesdorfer Straße gekarrt wurden. Manch einer nimmt Fahrt und Zeit auch weiterhin auf sich, um in den Tauschgenuss zu kommen.
In meiner Kindheit war das aber alles nicht nötig. Ich war privilegiert. Denn bei uns zu Hause – und nur da – gab es den Haribo-Lieferservice. Zumindest war ich lange Zeit der Überzeugung, dass er existiert.
Aber von vorne: Meine Freunde und ich gingen, sobald die erste Kastanie fiel, mit Tüten bewaffnet hinaus und sammelten alles auf, was uns tauschfähig erschien. Kiloweise wurden sie mühsam nach Hause geschleppt und brav bei meiner Mutter abgegeben. Die brachte sie zu Haribo, dort wurden meine Schätze begutachtet und gewogen. Ein Haribo-Mitarbeiter verpackte dann die Süßigkeiten, brachte sie zur Post. Und kurze Zeit später, kurz nach Ende der Aktion, lag das an mich adressierte Paket vor unserer Tür.
Das zumindest war die offizielle Lesart meiner Eltern. Und jahrelang war daran auch nicht zu rütteln. Es blieb lediglich die Frage, warum nicht jeder den Lieferservice in Anspruch nahm. Dann aber stellte sich heraus, dass alles ganz anders war. Meine Mutter hatte keine Lust, sich stundenlang an der Friesdorfer Straße anzustellen. Den Spaß aber wollte sie mir nicht verderben. Also wurde sie kreativ. Meine gesammelten Kastanien wurden kurzerhand – ohne dass ich es merkte – einem anderen Kind geschenkt. Das Paket gab sie selber bei der Post auf. Und alle waren glücklich.
Übrigens: Der Trick funktioniert noch heute. Für unsere Kinder spielen Ort und Zeit der Tauschaktion keine Rolle. Der Haribo-Lieferservice ist nämlich nach wie vor in Bad Godesberg aktiv. Zumindest ist das die offizielle Lesart.